Dieses Blog durchsuchen

Donnerstag, 23. März 2023

Furre, Heidi - Macht


4 von 5 Sternen


Innere Echokammer


Der Roman „Macht“ ist das Debut von der norwegischen Autorin Heidi Furre und widmet sich sehr eindringlich dem Thema „sexualisierte Gewalt“. Im Zentrum steht ausschließlich die Protagonistin Liv, die gedanklich völlig von dem Trauma, das sie erlebt hat, vereinnahmt wird. Nach außen wahrt sie den Schein und funktioniert, doch in ihr drinnen sieht es dramatisch aus. Sie macht auf mich einen depressiven Eindruck und zeichnet sich durch Emotionslosigkeit aus. Dieser Zustand wird durch die sprachliche Gestaltung des Romans noch unterstrichen. Liv beschreibt ihren Tagesablauf sachlich, nüchtern, distanziert, in einer Art Protokollstil. Zwischen innen und außen scheint eine unsichtbare Mauer zu existieren, auf mich wirkt Liv oft teilnahmslos und unbeteiligt. Ihren Job als Altenpflegerin übt sie mehr mit Pflichtbewusstsein als mit Leidenschaft aus. Ihr Blick auf die Patienten ist reserviert. Sie funktioniert lediglich und fügt sich den zu erledigenden Alltagsroutinen. Nach außen demonstriert sie ein gewisses Maß an Normalität. Und ihr Umfeld scheint von ihrem krisenhaften inneren Zustand überhaupt nichts mitzubekommen, vor allem ihr Mann nicht.

 

Das Innenleben der Protagonistin nimmt viel Raum ein. Und die vielen Gedanken zum Ausdruck zu bringen und das Gedankenkreisen um immer das gleiche Thema zu gestalten, das ist anspruchsvoll. Da ziehe ich vor der Autorin meinen Hut. Die Gedanken von Liv kreisen um sie selbst, Beziehungen zu anderen Figuren werden so gut wie gar nicht geschildert, was ich etwas schade fand. Aber es ist klar, warum die Autorin diesen Weg der Beschreibung gewählt hat. Es wird auf diese Weise deutlich, dass Liv traumatisiert ist und immer noch in der Opferrolle verharrt und sich aus ihrem inneren Gefängnis nicht befreien kann. Die Erinnerung an das Geschehene vereinnahmt sie völlig. Erschütternd! Kritische Leser:innen mögen beanstanden, dass sich der Inhalt recht schleppend liest und dass sich vieles wiederholt. Und ja, die Lektüre ist anstrengend. Das Thema der Vergewaltigung kehrt immer wieder und das erlebte Trauma wird immer wieder in neue Worte gekleidet und vertieft. Doch ich bin mir sicher, dass die Autorin dies bewusst so gestaltet hat, um das Gedankenkarrussell von Liv auf diese Weise zu veranschaulichen. Die Erinnerung lässt sie nicht los, verfolgt sie. Sie lässt sich einfach nicht unterdrücken. Und das wiederum ist realistisch!

 

Als Leser:innen sind wir sehr stark an die Perspektive von Liv gewunden. Was um sie herum passiert, das bekommt man kaum mit. Zu sehr ist sie mit ihrem inneren Erleben beschäftigt. Der innere Monolog überwiegt, die Selbstreflexion nimmt viel Raum ein. Die Auseinandersetzung mit den vergangenen Dämonen ist das, was den Roman ausmacht. Darauf muss man sich einlassen wollen. Keine leichte Lektüre. Auf Dauer ist die Lektüre schon auch anstrengend. Kritische Leser:innen mögen bemängeln, dass auf diese Weise das Thema „sexualisierte Gewalt“ womöglich überreizt wird. Auch wird der ein- oder andere Leser womöglich kritisieren, dass es unrealistisch ist, dass Livs Umwelt von ihrem inneren Zustand nichts mitbekommt. Doch ich würde diesen Kritikpunkten widersprechen. Erst durch das immer Wiederkehrende wird klar, wie sehr Liv in der Opferrolle verharrt. Und tatsächlich ist es bei psychischen Krisen häufig so, dass das unmittelbare Umfeld nichts mitbekommt, weil die Betroffenen nach außen den Schein wahren. Natürlich habe ich mir auch gewünscht, dass Liv Hilfe erhält. Aber die Initiative dafür muss von ihr selbst ausgehen.

 

Im Klappentext ist von einem „Befreiungsschlag“ der Protagonistin die Rede. Soweit würde ich nicht gehen. Man merkt zwar Liv an, dass sie sich nicht länger mit ihrer Opferrolle zufrieden geben will. Sie stellt Überlegungen an, wie sie selbst die Kontrolle über ihr Leben zurückgewinnt und sie stellt erste Schritte dazu an. Aber von einer Befreiung ist sie noch weit entfernt. Deshalb hat mich das Ende auch etwas unbefriedigt zurückgelassen. Ich fand es wenig hoffnungsvoll. Für mich hat Liv noch einen sehr langen Weg vor sich, bis ihre Wunden heilen. Hier hätte ich mir eine andere Botschaft gewünscht. Das innere Leiden ist bis zum Schluss des Buchs spürbar. Ich hätte Liv eine deutlich positivere Entwicklung gewünscht.

