Bedrohung durch Astrophagen
Was
passiert, wenn man ohne Erinnerungen an seine Mission auf einem Raumschiff
aufwacht und nach und nach herausfindet, dass sogenannte Astrophagen das Leben
auf der Erde bedrohen, weil sie das Sonnenlicht verzehren, so dass die Erde
immer weniger davon erhält? Und was wäre, wenn die Menschheit nicht die einzige
Spezies ist, die das Problem der Astrophagen lösen will? Klingt abgedreht? Ist
es tatsächlich auch, aber um diese Fragen geht es in dem Roman „Der Astronaut“
von Andy Weir, der vor allem durch sein Werk „Der Marsianer“ bekannt geworden
ist.
Das
Ganze wird mit einer großen Portion Selbstironie und Humor aus der
Ich-Perspektive von Ryland Grace, einem Naturwissenschafts-Ass im Stil eines
MacGyver, erzählt und die Handlung strotzt nur so vor kreativen Ideen,
technischen Details und theoretischen Hintergründen zur Raumfahrt. Neben der
gegenwärtigen Zeitebene werden auch immer wieder Rückblenden in Form von
Erinnerungsfetzen eingebaut. Die Charakterzeichnung der Hauptfigur ist
gelungen, wir bleiben als Leser die ganze Zeit dicht an Grace und erleben
unmittelbar dessen Gefühle und Gedanken. Toll ist auch die Schilderung der
naturwissenschaftlichen Kenntnisse der Figur, die sie auch stets praktisch
anwendet, um immer wieder neu auftretende Probleme auf der Mission zu lösen. Hier
demonstriert der Autor eine gute Recherchearbeit und offenbar sein Talent,
komplizierte Sachverhalte nachvollziehbar auszudrücken.
[AB
HIER SPOILERWARNUNG] Begeistert hat mich aber natürlich das Aufeinandertreffen
von Ryland Grace mit einem Vertreter einer außerirdischen Spezies, der seine
eigene Heimatwelt ebenfalls retten will, und der von Grace „Rocky“ genannt
wird. Sowohl die Darstellung der Herstellung des Erstkontakts als auch die
Schilderung der Schaffung einer gemeinsamen Kommunikationsbasis hat mich
überzeugt. Beide Figuren nähern sich im Laufe der Handlung immer mehr einander
an, wachsen zu einem Team zusammen, arbeiten gemeinsam an der Lösung des
Problems und entwickeln dabei einen von gegenseitiger Toleranz geprägten Umgang
(bei mir kam es zu Assoziationen mit dem Film „Enemy Mine“). Was mir ebenfalls
zugesagt hat, war die Beschreibung der Alientechnologie und der außerirdischen
Lebensform in ihren Eigenheiten. Der Autor beweist erneut viel Kreativität,
wenn es darum geht, Andersartigkeit auszuschmücken und zu gestalten. Besonders
die Vergleiche zwischen den beiden Spezies und ihrer unterschiedlichen
evolutionären Entwicklung fand ich lesenswert.
Für fünf Sterne reicht es allerdings trotzdem nicht, denn dieses Buch hat in meinen Augen zwei Schwachstellen: 1. Vieles läuft für mich zu reibungslos, so dass die Handlung stellenweise doch etwas unrealistisch erscheint. 2. Das Spannungsniveau ist nur mittelmäßig, teilweise sind die Darstellungen einfach zu detailverliebt und die eine oder andere Länge hat das Buch dann doch. Auch das Ende war anders als erwartet, irgendwie ungewöhnlich, wenn auch versöhnlich.
Fazit:
Ein Science-Fiction-Roman mit einer sehr gut gestalteten Hauptfigur, mit vielen kreativen Ideen und interessanten technischen und theoretischen Hintergründen, die stellenweise aber auch sehr detailverliebt daherkommen, so dass das Buch auch die eine oder andere Länge hat. Dennoch sehr lesenswert!
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