Guter Beginn, am Ende zu unübersichtlich
Beim Zugriff wird der Entführer schwer
verwundet und trägt eine Kopfverletzung davon. Er überlebt mit schweren Hirnschäden
und muss sein Dasein fortan als Locked-In-Patient fristen, der in seinem
eigenen Körper gefangen ist. Gelähmt, aber bei vollem Bewusstsein. Und die Entführungsopfer
bleiben verschollen…
Eingeschoben werden auch Kapitel
aus der Sicht eines Opfers, das sich in einem Verlies befindet und orientierungs-
und gedächtnislos ist. Ihm bleibt nicht viel Zeit und es muss ums Überleben kämpfen.
Es versucht sich aus seiner ausweglosen Situation zu befreien und wächst dabei
über sich hinaus. Die Schilderungen sind eindringlich. Die Zeit läuft und der
physische und psychische Zustand des Gefangenen drohen sich zu verschlechtern.
Doch anfangs erscheint uns das Opfer noch kräftig und willensstark. Doch bleibt
das so?
Eine weitere Perspektive kommt
dem Neurowissenschaftler Prof. Dr. Theo Linde zu, der ein Gerät entwickelt hat,
mit dem sog. Locked-In-Patienten kommunizieren können. Es misst die Hirnströme
und kann Ja- und Nein-Antworten ermitteln. Diese Erfindung soll der Polizei
dabei helfen, mit dem überlebenden Entführer zu kommunizieren, damit dieser Auskunft
über seine Verbrechen geben kann. Doch warum sollte er die an ihn gerichteten
Fragen korrekt beantworten? Welches Interesse sollte der Entführer daran haben,
zu helfen?
Die gewählten Ich-Perspektiven
erzeugen Unmittelbarkeit. Wir sind als Leser nah dran am Geschehen. Die Schreibweise
zeichnet sich durch Kreativität und Ideenreichtum aus. Und der Umstand, dass
ein entführtes Opfer gefangen ist und der Entführer gleichzeitig verhört werden
soll, erzeugt Zeitdruck. Auch das ist gelungen. Die Ermittlungen werden
dynamisch und ereignisreich vorangetrieben. Es wird an vielen Stellschrauben
gedreht, um Spannung zu erzeugen. Es kommt keine Langeweile auf. Prima!
Weiterhin finde ich interessant,
dass der Inhalt des Thrillers einen realen Hintergrund hat. Locked-In-Patienten
gibt es tatsächlich und auch ein Gerät zur Kommunikation mit solchen Patienten
existiert in Wirklichkeit (obwohl es für mich anfangs eher nach Raumschiff
Enterprise klang). Dass es sich nicht um eine reine Fiktion handelt, wertet den
Inhalt in meinen Augen noch einmal zusätzlich auf. Ich mag es, wenn ich noch
etwas dazulernen kann. Und an einer Stelle erhält das Geschehen durchaus auch Tiefgang.
So wird die Frage nach Sterbehilfe thematisiert (allerdings nur knapp).
Allerdings habe ich bei diesem
neuen Thriller auch etwas zu meckern. Mit zunehmendem Handlungsverlauf wird die
Handlung für mich zunehmend unübersichtlich. Die Ereignisse und Wendungen
überschlagen sich. Mir war das zu viel. Es war mir zu hektisch. Ich habe auch
nicht immer verstanden, wie eins zum anderen kommt. Einiges war mir dann auch
mal zu abgedreht, das muss ich ehrlich zugeben. Schade, schade! Die beiden Vorgänger
gefielen mir insgesamt besser.
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