Talent – Chance oder Bürde?
Parallel
dazu begleiten wir einen Journalisten, der scheinbar etwas zu den Wedebergs
recherchiert. Der Chefredakteur hat ihn auf eine Sache angesetzt, von der wir
als Leser noch nicht genau wissen, worum es geht. Nur eines ist klar, es
scheint sich um eine „heiße Sache“ zu handeln. Und man fragt sich direkt, was
der Reporter vorhat.
Wolfgang
geht in die sechste Klasse eines Gymnasiums. Und aus aktuellem Anlass – es ist
gelungen, die Kopie eines Menschen künstlich herzustellen – wird im Unterricht
über das Thema des Klonens gesprochen. In seiner Freizeit übt Wolfgang Cello
und vertieft sich in Musikaufnahmen. Er ist sehr musikalisch, aber auch überaus
selbstkritisch und schnell frustriert. Er zweifelt an sich selbst und an seinem
Talent. Man wird bei der Lektüre den Eindruck nicht los, dass Wolfgang mehr die
von außen an ihn gerichteten Erwartungen erfüllen will, als die eigenen Wünsche
zu verfolgen. Er konfrontiert seinen Vater auch mit seinen Selbstzweifeln, doch
dieser wiegelt ab. Er hält seinen Sohn für begabt und möchte keine Diskussion
mit ihm darüber führen. Er erträumt sich für ihn eine große Karriere. Der Sohn
soll erreichen, was dem Vater selbst nicht vergönnt war. Basta! Wie wird es mit
Wolfgang weitergehen? Wird er sich den (dominanten) Vorstellungen seines Vaters
beugen oder einen eigenen Weg einschlagen und sich behaupten?
Mit
diesem Jugendbuch lassen sich einige Themen gewinnbringend vertiefen. So ist
der Vater-Sohn-Konflikt sicherlich ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig
Selbstbestimmung ist. Darüber hinaus ist die Frage von „Talent“ ein zentrales
Thema. Was ist Talent, wie kommt es zustande und wie kann man es fördern? Ist
es genetisch bedingt oder spielen auch Umwelteinflüsse eine nicht zu
vernachlässigende Rolle? Und ist es erlaubt, sein Talent zu vergeuden? Deutlich
wird jedenfalls, dass auch die nötige Leidenschaft notwendig ist. Gerade für
Jugendliche, die selbst noch nicht recht wissen, was ihr Talent ist oder was
sie daraus machen wollen, ein reizvolles Thema, wie ich finde.
Ein
weiterer großer Themenbereiche, an den man sehr gut anknüpfen kann , ist das Klonen.
Es wird nicht nur das Verfahren des Klonens genauer vorgestellt (das Schaf Dolly
findet Erwähnung), es werden auch ethisch-moralische Fragen in den Blick
genommen. Welche Konsequenzen hat z.B. ein geklonter Mensch zu befürchten (auch
in juristischer Hinsicht)? Hier gibt das Jugendbuch viel her. Das Thema wird
facettenreich beleuchtet und bietet einige Vertiefungsmöglichkeiten. Auch die erste
große Liebe wird thematisiert. HIer kann man sich fragen, was eine glückliche
Beziehung ausmacht. Wolfgangs erste Freundin unterstützt ihn bei der
Selbstfindung jedenfalls vorbildlich.
Und
noch etwas macht dieses Buch in meinen Augen zu einer lesenswerten Lektüre. Es
liest sich durchweg spannend. Man möchte wissen, was aus Wolfgang wird und was
er über sich herausfindet. Die Figur hat Zugkraft und bietet für jugendliche
Leser sicher einige Identifikationsmöglichkeiten. Und hinzu kommt die
unsympatische Vaterfigur, die emotionale Beteiligung hervorrufen dürfte. Der
Vater verhält sich, wie schon erwähnt, dominant und lässt seinem Sohn kaum
Freiheiten, selbst etwas zu entscheiden. Das bietet jede Menge Reibungspunkte.
Kurzum: Wieder einmal ein tolles Buch aus der Feder von Andreas Eschbach. Auch
als Unterrichtslektüre gut einsetzbar. Man sollte allerdings als Lehrkraft
nicht davor zurückschrecken, aktuelleres Material zum Thema „Klonen“ zu
recherchieren.
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