 

Fazit

Ein Roman, der den Leidensweg eines Vergewaltigungsopfers thematisiert. Keine leichte Lektüre. Liv wird völlig von ihrem vergangen Trauma vereinnahmt und verharrt in der Opferrolle. Viel Raum nehmen Selbstreflexionen und Gedankenkreisen um das wiederkehrende Thema der erlebten Gewalt ein. Der psychische Zustand von Liv wird auf diese Weise gut deutlich. Man wünscht ihr Hilfe und dass sie die Kontrolle über ihr Leben zurückgewinnt. Leider ist der Roman wenig hoffnungsvoll. Ich hätte Liv eine positivere Entwicklung gewünscht. Ich empfehle das Buch solchen Leser:innen, die nicht vor dem schwierigen Thema „sexualisierte Gewalt“ zurückschrecken und die sich auf die ausführliche Beschreibung des inneren Leidens der Protagonistin einlassen wollen.

Montag, 20. März 2023

Heimes, Silke - The truth behind your lies


3 von 5 Sternen



Jugendbuch mit vielen schwierigen Themen


In die Handlung des Jugendbuch-Thrillers „The truth behind your lies“ von Silke Heimes findet man recht zügig hinein. Auf der einen Seite haben wir Jan, der wie ein Nerd wirkt und einen Racheplan schmiedet, und auf der anderen Seite haben wir eine fünfköpfige Clique, in der wir als Leser v.a. Emmys Perspektive begleiten. Sie machen zusammen Urlaub in einer Ferienhütte in den Bergen, die Jan zuvor mit Kameras ausgestattet hat. Über das anfängliche Logikloch, warum sich die fünf Freunde in der Hütte ihres Mobbingopfers einquartieren, muss man großzügig hinwegsehen. Der Rest des Buchs ist durchaus gelungen und nicht uninteressant. Es werden einige jugendspezifische Themen angesprochen, die es in sich haben (Ängste, Selbstverletzungen, suizidale Gedanken, sexualisierte Gewalt, Drogenkonsum, (Cyber)Mobbing). Was die Handlung im Wesentlichen vorantreibt, sind die folgenden Fragen: Was hat Jan genau vor? Warum tut er das? Er macht nämlich eigentlich nicht den Eindruck eines klassischen Täters, dafür wirkt er eigentlich zu empathisch.

 

Gelungen ist in meinen Augen dann die Darstellung der problematischen Beziehungsverhältnisse zwischen den einzelnen Heranwachsenden, bei denen man als Leser auch recht schnell ahnt, dass einige psychische Probleme zutage treten werden. Alle haben ihr Päckchen zu tragen. Das (teils toxische) Zusammenspiel der Clique wird recht authentisch eingefangen und ist gut ausgearbeitet. Mit echten Freunden scheint man es jedenfalls nicht zu tun zu haben, wenn man sich das Treiben der Fünf so durchliest. Schon länger scheint einiges bei ihnen im Argen zu liegen, Gefühle werden nicht offen angesprochen. Viele Probleme scheinen wie bei einem Eisberg unter der Oberfläche zu liegen.

Das einzige, was ich in diesem Zusammenhang bemängeln kann, ist Folgendes: Stellenweise hätte ich mir schon gewünscht, dass noch mehr Hintergründe deutlich werden. Auch zu Jans Mobbing hätte ich mir noch mehr Informationen gewünscht. Vielleicht hätten dem Buch ein paar mehr Seiten noch gut getan. Dann wären auch die Randfiguren eventuell weniger blass geraten.

 

Abschließende Frage: Ist dieses Jugendbuch als Unterrichtslektüre denkbar? In meinen Augen sollte man als Lehrer:in keine Berührungsängste mit den oben genannten Themen haben. Das erfordert schon einiges an Fingerspitzengefühl und ist sicherlich herausfordernd. Lehrer:innen sind schließlich keine ausgebildeten Psychiater und Psychologen. Man merkt dem Buch schon an, dass die Autorin hier einen anderen Zugang hat, weil sie selbst als Ärztin in Psychiatrien gearbeitet hat. Als Lehrer:in sollte man sich z.B. darauf einstellen, dass das Finale des Buchs schon sehr unter die Haut geht und mitnimmt. Sensiblere Jugendliche könnten hier in meinen Augen überfordert werden. Der Verlag Ueberreuter stellt auf seiner Homepage auch Unterrichtsmaterial zur Verfügung (leider jedoch ohne Erwartungshorizont). Ich selbst finde, dass das Buch doch zu viele schwierige Themen auf einmal anschneidet.

 

Fazit

Ein Jugendbuch, das es thematisch in sich hat. Für mich ist es insgesamt „too much“, was die Autorin hier alles in das Buch hineinpackt, vor allem wenn ich an einen Einsatz im Unterricht denke. Das Ende gerät sehr dramatisch. Hier sehe ich schon auch die Gefahr einer Überforderung von sensibleren Schüler:innen.

Cham, Jorge und Daniel Whiteson - Wo ist die Mitte des Weltalls? FAQ rund um das Universum


4 von 5 Sternen



Daniel und Jorge erklären das Universum


Wissensvermittlung auf humorvolle und anschauliche Weise? Und das zu einem schwierigen Thema wie der Kosmologie? Ist das überhaupt möglich? Jorge Cham und Daniel Whiteson unternehmen diesen Versuch. Letzterer ist Professor für Physik und Astronomie an der University of California. Und zusammen mit Cham, einem Cartoonisten, der Robotertechnik studiert hat, betreiben beide den Podcast „Daniel and Jorge explain the universe“. Und auf der Grundlage von Leserfragen zu diesem Podcast ist das Sachbuch „Wo ist die Mitte des Weltalls?“ entstanden.

 

Das Buch enthält 20 Kapitel zu Fragen rund ums Universum (Raum, Zeit, Zeitreisen, Aliens, Schwarze Löcher, Schwerkraft, Wurmlöcher etc.) und weist einen sehr humorvollen Erzählton auf. Darauf muss man sich natürlich einlassen wollen. Für ein Sachbuch ist das schon ungewöhnlich. Und ich gebe zu, dass auch ich mich erst einmal daran gewöhnen musste. Vor allem die auflockernden Cartoons, die immer wieder den Fließtext ergänzen, sind zunächst etwas befremdlich.

 

Zunächst einmal zum Negativen: Ich finde, dass Zeichnungen schon eine bestimmte Funktion erfüllen sollten. Im Idealfall sollte der Inhalt durch die Cartoons besser verständlich werden. Doch das war längst nicht bei allen Illustrationen der Fall, sondern nur bei wenigen. Oft ging es dann doch nur darum, einen (platten) Gag einzustreuen (über Humor lässt sich schwerlich streiten). Am Anfang der Lektüre hat mich das auch gar nicht groß gestört, aber mit zunehmender Seitenzahl wurde es dann doch anstrengend. Immerhin gibt es 296 Cartoons auf 344 Seiten. Durch die Cartoons wird nämlich der Lesefluss immer wieder unterbrochen und irgendwann habe ich mir die Zeichnungen dann gar nicht mehr angeschaut, weil ich lieber den Text lesen wollte. Aber das mag anderen Lesern natürlich ganz anders ergehen. Das ist wohl wirklich eine Geschmackssache. In meinen Augen hätten weniger Cartoons auch gereicht. 

 

Nun zum Positiven: Was mich nicht gestört hat, war der recht amüsante Erzählton des Fließtextes, in dem auch hin und wieder lustige Beispiele zur Veranschaulichung eingestreut wurden. Überhaupt empfand ich den Inhalt als äußerst interessant. Ich habe alle Kapitel mit wirklich großem Interesse gelesen und auch einiges Neues dazugelernt. Besonders interessant fand ich es immer dann, wenn auch einmal Berechnungen angestellt wurden. Und die Kapitel weisen einen klaren roten Faden und logisch stringenten Aufbau auf. Meine persönlichen Highlights: „Was hält uns davon ab, zu den Sternen zu reisen?“ (S. 132 ff.), „Wo kommt das Universum her?“ (S. 186 ff.), Zwar gab es schon auch einzelne Gedankenspiele, die etwas albern oder auch recht trivial waren (z.B. „Wie lange wird die Menschheit überleben?“, S. 60 ff.), aber meistens betraf das nur bestimmte Passagen. Und was man den Autoren wirklich hoch anrechnen muss: Sie schreiben sehr leserzugewandt, so dass der Inhalt auch von Laien ohne weiteres gelesen und verstanden werden kann. Und der Humor und die ausgefallenen Beispiele sorgen dafür, dass einiges aus dem Buch hängen bleibt. Das ist auf jeden Fall lobenswert!

 

Letztlich scheint es ein schwieriger Drahtseilakt zu sein, Sachverhalte humorvoll vermitteln zu wollen, aber dabei nicht zu sehr die notwendige Ernsthaftigkeit zu verletzen. Nach meinem Empfinden ist dieser Drahtseilakt mal mehr und mal weniger geglückt, aber letztlich ist das natürlich sehr subjektiv. Was ich als albern empfinden mag, finden andere Leser vielleicht lustig. Möge sich jeder selbst ein Urteil bilden. Wer an Kosmologie interessiert ist, wird auf jeden Fall gut unterhalten und lernt auch etwas Wissenswertes dazu. Das Buch weist eine große Bandbreite interessanter Fragestellungen auf. Und was ich großartig finde: Die meisten Sachverhalte werden anwendungsbezogen vermittelt. Es werden praktische Probleme durchdacht, so dass die Gedankenspiele nicht zu abstrakt geraten.

