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Dienstag, 1. Juli 2025

Reeves, Royston - Ich wars nicht



Eine falsche Entscheidung…




Der Einstieg in diesen Thriller erfolgt unmittelbar, d.h. man ist schnell drin im Geschehen. Und das Setting hat auf mich eine große Sogwirkung entfaltet, und zwar von Anfang bis Ende. Solche Bücher finde ich nicht oft, bei denen ich so sehr an den Seiten klebe. Doch worum geht es?


Der Ich-Erzähler Will trifft sich mit seinen Arbeitskollegen auf ein Bier in einer Kneipe. Er ist ein normaler Durchschnittstyp und niemand, der bisher durch schräge Ansichten oder negative Verhaltensweisen auffällig geworden ist (wie er uns selbst versichert). Auf dem Weg zurück nach Hause kommt ihn in einer dunklen Gasse ein Betrunkener entgegen, der ihn anrempelt und beleidigt. Will lässt sich dadurch so sehr provozieren, dass er ihm einen Schlag verpasst. Der Schaden, den er damit verursacht, ist verheerend. Der Fremde geht zu Boden und trägt eine schwere Kopfverletzung davon. Und statt Hilfe zu holen, entfernt sich Will vom Tatort und beseitigt mögliche Spuren, indem er verdächtige Kleidung entsorgt. Kurzum: Er begeht einen schweren Fehler und trifft eine falsche Entscheidung.


Am nächsten Tag erfährt Will aus den Medien, dass sich in der Nacht ein tödlicher Vorfall ereignet hat. Und ab diesem Zeitpunkt befindet sich der Ich-Erzähler in einem intensiven „Alarmzustand“. Angst macht sich breit. Seine Gedanken beginnen um die Tat zu kreisen und sind nicht mehr im Hier und Jetzt. Er wirkt geistesabwesend. Und interessanterweise macht Will sich keine Vorwürfe, sondern versucht v.a. herauszufinden, was in der Presse zu lesen ist und ob er mit dem Vorfall in Verbindung gebracht werden kann. Er googelt die Fortschritte bei den Ermittlungen und hofft darauf, ungeschoren davonzukommen. Und eines ist klar: Sein Leben wird niemals wieder so sein, wie vor der Tat…


Die Spannung entsteht also durch das „howcatchem-Prinzip“, d.h. man fragt sich bei der Lektüre, ob Will noch zur Besinnung kommt und seine Tat gesteht oder ob er damit Erfolg hat, nicht mit dem Mord in Verbindung gebracht zu werden. Wird ihm die Polizei evtl. auf die Schliche kommen? Oder wird er straflos davonkommen? Das ist das Ausgangssetting. Und ich kann versprechen, dass sich der Fall in ungeahnte Richtungen entwickelt, die man so nicht vorhersieht (zumindest ging es mir so). Das liegt in erster Linie auch daran, dass eine weitere, mysteriöse Figur in das Geschehen eingreift, die sich nicht erwartbar verhält und dadurch die Handlung stark belebt: Ein Zeuge, der die Tat gesehen und aufgezeichnet hat. Er tritt mit Will in Kontakt und agiert undurchschaubar. Es ist nicht klar, ob er Will der Polizei ausliefern will, ob er ihn erpressen will oder ob er nur Spielchen mit ihm spielt. Auf jeden Fall genießt er es, fortan Macht über Will zu haben…


Und als ob das noch nicht reicht, kommt noch ein weiteres Element hinzu, dass den Fall bereichert und vertrackt werden lässt. Es wird ein (vermeintlich) Verdächtiger gefasst, der den Mord begangen haben soll. Wie kann das sein? Der Druck auf Will ist jedenfalls groß und nimmt im weiteren Handlungsverlauf immer mehr zu, was sich auf seinen psychischen Zustand auswirkt. Er ist extrem angespannt…


Die Kapitel sind angenehm kurz, der Schreibstil ist temporeich, pointiert und schnörkellos (so wie ich es mag). Die Innenwelt von Will wird nachvollziehbar geschildert. Wir sind nah dran an seinen Gedanken und Gefühlen. Das Geschehen wird spannend entwickelt (von Anfang bis Ende) und schlägt immer wieder andere Richtungen ein. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und habe es innerhalb kürzester Zeit „durchgesuchtet“. V.a. die Figur des undurchschaubaren Zeugen hat es mir angetan. Ein genialer Charakter, ohne den das Buch (glaube ich) nicht funktioniert hätte. Er genießt, dass er Will in der Hand hat. Der Fall entfaltet sich sehr verzwickt, auch wenn das Ausgangssetting eigentlich simpel wirkt. Klare 5 Sterne!

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