Bronsky auf erzählerischen Abwegen
Eines
vorweg: Ich mag Bronsky-Bücher sehr, aber dieses gehört leider nicht dazu.
Nachdem ich „Scherbenpark“, „Baba Dunja“ und „Das Geschenk“ gelesen hatte, nahm
ich mir „Der Zopf meiner Großmutter“ vor. Im Zentrum steht dabei eine Familie
aus (vermeintlichen) Kontingentflüchtlingen, bestehend aus Margarita Iwanowna,
Kurzform Margo, ihrem Mann Tschingis und ihrem verwaisten Enkel Maxim, den sie
großziehen. Dabei wird Margo als tyrannische und rassistische Großmutter mit
Münchhausen-Stellvertreter-Symptom überzeichnet, die ihren Enkel regelrecht
quält. Der Ton bleibt durchweg humorvoll trotz der Ernsthaftigkeit des Themas:
typisch schwarzer Humor, typisch Bronsky eben. Das muss man mögen. Die Autorin
schafft es, die schlechten Charaktereigenschaften der Oma deutlich hervortreten
zu lassen, ohne dabei jedoch allzu ernst zu werden. Stattdessen ist der Stil
humorvoll, satirisch-bissig, mit Augenzwinkern, man findet wieder einmal viele
lustige Vergleiche und Sprachschöpfungen. Das erzählerische Talent von Bronsky
tritt erneut zu Tage, ihre eigenwillige Sprache wird wieder deutlich. In
anderen Büchern von ihr mochte ich das sehr, doch dieses Mal trägt sie mir zu
dick auf. Es ist ein Balanceakt, den Erzählton so hinzubekommen, ohne dass er
zu sehr in Richtung Übertreibung und Klamauk abdriftet. Hier ist der Autorin das
nicht gelungen, ganz anders als in anderen Büchern von ihr. Anders als im
Klappentext beschrieben, empfand ich die Oma auch nicht als hart-herzlich,
sondern lediglich als hart. Wo bitte ist denn ihr weicher Kern? Auch ist der
Inhalt der Geschichte insgesamt obskur, es wird mir auch mit zu vielen
Klischees gearbeitet. Auch wenn am Ende des Buches etwas klarer wird, warum die
Oma so ist, wie sie ist, empfand ich dennoch kein Mitleid mit ihr. Was mich
auch gestört hat, war, dass die Handlung recht ereignislos gestaltet wurde. Es
passiert einfach zu wenig und es bewegt einen als Leser zudem zu wenig. Nicht
nur, dass die geschilderte Liebesgeschichte zwischen Nina und Tschingis völlig
ohne Emotion daherkommt, ich finde es auch problematisch, dass man als Leser
die ganze Zeit die kindliche Perspektive von Maxim einnimmt. An vielen Stellen
habe ich diesen Erzählstandort wie einen Filter empfunden, durch den nicht
alles durchdringt. Das mag zwar handwerklich gut gemacht sein, aber es lässt
die Handlung nicht immer nachvollziehbar werden (z.B. auf S. 180). Auch das
Ende wird mir viel zu verworren erzählt. Ich rate jeden Bronsky-Fan lieber auf
ein anderes Buch von ihr zurückzugreifen. Dieses Werk kann nicht überzeugen.
Fazit:
Eine obskure Geschichte mit vielen Klischees, in der der Inhalt nach meinem Gefühl zu sehr in Richtung Klamauk abdriftet und in der die Figuren zu sehr überzeichnet sind. Das Ende ist verworren. Keine Leseempfehlung!
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