 

Fazit

Ein Sachbuch, das sich durch einen ungewöhnlich amüsanten Erzählton auszeichnet. Auf diese Weise memoriert man einzelne Sachverhalte ganz gut, das hat mir gefallen. Die Cartoons haben mir persönlich nicht so zugesagt, es gab einfach zu viele davon und nur wenige hatten eine sinnvolle Funktion. Die Qualität der verschiedenen Kapitel ist recht unterschiedlich. Manches war mir zu albern oder zu absurd (z.B. das Kapitel „Ist ein Leben nach dem Tod möglich?“, S. 224 ff.), andere Kapitel hingegen waren wieder sehr interessant und lesenswert. Manche Sachverhalte sind bereits bekannt und zu trivial (v.a. für kosmologisch versierte Leser), andere Inhalte wiederum sind faszinierend. Es ergibt sich ein sehr uneinheitliches Bild, was ein klares Urteil erschwert. Ich gebe knappe 4 Sterne!

Samstag, 11. März 2023

Bierkandt, Julia - Mascha, das Betrügerhuhn


5 von 5 Sternen


Kreativ und durchdacht


Das Bilderbuch „Mascha, das Betrügerhuhn“ von Julia Bierkandt ist ein kreativ durchdachtes und toll arrangiertes Werk, und das auf mehreren Ebenen. Es gibt viel in ihm zu entdecken. Zunächst einmal sind die warmherzig und liebevoll gestalteten Illustrationen hervorzuheben. Sie sind wirklich sehr schön anzuschauen. Die Tiere und die Bäuerin kommen äußerst drollig und putzig daher. Und das Arrangement ist auch kreativ, zwischendurch findet man z.B. schöne Bild-in-Bild-Sequenzen. Doch nicht nur das. Auch die Text-Bild-Verzahnung ist wirklich absolut durchdacht. Das, was man im Text liest, findet man 1:1 auch in den Bildern wieder. Die Illustrationen und der Text sind sehr passgenau aufeinander abgestimmt worden. Das findet man in dieser Qualität nicht allzu oft.

 

Sprachlich ist das Buch zudem auch sehr klug konzipiert worden. Hin und wieder gibt es schöne, sich wiederholende Formulierungen in Reimform („Kein Ei zu sehen, keine Mascha in Sicht, versteckt und getrickst. Mein Ei kriegst du nicht!“), die sich leitmotivisch durch das Bilderbuch ziehen. Und es steckt auch viel Wortwitz im Text. Rund um das Thema „Ei“ werden immer wieder sinnverwandte Wörter in den Text integriert („Ach, du dickes Spiegelei!“, „EieiEiiii, was mach ich nur?“, „Na, da brat mir doch einer ein Spiegelei!“ etc.). Und immer mal wieder werden auch solche Wörter verwendet, die den Bestandteil „-ei“ in sich tragen („Perfekte Vestecker-Ei!“ etc.). Ich finde das sehr kreativ!

 

Nun noch abschließend zum Inhalt: Es geht um eine Verfolgungsjagd. Mascha möchte ihr Ei vor der Bäuerin verstecken, damit diese es nicht auf dem Markt verkauft. Sehr amüsant hierbei ist u.a., wie Mascha Unterstützung von anderen Tieren des Bauernhofs erhält, um der Bäuerin immer wieder zu entwischen. Und die Auflösung am Ende ist herzallerliebst und warmherzig. Eine tolle Geschichte, die zum mehrmaligen Vorlesen einlädt.

 

Fazit

Ein Bilderbuch, das auf verschiedenen Ebenen sehr kreativ und durchdacht arrangiert worden ist. Die Illustrationen überzeugen, die Text-Bild-Verzahnung ist super umgesetzt. Auf sprachlicher Ebene stecken viele Ideen und Wortwitz im Text. Und der Inhalt ist ebenfalls interessant. Die jungen Zuhörer wollen wissen, ob Mascha der Bäuerin entkommt und was aus ihr und ihrem Ei wird. Ich vergebe 5 Sterne.

Donnerstag, 9. März 2023

Glattauer, Daniel - Ewig dein


4 von 5 Sternen



„Wir werden uns bestimmt nicht aus den Augen verlieren…“


Mit dem Autor Daniel Glattauer bin ich erstmals durch sein Buch „Die spürst du nicht“ in Berührung gekommen, das mir sehr gut gefallen hat (vgl. eine frühere Rezension). Der Schreibstil des Autors hat es mir sehr angetan, deshalb wollte ich unbedingt noch mehr von ihm lesen. Mein Wahl fiel auf „Ewig dein“, ein Liebesroman, der sich ab einem gewissen Punkt eher zu einem Psychothriller entwickelt. Thema: Obsessive Liebe.

