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Mittwoch, 1. Mai 2024

Scarlett, Sophie - Totgespritzt


Dem Mörder auf der Spur



Am Ufer eines Sees findet man eine unbekleidete Frau tot auf. Handelt es sich um einen Badeunfall oder ist sie ein Mordopfer? Danach ein Rückblick auf eine namenlose Zweitklässlerin, die gerade ihr Seepferdchen gemacht hat und ihre erste Schwimmerfahrung in einem See unternimmt. In einer Vorausdeutung wird bereits auf die Gefahr des Wassers hingewiesen. Man ahnt bereits Schlimmes. Was wird diesem Mädchen widerfahren? Und wie hängen die Ereignisse zusammen? Das sind die zentralen Fragen, die man sich stellt, wenn man die Lektüre von „Totgespritzt“ von Sopie Scarlett zu lesen beginnt. Und hinzu kommt noch ein weiterer Blickwinkel, der etwas später auftaucht: Ein sechsjähriger Junge erlebt hautnah den erbitterten Rosenkrieg zwischen seinen Eltern mit, die sich trennen. Die Mutter verhält sich ihm gegenüber regelrecht psychotisch. Handelt es sich bei diesem Jungen etwa um den Täter?


Vor unserem inneren Auge werden alle Facetten von Polizeiarbeit ausgebreitet: Die Spurensicherung, die rechtsmedizinische Untersuchung des Leichnams, die Informierung der nächsten Angehörigen über den Todesfall, Zeugenbefragungen und die Vernehmungen von Verdächtigen. Und wir lernen eine charismatische Ermittlerin kennen, die unter Panikattacken leidet: Johanna Baro. Es gibt viele Textstellen, die heftig unter die Haut gehen. Das Geschriebene kann oft emotionale Betroffenheit erzeugen. Das hat mir richtig gut gefallen. Auch der klare Schreibstil der Autorin überzeugt über weite Strecken und kann durchaus fesseln. Darüber hinaus wird den Figuren durch Rückblicke eine psychologische Tiefe verliehen. Das ist geglückt. Der Thriller offenbart viele gute Ansätze: So hat mir auch gefallen, wie Handlungsstränge parallel entwickelt werden und zusammen kulminieren (die Entwicklung des Täters auf der einen Seite, der Fortgang der Ermittlungen auf der anderen Seite). Später ist es dann die zeitgleiche Befragung von Zeugen durch die beiden polizeilichen Ermittler, die mich überzeugt hat. Beide Vernehmungen greifen gut ineinander und sind durch flotte Perspektivwechsel gut aufeinander abgestimmt. Die packendste Stelle war für mich, als wir nah am Täter drin sind und geschildert wird, wie dieser seine Tat plant und ausführt. Diese Passagen habe ich mich hoher innerer Anspannung gelesen. Das innere Erleben der Figuren ist oft nachvollziehbar und anschaulich greifbar. Eine atmosphärisch dichte Beschreibung, die treffend zur Situation passt, wird ebenfalls stellenweise gut deutlich. Der Wechsel zwischen Gegenwarts- und Vergangenheitsebene ist vor allem in der ersten Hälfte des Buchs gut durchdacht. Kurzum: Die Autorin macht in ihrem Debut vieles richtig. 

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