Erstkontakt
Bei einer Messstation für Gravitationswellen ereignet sich eine ungewöhnliche Signalstörung, die sich die leitende Technikerin Tony nicht erklären kann. Und ein Anruf in einem anderen Observatorium ergibt, dass auch dort das Signal empfangen wurde. Ein Messfehler wird ausgeschlossen. Die Quelle des Signals stammt irgendwo aus der Nähe des Sterns Antares. Die Forscher zerbrechen sich den Kopf darüber, womit sie es zu tun haben. Nach eingehender Analyse der Daten kommen sie zu dem Schluss, dass sich ein Objekt mit fünffacher Lichtgeschwindigkeit der Erde genähert und an ihr vorbeigerast sein muss. Kurz vor der Erde hat es gestoppt, bevor es dann weitergeflogen ist. Und kurze Zeit später stellt man fest, dass ein weiteres Objekt im Anflug auf die Erde ist. Das ist das Ausgangssetting des Romans und natürlich erwartet man nun die Schilderung eines sog. Erstkontakts.
Interessant ist, dass die Fremden kein Interesse an einer Kontaktaufnahme haben. Und das Objekt, das schließlich im Orbit der Erde verharrt, ist nur 5cm groß. Natürlich kommen bei der Lektüre typische Erstkontakt-Fragen in den Sinn: Was wollen die Aliens? Welche Absichten verfolgen sie? Wie sind sie beschaffen? Etc. Und da die Kontaktaufnahme lange hinausgezögert wird, verbleibt der Spannungsbogen über lange Zeit hinweg auf einem hohen Niveau. Man stößt auch auf klassische Elemente, die einen Roman mit einer solchen Thematik auszeichnen (z.B. das vorsichtige Militär, das eine Bedrohung vermutet, und die neugierige Wissenschaft, die an Erkenntnisgewinnen interessiert sind). Und die technologische Überlegenheit der Besucher sorgt auch dafür, dass ein Teil der Menschheit Angst entwickelt und sich unterlegen fühlt.
Das Thema „Erstkontakt“ ist ein klassisches Thema von Science-Fiction-Literatur. Es gibt zahlreiche Romane, die sich inhaltlich damit auseinandersetzen (vgl. hierzu zum Beispiel das Lexikon der deutschen Science-Fiction-Literatur 1988: S. 81 ff.). Ich denke dabei sofort an „Krieg der Welten“ von H.G. Wells aus dem Jahr 1898. Spannung entsteht v.a. dadurch, dass die ganze Zeit Ungewissheit über den Fortgang der Handlung entsteht. Es entsteht eine bedrohliche Atmosphäre. Die bereits genannten Fragen, die bei der Lektüre entstehen, erzeugen Neugier. Man ist gespannt, zu erfahren, ob es zu einem Konflikt oder zu einer Annäherung kommt. Auch will man wissen, wie die Kontaktaufnahme erfolgt und ob die Kommunikation gelingt.
Das Buch zeichnet sich durch eine angenehme Präsenz von „science“ aus. Es ist nicht nur „fiction“. Die den Menschen bekannten Gesetze der Physik werden auf den Prüfstand gestellt. Überlichtgeschwindigkeit, Warpblasen und Gravitationswellen spielen eine Rolle. Später ist es dann die Biologie, der Bedeutung zukommt (der Autor verweist im Nachwort auf ein Buch von Peter Wohlleben, von dem er sich inspirieren lassen hat: „Das geheime Leben der Bäume“). Die Forscher entdecken, dass es bei Bäumen zu Mutationen kommt, die auf ein Eingreifen der Besucher zurückgeführt werden. Wollen die Aliens etwa die irdische Umwelt verändern und den Planeten terraformen? Welche Maßnahmen ergreifen die Forscher, um die Ausbreitung der invasiven Mutation einzudämmen? Hier musste ich wieder an den Roman „Krieg der Welten“ von H.G. Wells denken, wo sich eine rote Pflanze auf der Erde ausbreitet.
Was mir noch positiv aufgefallen ist: Der Schreibstil ist angenehm, das Buch liest sich flüssig. Die Gruppendynamik innerhalb des Forschungsteams wird gut eingefangen, die handelnden Figuren haben ein klar erkennbares Profil. Und immer dann, wenn es droht, zu langatmig zu werden, kriegt das Geschehen gerade noch die Kurve (u.a. durch einen Zeitsprung von 16 Jahren). Lediglich der Inhalt der Privatgespräche der Figuren konnten bei mir nicht immer Begeisterung hervorrufen. Oft stand mir das Liebesleben zu sehr im Vordergrund. Und ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Darstellung der Kommunikation mit den Fremden. Wie das funktioniert, konnte ich mir nicht so richtig vorstellen.
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