 

Ähnlich wie bei „Die spürst du nicht“ ist der Beginn des Romans zunächst äußerst amüsant gestaltet worden. Das Kennenlernen von Hannes und Judith wird beschwingt erzählt und die eingestreuten Dialogpassagen sind toll arrangiert. Das hat mir sehr gut gefallen und mich schmunzeln lassen. Der Erzählfluss wird auf diese Weise immer wieder schön aufgelockert. Auch die Sprache, die Glattauer verwendet, ist toll konzipiert. Er scheint die Sprache wirklich zu fühlen und spielt auf kreative Weise mit den feinen Nuancen von Sprache. Er ist absolut treffsicher in seinen Formulierungen und bei seinen Wortschöpfungen. Einfach stark! Zu Beginn des Romans ist es in meinen Augen vor allem das Gedachte von Judith, das herrlich humorvoll daherkommt. Liebe auf den ersten Blick sieht jedenfalls anders aus. Sie ist eher der abschätzend-pragmatische Typ, ganz anders als Hannes. Die Attribute, mit denen Hannes beschrieben wird, sind einfach herrlich („sonnenfältchenäugig“ und „ausgestattet mit Omas blendendem Gebiss“).

 

Die verschiedenen Phasen der Beziehungsentwicklung werden gut eingefangen. Judiths Gefühle werden stärker. Nach und nach erkennt sie, was für einen Volltreffer sie gelandet hat. Doch diese Phase währt nicht lang und die Partnerschaft erhält erste Risse. Und passend zum Inhalt ändert sich auch der Erzählton. Er wird ernster (eine auffällige Parallele zu „Die spürst du nicht“). Als Judith einen Schlussstrich unter die Beziehung ziehen will, nimmt die Handlung Fahrt auf und wird richtig packend und unheimlich. Ich will nicht zu viel vorweg nehmen, aber in meinen Augen ist es einfach eine starke Leistung, was Glattauer in dieses gerade einmal 200 Seiten umfassende Buch packt und wie er dabei auch noch mit Genregrenzen spielt. Da wird der gesamte Entwicklungsprozess einer Beziehung gut deutlich und während der Lektüre ist man sehr stark am Geschehen beteiligt. Großartig!

 

Und was ich auch lobend erwähnen möchte, ist die Darstellung von Judiths Psyche. Besonders die Phase, in der sie von den Ereignissen um sie herum völlig vereinnahmt wird, sind glänzend gestaltet worden. Glattauer verunsichert den Lesern bei seinen Einschätzungen des Geschehens. Irgendwann habe ich mich sogar gefragt, ob sich Judith nicht zu sehr in das Erlebte hineinsteigert, und habe damit begonnen an ihr zu zweifeln. Realität und Einbildung verschwimmen. Es gibt kein klares Schwarz und Weiß. Klasse! Und auch das Thema „Freundschaft in Krisensituationen“ wird gut in die Handlung mit eingebunden. Noch etwas: Trotz der Ernsthaftigkeit der Situation durchbricht der Autor die Szenen aber auch immer wieder mit karikierenden Elementen. Hier spiele ich vor allem auf die Figur Bianca an, das 16-jährige Lehrlingsmädchen. Allerdings habe ich mir in diesem Zusammenhang schon auch die Frage gestellt, ob das unbedingt sein musste. Vielleicht hätte der Autor besser auf diese Elemente verzichtet? Mag sich jeder selbst ein Urteil bilden.

 

Das einzige, was ich etwas kritischer sehe, ist das Ende des Romans. Ich kann hier leider nicht zu sehr ins Detail gehen, ohne etwas zu verraten. Aber für mich war der Abschluss des Romans irgendwie zu gewollt und auch nicht immer realistisch. Das ist so schade, weil das Buch ansonsten absolut herausragend gewesen wäre.

 

Fazit

In diesem Büchlein, das schmal daherkommt, steckt unglaublich viel (wie schon bei „Die spürst du nicht“). Ich bewundere den Autor für seinen kreativen Umgang mit Sprache und auch für die Passagen des unzuverlässigen Erzählens. Die sind ihm wirklich herausragend gelungen. Leider konnte das Ende des Buchs nicht mit dem Rest mithalten. Deshalb komme ich auf 4 Sterne.

