Leo Asker – eigenwillig, kompromisslos und durchsetzungsstark
Was
ebenfalls gut zum Ausdruck kommt, ist der Umstand, dass im Ermittlungsteam
Spannungen und Rivalitäten zutage treten. Zu den vermissten Personen werden
unterschiedliche Theorien aufgestellt, die verschiedenen Ermittler konkurrieren
miteinander. Kompetenz- und Machtgerangel wird spürbar. Es wird teils
gegeneinander gearbeitet, es kommt zu Reibungsverlusten. Die Arbeitsatmosphäre
hinterlässt einen wenig einladenden Eindruck. Leo Asker wird ungerecht
behandelt, als sie in eine andere Abteilung gelockt werden soll. Das
emotionalisiert. Und all das hat mich bei der Lektüre angesprochen und
gefesselt. Die Charakterzeichnung von Asker sowie die differenziert angelegten
Beziehungsverhältnisse überzeugen.
Was
mich auch angesprochen hat, ist die Tatsache, dass sich das Buch an vielen
Stellen selbst nicht zu ernst nimmt. Es gibt einige amüsante Passagen, die
insbesondere den Wechsel von Asker in die neue Abteilung betreffen. Dort trifft
sie auf einige skurrile Figuren. Und noch etwas, das mir gut gefallen hat: Die
Einbindung des Themas der „urban explorations“ (also das Aufsuchen von leer
stehenden Orten). Die verlassenen Ortschaften weisen in den Augen der Besucher
eine besondere Ästhetik auf. Die Natur erobert sich die von Menschen
erschaffenen Bauwerke allmählich zurück und das übt auf einige Personen einen
besonderen Reiz aus. Interessant!
Noch
etwas: Alle Handlungsstränge werden geschickt vorangetrieben, so dass man an
den Zeilen haften bleibt. Wir erfahren im weiteren Handlungsverlauf beispielsweise
mehr über den Täter und seinen Werdegang. Er wird immer rücksichtsloser und
überschreitet immer mehr Grenzen. Die Figur entwickelt sich also dynamisch. Und
auch in Bezug auf die anderen Figuren im Werk werden Entwicklungen deutlich.
Das ist gelungen. Nicht zuletzt fand ich die Idee, wie der Täter seine Spuren
hinterlässt, kreativ gelöst. Dafür wird das Thema „Modelleisenbahn“ in die
Handlung integriert. Auch das hat mich überzeugt.
Fazit:
Der Thriller ist gelungen. Leo Asker ist eine reizvoll angelegte Figur, die
sicherlich auch weitere Bände tragen kann. Ich könnte mir höchstens vorstellen,
dass sie dem ein- oder anderen Leser etwas zu extravagant angelegt ist. Aber
das ist sicherlich Geschmackssache… Die Beziehungsverhältnisse sind allesamt facettenreich
angelegt, die Charaktere entwickeln sich dynamisch. Perspektivwechsel sorgen
dafür, dass Spannungsbögen immer wieder geschickt unterbrochen werden. Der
Autor greift auf viele kreative Ideen zurück („urban explorations“, „Modelleisenbahn“).
Kurzum: Mir hat das Werk sehr gut gefallen, auch wenn das Tempo noch höher
hätte ausfallen können.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen