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Freitag, 31. Mai 2024

Geschke, Linus - Wenn sie lügt


„Schicksalsort“



Von Linus Geschke habe ich bisher „Das Loft“ und „Die Verborgenen“ gelesen, die mir beide sehr gut gefallen haben. Vor allem „Das Loft“ ist mir in sehr guter Erinnerung geblieben (vgl. dazu eine frühere Rezension). Als Thriller-Autor ist Linus Geschke also bei mir gesetzt. Trotzdem stelle ich mir die Frage: Kann sein neuestes Werk qualitativ mit „Das Loft“ mithalten? Eines gleich vorweg: In meinen Augen, leider nein. Ich will gleich gerne begründen, warum…

Doch zunächst zum Inhalt: Goran kehrt in sein tristes Heimatdort Waldesroda zurück, weil seine alte Freundin Norah von einem Unbekannten Drohbriefe erhält und nun seine Unterstützung benötigt. Wer steckt hinter den Briefen? Was ist ihr Inhalt? Und warum wird Norah bedroht? Und von wem? Was bezweckt der Schreiber mit seinen Briefen? Auf der Autofahrt wird Goran bereits von dunklen Erinnerungen an ein vergangenes Verbrechen geplagt. Vor vielen Jahren wurde in Waldesroda ein junges Liebespärchen brutal ermordet. Stehen die Drohbriefe in Zusammenhang mit dem damaligen Mord, der nie vollständig aufgeklärt wurde? Ist der Täter, den man bislang für tot hielt, vielleicht doch noch lebendig und will sich an Norah rächen? Das sind die die Ausgangsfragen, die man sich stellt, wenn man den Thriller zu lesen beginnt.

 

Im Zentrum der Handlung stehen Norah und Goran sowie die Mitglieder der Clique von damals. Goran ist nach dem Mord damals nach Berlin geflüchtet, weil er es in seinem Heimatdort nicht mehr aushielt. Er hat einen harten Schnitte zu seinen Freunden von damals vollzogen. Norah trägt ihm seine Flucht immer noch nach. Eine Entfremdung zwischen Goran und Norah ist deutlich spürbar. Das Wiedersehen zwischen beiden verläuft zunächst alles andere als harmonisch. Norah begegnet Goran vorwurfsvoll. Werden sich die beiden einander wieder annähern? Ist Norah überhaupt bereit dazu, die Hilfe von Goran anzunehmen? Und ist Goran in der Lage, das Rätsel um die Briefe zu lösen?

 

Es handelt sich bei diesem Werk, wie man es von Linus Geschke kennt, um einen gut konstruierten, mehrperspektivischen Thriller. Neben den sich abwechselnden Perspektiven von Norah und Goran, die nach meinem Empfinden gut aufeinander abgestimmt sind, gibt es Rückblicke in die Jugendzeit der Clique sowie eingeschobenen Täterkapitel, die mit „Er“ überschrieben sind. Darüber hinaus fügt der Autor in unregelmäßigen Abständen zwischen die Kapitel auch immer einmal wieder statistische Angaben über Morddelikte in Deutschland ein. Der Bezug zum Inhalt der jeweiligen Kapitel ist mir dabei aber nicht so ganz klar geworden. Was ich in inhaltlicher Hinsicht etwas dünn fand: Der Autor bringt zu Beginn ein interessantes psychologisches Thema mit ins Spiel (die Borderline-Störung), vernachlässigt diese Thematik dann jedoch wieder. Schade! Das psychologische Element kommt mir dieses Mal leider eindeutig zu kurz. Dafür fand ich wiederum interessant, dass punktuell die Themen „Integration“ und „Interkulturalität“ aufblitzen, allerdings nur in sehr zurückhaltender Form.

 

Was ich loben möchte: Die Charakterzeichnung der einzelnen Charaktere ist gelungen und auch die Beziehungsverhältnisse zwischen den einzelnen Figuren sind durchdacht angelegt worden. Durch die Gegenwarts- und Vergangenheitsebene kann man auch dynamische Entwicklungen bei den einzelnen Cliquenmitgliedern feststellen. Auch das überzeugt. Was mir allerdings fehlte, war ein hohes Maß an Spannung. Der Thriller hatte zwischendurch schon auch immer wieder Längen. Die Spannung baut sich nur langsam auf, hält dann eine gewisse Zeit an und ebbt im Mittelteil des Buchs wieder stark ab, weil es inhaltlich einfach kaum vorangeht. Stattdessen liest man viele (redundante) Gespräche, die zu wenig neue Erkenntnisse zutage fördern. Langatmig! Für mich trat die Handlung stellenweise viel zu sehr auf der Stelle.

 

Wäre ich nicht so sehr an dem Schicksal der Clique interessiert gewesen und hätte Anteil an den Geschehnissen um Goran und Norah genommen, so hätte ich mir ernsthaft überlegt, ob ich noch weiterlesen möchte. Die Spannung wird in erster Linie (von außen) „erzwungen“, sie entsteht nicht aus der Handlung selbst heraus. Es muss immer wieder betont werden, dass es in der Vergangenheit „Geheimnisse“ gibt, die im Verborgenen liegen. Das macht natürlich neugierg und hielt mich auch bei der Stange. Aber ich war nicht gefesselt, es hat mich nicht gepackt. Ich wollte halt einfach nur wissen, was denn jetzt genau damals passiert ist. Das sind durchschnittliche 3 Sterne. Warum nicht weniger? Weil es immerhin noch einige überraschende Wendungen gab, die der Handlung etwas (wenn auch wenig) Schwung verliehen und auch das Ende war sauber auserzählt.

 

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