Dienstag, 7. März 2023

Moreno, Eloy - Unsichtbar


5 von 5 Sternen


Mauer des Schweigens

 

„Mobbing ist, wenn sich Mitschüler gegenüber einer Schülerin oder einem Schüler über längere Zeit aggressiv verhalten und sie bzw. ihn absichtlich körperlich und/ oder seelisch schädigen“ (Eloy Moreno, S. 333)

 

Puh, dieses Buch nimmt mich mit. Ich könnte aus meiner Berufspraxis als Lehrer viel dazu erzählen, aber ich werde mich zurückhalten und mich allein auf dieses Buch konzentrieren. Es ist ein Thema, das mitnimmt, das aufwühlt, das ergreift, das fassungslos macht. Eloy Moreno schafft es in seinem Buch „Unsichtbar“ das Mobbing-System sehr anschaulich offenzulegen. Es gibt den Täter, das Opfer, die Mitläufer, die Zuschauer und die Wegschauer. All das findet sich wieder. Und leider ist es sehr treffend, was der Autor beschreibt. Genau so funktioniert Mobbing, solange bis das Opfer endlich den Mut hat, seine Scham zu überwinden und Hilfe zu suchen, oder andere ihm zur Hilfe eilen. Und oft verläuft Mobbing sogar noch subtiler, als es in diesem Buch geschildert wird (aber das ist ein anderes Thema und ich halte mich zurück).

 

Zu Beginn des Buchs ist man als Leser erst einmal etwas orientierungslos. Man fragt sich fortlaufend, was dem Ich-Erzähler genau passiert ist. Und ich musste mich erst einmal zurechtfinden, wer dort alles erzählt, wie viele Figuren sprechen und in welcher Beziehung sie zu dem Ich-Erzähler stehen. Man betrachtet die Szenen von außen, ohne sie richtig einordnen zu können, weil man nicht weiß, was vorgefallen ist. Klar ist nur, dass der Erzähler ein Trauma erlebt hat, das erst nach und nach an die Oberfläche geholt werden muss. Und seine Psyche hat Schutzmechanismen ergriffen, die mich als Leser traurig zurückließen. Erschütternd!

 

Die Geschehnisse, die der namenlose Junge (sein Schicksal ist nur ein exemplarisches) dann nach und nach im Rückblick erzählt, sind bewegend. Man leidet mit ihm mit und möchte den vielen feigen Charakteren (den Monstern) fortwährend zurufen: „Tut doch etwas!“ Man spürt die Gefühlswelt des Ich-Erzählers hautnah. Die Anspannung, die Angst, die Scham, all das hat mich beim Lesen erfasst. Und gleichzeitig fragt man sich hilflos, warum er keine Hilfe sucht oder warum ihm niemand hilft.

 

Und es gibt viele Szenen, die man herausgreifen kann und problematisieren könnte. Reagiert die Psychologin auf das Erzählte angemessen? Handelt die Rektorin der Schule verantwortungsvoll? Problematisiert die Spanischlehrerin das Thema in der Klasse auf geeignete Art und Weise? Können die psycho-sozialen Probleme des Täters eine Rechtfertigung für sein Handeln sein? Wie lässt sich das Geschehene verhindern? Hierzu könnte man in meinen Augen viel sagen. Dieses Buch wäre also durchaus auch als Klassenlektüre geeignet, um das Thema anzusprechen (wenn nur der hohe Preis nicht wäre).

 

Trotzdem möchte ich noch Dinge anmerken, die mir noch für ein perfektes Buch gefehlt haben (und hier spreche ich aus eigener Erfahrung). So lässt der Autor (leider) Aspekte unerwähnt, die in meinen Augen auch wichtig gewesen wären: So fehlt mir z.B. die Elternperspektive. Und eine ganz zentrale Frage ist ja auch, wie geht man mit dem Täter und mit dem Opfer um, wenn Mobbing herauskommt? Und ich bin froh, dass es nach meiner Erfahrung auch noch andere Interventionsmöglichkeiten gibt, als die, die im Buch geschildert werden (aber das ist ein anderes Thema. Und eine Voraussetzung ist natürlich, dass die Mauer des Schweigens durchbrochen wird).

 

Fazit

Ein aufwühlendes Buch, das stark mitnimmt. Man leidet während der Lektüre mit dem Ich-Erzähler mit und ist fassungslos, wie das System Mobbing funktioniert und dass es überhaupt so lange funktioniert. Für alle, die sich mit dem Thema beschäftigen möchte, eine wertvolle Lektüre, insbesondere auch für Lehrkräfte und Schüler. Zwar hätten noch Aspekte wie die Elternperspektive und der anschließende Umgang mit Opfer und Täter Erwähnung finden können, aber ich ziehe dafür keinen Stern ab, weil das Buch auch so ein sehr gutes Buch bleibt, das wichtig ist. Knappe 5 Sterne!

