Würfelt Gott wirklich nicht?
Im
nächsten Kapitel („Ist Licht Teilchen oder Welle?“, S. 15 ff.) wird deutlich,
dass insbesondere die Beschäftigung mit dem Licht als Untersuchungsobjekt dazu
geführt hat, dass sich die Quantenphysik begründete. Eine der zentralen Fragen
war, ob das Licht aus Wellen oder aus Teilchen besteht. In knapper Form wird
die Kontroverse um diese Fragestellung, was Licht nun ist, nachgezeichnet. Die
Autorin streift dabei Forscher wie Newton, Huygens, Descartes sowie Thomas
Young und geht auf die Weiterentwicklung durch Max Planck und Albert Einstein
ein. Ein schöner, kompakter Abriss der Forschungsgeschichte, der uns hier
geboten wird.
In
einem weiteren Kapitel wird das Atommodell von Niels Bohr skizziert. Er
entwickelte ein Modell, das bis heute Gültigkeit besitzt. Revolutionär an
seiner Idee war, dass er annahm, dass für Elektronen nur ganz bestimmte Bahnen
um den Atomkern herum erlaubt sind. Diese Bahnen werden als Quantenbahnen bezeichnet.
Und Bohr beschrieb deren Eigenschaften und stellte die Hypothese auf, dass
Elektronen von einer Quantenbahn auf eine andere Bahn „springen“ können. Beim
Wechsel von einer äußeren auf eine innere Bahn gibt das Elektron Energie ab.
Wechselt es hingegen in die umgekehrte Richtung, so nimmt es Energie auf. Was
man jedoch nicht vorhersagen konnte, war, zu welchem Zeitpunkt ein Elektron die
Bahn wechselt. Ähnlich verhält es sich auch mit dem radioaktiven Zerfall, bei
dem man nie genau vorhersagen kann, wann ein Atom zerfällt. Daraus ergibt sich,
dass in der Welt der Quantenphysik die Gesetze des Zufalls und der
Wahrscheinlichkeit gelten. Gott würfelt also doch (zumindest nach aktuellem Erkenntnisstand),
wenn man auf die berühmten Worte von Einstein Bezug nehmen will.
Im
nachfolgenden Kapitel („Quantenzahlen bringen Ordnung in die Welt“, S. 30 ff.) wird
die Ausdifferenzierung des Bohrschen Atommodells als Schalenmodell näher
ausgeführt, das bis heute noch gute Dienste leistet. Ein spannendes Kapitel der
Wissenschaftsgeschichte! Anschließend wird ein berühmtes Experiment
vorgestellt, das bereits tausendfach und mit immer neuen Anordnungen
durchgeführt wurde: Das Experiment mit dem Doppelspalt (vgl. S. 39 ff.). Dabei
wird das Verhalten von Objekten verglichen, wenn sie sich durch den Doppelspalt
bewegen. Eine erste Wand weist zwei Löcher auf, dahinter befindet sich eine
zweite Wand mit Detektoren. Von einer Quelle aus, werden verschiedene Objekte
durch die löchrige Wand gesendet, die man im Anschluss beobachten will. In
Bezug auf Elektronen stellte sich so heraus, dass diese sich manchmal wie eine
Welle und manchmal wie ein Teilchen verhalten. Höchst mysteriös!
Danach
wird genauer erläutert, was man eigentlich unter Quantenmechanik zu verstehen
hat. Eine Wissenschaft, in der das Verhalten von Objekten auf atomarer Ebene
beschrieben wird. Es zeigt sich, dass sich auf Quantenebene eine andere Welt
auftut, in der weder die Logik noch die Eindeutigkeit der klassischen Physik
Gültigkeit besitzt. Insbesondere der Erforschung der Elektronen widmete man in
den 1920er Jahren große Aufmerksamkeit. Die Vorstellung des Schalenmodells
wurde weiter modifiziert. Es setzte sich die Vorstellung von sogenannten
stehenden Elektronenwellen durch. Man kann nie mit Sicherheit sagen, wo sich
ein Elektron zu einem bestimmten Augenblick genau befindet. Man kann nur
Wahrscheinlichkeiten berechnen, wo es sich vermutlich momentan aufhält. Kurzum:
Die Quantenmechanik, die v.a. in den 1920er Jahren an der Universität Göttingen
unter Max Born wichtige Impulse erhielt, machte die Welt zu einem unsicheren
Ort. Vorhersagen zum Verhalten von Objekten waren nicht mehr möglich!
In
einem weiteren Kapitel geht es um Heisenberg und seine Unschärferelation, die
er 1927 einführte. Auf atomarer Ebene gelten demnach nicht mehr die Gesetze von
Ursache und Wirkung, sondern die von Zufall und Wahrscheinlichkeit. Die
Unschärferelation drückt aus, dass man die verschiedenen Eigenschaft von
Teilchen nicht gleichzeitig exakt messen kann. Das Weltbild der Physik wurde
durch diese neuen Erkenntnisse schwer erschüttert. Faszinierend! Und die
Quantenmechanik hat seit ihrer Entdeckung praktischen Nutzen bewiesen. Ohne die
Erkenntnisse aus diesem Teilbereich der Physik gäbe es keine Halbleiter, keine
Laser, keine Kernspintomographie und keine Atomuhren (vgl. S. 59).
In
den nächsten Kapiteln stellt die Autorin einige wichtige Experimente vor, die
im Verlauf der Forschung durchgeführt worden sind. So wird z.B. der sogenannte
Tunneleffekt erläutert. Und auch die geheimnisvolle Fernwirkung zwischen zwei
Teilchen wird genauer erklärt. Des Weiteren werden auch jüngere Experimente
erwähnt (die Ionenfalle, das Verfahren der Laserkühlung und der sog. „Ein-Atom-Laser“).
Nicht zuletzt schlägt Röthlein einen Bogen zur Kosmologie und zur Multiversums-Hypothese.
Dabei greift die Autorin auf eine interessante, äußerst anschauliche Analogie
zurück. Schrödingers Katze muss dafür herhalten. Nimmt man mehrere Welten an,
die parallel existieren, so müsse man zwei Katzen annehmen. Eine sei tot, die
andere lebendig. Und erst durch das Öffnen der Kiste hebe ein Beobachter eine
der beiden Katzen in die Wirklichkeit. Eine faszinierende Idee, wenn auch unbeweisbar!
In
einem abschließenden Abschnitt des Buchs wird dargestellt, wie die
Quantenphysik unseren Alltag verändert hat. Zunächst wird dafür die Erfindung
des Lasers in den Blick genommen. Im Buch wird nicht nur seine Funktionsweise
genauer erläutert, es werden auch die verschiedenen Lasertypen vorgestellt
(Rubinlaser, Gaslaser, Farbstofflaser, Halbleiterlaser) sowie ihre
Einsatzgebiete. Eine weitere Entwicklung, die vertieft wird, sind die
Supraleiter. Um Supraleitung zu ermöglichen waren anfangs extrem niedrige
Temperaturen nötig. Im Laufe der weiteren Forschung zeigte sich aber, dass es
auch Materialien gibt, die bei geringeren Temperaturen Supraleitung
ermöglichen. Supraleitende Komponenten kommen v.a. in der Telekommunikation, im
Elektrizitäts- und im Energiebereich zum Einsatz. Des Weiteren werden medizintechnische
Erfindungen wie z.B. der Kernspintomograph und Mikroelektronik und
Datenspeicherung thematisiert. Die dahinterliegenden Mechanismen und
Funktionsweisen (u.a. auch von Halbleitern) werden dabei anschaulich erläutert.
Eine große Zukunft sagt Röthlein den Solarzellen voraus. Auf den letzten Seiten
widmet sich die Autorin dann der Idee von Quantencomputern. Deren Prinzip und
die Grenzen des aktuell Machbaren werden verständlich dargelegt. Gerade in
diesem Bereich bin ich gespannt, welche Erkenntnisfortschritte in Publikationen
jüngeren Datums deutlich werden. Denn eines scheint klar, wird es irgendwann
tatsächlich einmal funktionierende Quantencomputer geben, werden sie unsere
Welt revolutionieren…
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen