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Freitag, 8. April 2022

Schreiber, Chantal - Kurt Bd. 2. Einhorn kommt selten allein


4 von 5 Sternen


Bricht mit gängigen Klischees

Das Kinderbuch „Kurt – Einhorn kommt selten allein“ von Chantal Schreiber bricht mit gängigen Klischees. Kurt wäre am liebsten weder Einhorn noch Held, und die Prinzessin trägt statt typischem Kleid lieber Reithosen, derbe Stiefel und ein weißes Hemd mit Himbeer- und Brombeerflecken. Unterstützt werden diese Charakterzeichnungen durch putzige, liebevoll gestaltete Bilder, auf denen Kurt auch mal missmutig schaut und die Prinzessin eher wie ein „Cowgirl“ ausschaut. Das ist schon lustig gemacht. Begleitet und unterstützt werden Kurt und die Prinzessin noch von Trill, einem vorlauten Vogel mit Halsweh, sowie von Ninja-Goldfischen. Klingt abgedreht? Ist es auch, aber meinen Töchtern hat es gefallen, sie haben der Geschichte andächtig gelauscht und vor allem waren sie auch immer wieder auf die textunterstützenden, farbigen Bilder neugierig, die man auf fast jeder zweiten Seite findet (35 Bilder auf 108 Seiten) und die wirklich sehr amüsant und allerliebst gestaltet worden sind. Lediglich die ersten beiden Kapitel fanden wir etwas schwierig, um in die Geschichte hineinzukommen, was aber wohl daran lag, dass wir direkt mit dem zweiten Band gestartet sind, ohne den ersten zu kennen.

Was mir beim Lesen als positiv aber evtl. auch als herausfordernd aufgefallen ist, sind der durchaus anspruchsvolle Wortschatz und die langen Satzkonstruktionen, die teilweise verwendet werden, man findet auch Partizipialkonstruktionen und Nominalisierungen (ein Beispiel: „Kurt senkt seine Nase in das schnell fließende Wasser des Baches und genießt das sanft ansteigende Vibrieren, das sich von seinen benetzten Nüstern über seinen ganzen Körper ausbreitet und ihm für ein paar Augenblicke das Gefühl gibt, selbst aus Wasser zu bestehen“). Auch der verbale Wortschatz hat es in sich (z.B. „sausen“, „quieken“, „seufzen“, „grunzen“, „schnaufen“, „kraulen“, „kribbeln“, „knurren“, „ignorieren, „einhergehen“, „schimmern“, „blubbern“, „glucksen“, „sich aufplustern“,  „besprenkeln“, „schaudern“ etc.) Auch manche Witze oder Sprachneuschöpfungen sind nicht leicht für Kinder verständlich („Null Punkte auf der Prinzessinnen-Skala, volle Punktzahl auf Kurts persönlicher Skala“, „Du-willst-mich-doch-veräppeln-Blick“). Dies kann evtl. für jüngere Kinder eine zu große Hürde beim Zuhören sein und vielleicht sogar eine Überforderung darstellen. Es ist aber gleichzeitig natürlich auch ein hervorragender „Input“, um das Sprachrepertoire von Schulkindern zu erweitern. Letztlich muss diese Einschätzung bezüglich der Geeignetheit von den vorlesenden Eltern selbst getroffen werden. Meine beiden Kinder (fast 5 und fast 7) haben trotz der anspruchsvollen Sprachgestaltung geduldig und eifrig zugehört.

Fazit

Ein Kinderbuch, das mit gängigen Klischees bricht, eine schöne Abenteuergeschichte bietet, liebevoll gestaltete Bilder bereithält, das aber auch eine anspruchsvolle Sprachgestaltung aufweist. Auch sollte man besser schon den ersten Band gelesen haben. Eingeschränkte Leseempfehlung!

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