Sonntag, 5. März 2023

Dornblüth, Gesine und Thomas Franke - Jenseits von Putin


5 von 5 Sternen


Einblick in die russische Gesellschaft


Warum ist die russische Zivilgesellschaft so schwach? Diese Frage treibt mich um. Zuletzt habe ich aus diesem Grund den Sammelband „Die Erinnerung nicht vergessen“ von Ljudmila Ulitzkaja und das Buch „Zeitenwende“ von Rüdiger von Fritsch gelesen (vgl. frühere Rezensionen). Nun ist ein Buch im Herder-Verlag erschienen, das sich dieser Frage endlich einmal ausführlicher widmet. Es trägt den Titel „Jenseits von Putin“. Geschrieben wurde es von Gesine Dornblüth (promovierte Slavistin) und Thomas Franke, der von 2012 bis 2017 in Moskau lebte.

 

Und was mir gut gefallen hat, soviel kann ich einleitend bereits vorwegnehmen, ist die Tatsache, dass in diesem Buch viele Interviewausschnitte vorkommen und am Beispiel von Einzelmeinungen der Frage nachgegangen wird, wie die Gesellschaft tickt. Viele Bücher, die ich bisher gelesen haben, widmeten sich eher der Makroebene, häufig ging es um Putin, hier aber geht es einmal um die Mikroebene, normale Leute und auch solche, die sich gegenüber den gesellschaftlichen Missständen zur Wehr setzen, kommen zu Wort. Dieses Buch war überfällig. Denn inzwischen muss man ja sagen, der Krieg wird von breiten Teilen der Bevölkerung in Russland offenbar toleriert (vielleicht sogar befürwortet?). Eine Opposition, eine Antikriegsbewegung, zivilgesellschaftlicher Widerstand, all das bleibt aus. Und es stellt sich die Frage, wie das kommt. Hier setzt das Buch von Dornblüth und Franke an und sucht nach Erklärungen. Ich gebe im Folgenden nur Einblick in eine Auswahl von wenigen Kapiteln und beschränke mich auch auf Dinge, die mir persönlich bei der Lektüre wichtig erschienen. Wer Genaueres wissen möchte, der sollte selbst einen Blick in das sehr lesenswerte Buch werfen.

 

Kapitel 3 – Sie brauchen einen Führer – Putins jugendliche Machtressource

In diesem Kapitel werden vor allem die kremlnahen Jugendorganisationen in den Blick genommen. So gebe es die „Naschi“, eine Art Putin-Jugend. Sie ähnele dem Komsomol, der Jugendorganisation des KPdSU und stelle eine Fortführung dieser Tradition dar. Wer bei den „Naschi“ mitmachen wolle, müsse verschiedene Theorieseminare absolvieren, in denen den Mitgliedern die richtige patriotische Einstellung beigebracht werde. Neben den „Naschi“ existiere zudem noch die „Molodaja Gwardia“, die Junge Garde. Sie stelle eine weitere Nachwuchsorganisation der Regierung dar und sei direkt an die Regierungspartei „Einiges Russland“ angeschlossen. Weiterhin erschließe die Organisation „Setj“ (dt. Netz) vor allem elitäre Zielgruppen. In ihr sammelten sich vor allem Designer, Graffiti-Sprayer, Bildhauer, Journalisten, Fotografen und Videokünstler. Nicht zuletzt existiere noch die „Junarmia“, die Junge Armee, die beim Kriegsministerium angesiedelt ist. Dort machten sich die jungen Leute mit Waffengattungen vertraut, trieben Kampfsport und übten schießen.

 

Kapitel 4 – Sie wollen keinen Führer

Die Autoren beschäftigen sich in diesem Kapitel mit der Frage, ob ein Machtwechsel in Russland durch gewaltfreien Widerstand überhaupt möglich ist und schildern unter Bezugnahme auf den Politikwissenschaftler Jaschin, dass viele Hürden zivilgesellschaftliches Engagement behinderten. Die Opposition habe z.B. kaum noch Zugang zu landesweiten Massenmedien. Und das Parlament sei kein Ort für Debatten mehr. Für oppositionelle Bewegungen gebe es nur noch sehr wenige Möglichkeiten, um auf sich aufmerksam zu machen. Auch am Beispiel der Bewegungen „Oborona“ und „Smena“ machen die Autoren deutlich, dass dem Kreml zivilgesellschaftliches Engagement zuwider sei und ihn beunruhigten. Eine wichtige Gelegenheit sei 2011 verstrichen, als rund 100 000 Menschen gegen die gefälschten Parlamentswahlen auf die Straße gegangen sind. Putin habe diesen Widerstand in den letzten Jahren durch zahlreiche repressive Maßnahmen gebrochen. Auch gewähren die Autoren Einblick in die schwierige Arbeit von Oppositionspolitikern, die z.B. Unterstützerunterschriften in sehr großer Anzahl benötigten, um überhaupt antreten zu dürfen.

 

Kapitel 6 – Meinst du, die Russen wollen Krieg?

