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Samstag, 18. Mai 2024

Olsberg, Karl - Boy in a white room


Ich denke, also bin ich



Ein jugendlicher Ich-Erzähler wacht ohne Erinnerung in einem würfelförmigen, weißen Raum auf. Er weiß nicht, wo er ist oder warum er dort ist. Und er kann keine Verbindung zur Außenwelt herstellen. Nur die Interaktion mit einer KI namens Alice, die aber nur wenige Befehle versteht, ist ihm möglich. Mit Hilfe von Alice kann er das Internet nutzen, auf webcams zugreifen und livestreams verfolgen. Mehr nicht. Was ist nur mit dem Protagonisten los? Wo befindet er sich? Was wird aus ihm? Und was wird er über sich selbst herausfinden? Was hält man vor ihm geheim? Das sind die Fragen, die zu Beginn Neugier erzeugen und die Handlung vorantreiben.

 

Das Setting von „Boy in a white room“ von Karl Olsberg hat mich direkt für sich eingenommen. Es werden jede Menge interessante Themen angeschnitten: KI, Bewusstsein, Menschlichkeit, virtuelle Realität, Intelligenz, Tod, Unsterblichkeit, Freiheit, Selbstbestimmung. Man kann wunderbar über folgende Fragen nachdenken: Würde man selbst so leben wollen wie der Ich-Erzähler? Wie würde man selbst in seiner Situation handeln? Was ist ein lebenswertes Leben? Kann man ohne Erinnerungen und Sinneswahrnehmungen erträglich existieren? Was macht einen Menschen zum Menschen? Etc.

 

Der Text bietet auch passende intertextuelle Anknüpfungspunkte. So wird „Der Herr der Ringe“ als Fantasiewelt ebenso aufgegriffen wie „Alice im Wunderland“. Die Leserinnen und Leser sollten im Idealfall Vorkenntnisse zu diesen Werken haben oder das Interesse, sich näher mit diesen beiden Büchern zu beschäftigen. Auch Descartes Grundsatz „cogito ergo sum“ kann problematisiert werden. Nicht zuletzt zeichnet sich „Boy in a white room“ durch ein hohes Maß an Spannung, einen schönen Wendepunkt sowie ein starkes Finale aus. Der Handlungsverlauf ist überraschend und man kann wunderbar darüber nachdenken, was eigentlich Realität ist. Wie kann man Einbildung bzw. Traum von der Wirklichkeit unterscheiden? Wie lässt sich feststellen, was real ist? Kurzum: In meinen Augen ein tolles, gewinnbringendes Jugendbuch, das zahlreiche Reflexionsanlässe bietet.

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