Dieses Blog durchsuchen

Samstag, 4. Mai 2024

Logan, T. M. - Trust me


Furioses Ausgangssetting, dann Qualitätsverlust



Die ersten 100 Seiten von „Trust me“ aus der Feder von T.M. Logan gehören mit zum Besten, was ich dieses Jahr gelesen habe. Eine Ich-Erzählerin lernt eine unbekannte junge Frau im Zug kennen, die sie darum bittet, kurz auf ihr drei Monate altes Baby aufzupassen, weil sie mal eben telefonieren muss. Und dann der Schreckmoment: Die Protagonistin sieht an der nächsten Haltestelle, wie die Mutter des Kindes sich aus dem Staub macht. Ein tolles Ausgangssetting, das mich sofort gepackt hat. Viele Fragen entstehen. Handelt es sich um einen Akt postnataler Depression? Warum lässt die Mutter ihr Kind zurück? Und was wird die Ich-Erzählerin nun tun? Wie wird sie mit dieser Situation umgehen? Wird sie die Mutter wiederfinden? Das Ganze scheint jedenfalls kein Zufall zu sein. Im Rucksack, den die junge Frau für ihr Kind zurückgelassen hat, findet sich eine Nachricht. Darin heißt es: Vertrauen Sie niemandem, nicht einmal der Polizei!

 

Man spürt sofort, welches Unbehagen diese ungewohnte Situation bei der Ich-Erzählerin auslöst. Sie weiß nicht so recht, wie sie sich verhalten soll. Soll sie sofort zur Polizei? Soll sie erst einmal zu sich nach Hause? Gefühle von Unsicherheit und Überforderung machen sich breit. Hilflosigkeit wird deutlich. Ich konnte mich als Leser sehr gut in die Lage der Protagonistin hineinversetzen. Ich konnte ihren Zustand der inneren Anspannung und Unruhe spüren. Und zu Beginn ist der Schreibstil äußerst fesselnd, das Tempo ist hoch. Ein wahnsinnig guter Beginn! Auch weil man als Leser die ganze Zeit im Ungewissen gelassen wird, was denn nun eigentlich los ist. Die anfängliche Neugier ist groß. Man will wissen, in was die Ich-Erzählerin da hineingeraten ist. Hinzu kommen einige gefällige Wechsel der Perspektiven. Spannungsbögen werden immer wieder passend unterbrochen. Die Ereignishaftigkeit ist stark ausgeprägt, Cliffhanger am Kapitelende animieren zum Weiterlesen. All das überzeugt.


Und jetzt kommt das große ABER. Mit zunehmendem Handlungsverlauf „verwässert“ der Inhalt dann zusehends. Der Autor gibt den Roman meiner Meinung nach aus der Hand. Er schafft es nicht, die Erwartungshaltung, die man eingangs als Leser hat, angemessen zu bedienen. Er entfernt sich einfach zu sehr vom Ausgangssetting. Es wird immer verworrener und abgedrehter. Auch wird die packende Erzählweise des Beginns zugunsten einer mehrperspektiven Erzählweise aufgegeben. Ich hatte nicht das Gefühl, dass das in diesem Fall eine gute Idee war. Denn es bleibt einerseits zu viel im Dunkeln und andererseits kommen immer wieder neue Blickwinkel hinzu, die die Konzentration des Lesers stark fordern. Auf mein Leseerlebnis wirkte sich das negativ aus. Kurzum: Nach dem furiosen Start verliert der Thriller zu sehr an Qualität. Es machte auf mich fast den Eindruck, als wollte der Autor seine Leser mit einem tollen Ausgangssetting angeln, aber dann zu sehr auf die Folter spannen, was die Auflösung angeht. Man wird zu lange im Unklaren gelassen, in welche Richtung es nun eigentlich geht. Schon vor dem Schluss verlor ich dadurch das Interesse an den Geschehnissen. Schade, schade. Somit komme ich auf durchschnittliche 3 Sterne. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen