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Donnerstag, 7. April 2022

Bronsky, Alina - Nenn mich einfach Superheld


3 von 5 Sternen


Kann nicht mit „Scherbenpark“ oder „Baba Dunjas letzte Liebe“ mithalten

In ihrem Roman „Nenn mich einfach Superheld“ erzählt Alina Bronsky von Marek, der – entstellt nach einer Kampfhundattacke – an einer Selbsthilfegruppe für Jugendliche mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen teilnimmt. Diese Gruppe besteht aus insgesamt sechs Mitgliedern und einem Therapeuten, der von Marek nur „der Guru“ genannt wird. Neben dem selbstironischen Marek, der stets eine Sonnenbrille trägt und von den meisten Leuten auf der Straße geschnitten wird, gibt es noch den blinden Marlon, Janne im Rollstuhl, Richard mit Beinprothese, Friedrich mit der Autoimmunerkrankung und den psychisch-kranken, homosexuellen Kevin, der sich selbst als „Psycho-Tunte“ bezeichnet. Von den sechs Protagonisten bleiben Richard, Friedrich und Kevin jedoch recht blass. Im Zentrum steht in erster Linie Marek, der sich in Janne verliebt, und mit Marlon um ihre Zuneigung konkurriert.

Die Patienten gehen in der Selbsthilfegruppe sehr direkt und teils wenig empathisch miteinander um, sie schikanieren sich gegenseitig und bezeichnen sich selbst als „die Behinderten“. Der Therapeut plant mit ihnen dann ein Filmprojekt, sie fahren gemeinsam auf eine Ferienfreizeit, wo es wegen Janne zu einem handfesten Streit zwischen Marlon und Marek kommt. Mitten in der Freizeit kommt es dann aber zu einer Zäsur und ein neuer Handlungsstrang entwickelt sich: Mareks Vater, der von ihm und seiner Mutter Claudia getrennt lebt, ist gestorben und Marek fährt zu dessen Beerdigung. Dabei zeigen sich dann erstmals bei Marek, der sonst vorschnell negativ über andere Leute urteilt, Gefühle positiver Natur: Er mag seinen kleinen Halbbruder Ferdinand und will ihn trösten.

In dem Roman zeigt sich wieder einmal der typische Bronsky-Sprachstil, d.h. trotz des ernsten Themas erzählt die Autorin die Geschichte mit bissigem schwarzen Humor und einer Menge Ironie. Das muss man mögen. Und ich fand, dass Bronsky es deutlich besser hinbekommen hat als in ihrem Roman „Der Zopf meiner Großmutter“, in dem sie zu sehr in Richtung Klamauk abgedriftet ist. Doch an die Romane „Scherbenpark“ oder „Baba Dunjas letzte Liebe“ reicht es auch wieder nicht heran, dafür sind mir die Charaktere nicht überzeugend genug gestaltet worden. Sie wurden mir einfach nicht sympathisch, so dass ich eine große Distanz zu ihnen empfunden habe. Vor allem fehlt mir das warmherzige, die Figuren sind mir allesamt zu negativ geraten, Marek betrachtet seine Umwelt meist böse und ablehnend, er verhält sich seinen Mitmenschen gegenüber sehr gleichgültig, was natürlich auch daran liegt, dass man ihm aufgrund seines äußeren Erscheinungsbilds mit viel Ablehnung begegnet. Das kann ich ja sogar noch nachvollziehen. Aber auch Marlon ist mir zu undurchschaubar. Und Janne finde ich herzlos. Sie spielt mit der Eifersucht der beiden Jungen, die um sie buhlen. Und dann wird angebahnte Liebesgeschichte durch einen anderen Erzählstrang einfach unterbrochen, ebenso wie die Geschichte um die Ferienfreizeit und das Videoprojekt. Diese Zäsur empfand ich als unpassend, stattdessen hätte sich die Autorin weiter der Selbsthilfegruppe widmen können und z.B. ein Zusammenwachsen der Gruppe gestalten können. Auch die Darstellung des Miteinanders in der Gruppe fand ich zu einseitig.

Fazit

Ein Roman zu einem ernsten Thema mit schwarzem Humor erzählt, deutlich besser als „Der Zopf meiner Großmutter“, aber längst nicht so gut wie „Scherbenpark“ oder „Baba Dunjas letzte Liebe“.

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