Hier widmen sich die Autoren der Frage, ob die Russen den Krieg überhaupt selbst wollen und ihn unterstützen. Oder wird ihnen irgendwann klar, dass sie einen Angriffskrieg führen und dass jeder einzelne gefordert ist, sich dagegen zur Wehr zu setzen? Die Autoren weisen darauf hin, dass der Krieg als solcher aufgrund der Erfahrungen im Großen Vaterländischen Krieg eigentlich mehrheitlich abgelehnt werde. Im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung sei dieser geschichtliche Abschnitt bis heute weiterhin gespeichert. Nicht umsonst gebe es in Russland das geflügelte Wort: „Lisch by ne woina“ (dt. Bloß kein Krieg). Es habe allerdings in der Sowjetunion keine solche Antikriegsbewegung wie im Westen gegeben. Die Autoren meinen, dass man in Russland vom Wort Krieg scheinbar nur dann Gebrauch mache, wenn man selbst angegriffen werde. Die Menschen in Russland verhielten sich so, als ob der Krieg wie eine Naturkatastrophe über sie käme, gegen die sie wehrlos seien. Nach Einschätzung von Dornblüth und Franke verhalte sich die Bevölkerung in Russland nicht fanatisch, sondern apathisch und verängstigt.

 

Kapitel 7 – „Enkel von Opfern und Henkern“

In diesem Kapitel geht es um ein zentrales Trauma der russischen Gesellschaft: Die Stalinzeit. Auch diese Ära hat sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt, so die Autoren. Fast in jeder Familie hätte es Opfer gegeben. Das Regime unter Putin setze alles daran, Vergangenheitsbewältigung zu verhindern. Eine Entstalinisierung habe nie stattgefunden. Stattdessen sei der Sieg über den Faschismus zum Identifikationspunkt Russlands geworden. Und Putin profitiere von diesem unbewältigten Trauma. Er spiele heute erneut mit den gleichen Ängsten.

 

Kapitel 9 – Der kleine Bruder mit dem Down-Syndrom

Hier setzen sich die Autoren mit dem Mythos der Ukraine als Brudervolk auseinander, von dem in der russischen Propaganda häufig die Rede ist. Die Russen bezeichneten die Ukrainer zwar als ihre Brüder, doch der kleine Bruder stehe unter dem Diktat des großen und dürfe sich nicht emanzipieren. Viele Russen würden die Ansicht vertreten, dass die Ukraine keine Nation sei und auch keine eigene Kultur habe. In ihrer Darlegung nehmen Dornblüth und Franke auch auf das Ereignis des „Holodomor“ Bezug. Dieses sei für die Ukrainer in ihrem Bestreben nach Unabhängigkeit zentral gewesen. In Russland hingegen versuchten Wissenschaftler und Politiker zu verhindern, dass die Ukraine eine eigene Sicht auf die Geschichte entwickele. Auf der Krim werde die ukrainische Kultur seit 2014 systematisch ausgelöscht, je länger die Halbinsel besetzt sei, desto weniger Ukrainisch höre man.

 

Kapitel 10 – „Orthodoxe Taliban“

Hier geht es um die gesellschaftspolitische Rolle der orthodoxen Kirche. So propagiere Kirill z.B., dass derjenige, der sich für das Vaterland opfere, sich damit von allen Sünden reinwasche. Es bestehe eine Allianz von Kirche und Kreml und das Oberhaupt der russischen Kirche spiele dabei eine tragende Rolle. Die Autoren stellen sogar die These in den Raum, dass Kirill früher für den KGB tätig gewesen ist. Einen Beweis dafür bleiben sie jedoch schuldig. Auf jeden Fall habe er Putin im Jahr 2012 wichtige Wahlkampfhilfe geleistet und stelle sich nun in den Dienst der Propaganda.

 

Kapitel 11 – Dem Vaterland dienen – Schulalltag 2022

In diesem Kapitel geht es um den russischen Schulalltag im Jahr 2022 (ein für mich sehr bitteres und trauriges Kapitel). Fahnenappelle gehörten nun ebenso dazu wie ein neues Schulfach („Gespräche über Wichtiges“). In diesem Schulfach werde den Schülern vor allem der Stolz auf das eigene Vaterland und die Liebe zur Heimat vermittelt. Die Schulen ermöglichten dem Kreml auf diese Weise flächendeckend Manipulation und politische Indoktrination. Und das größte Problem dabei: Die große Mehrheit der Lehrkräfte mache mit. Die Lehrkräfte erhielten Handreichungen dazu, wie sie den Krieg mit der Ukraine zu thematisieren hätten. Gleichzeitig habe es bereits Fälle von Entlassungen gegeben, weil Lehrkräfte sich nicht an die Vorgabe gehalten haben. Auch führen die Autoren Beispiele für Denunziationen an. Schüler verwickelten Lehrer in Gespräche über den Krieg und hätten dann Mitschnitte kritischer Aussagen von Lehrkräften an die zuständigen Behörden weitergegeben.

 

Abschließend bleibt festzuhalten, dass man natürlich auch an die Autoren die Frage richten kann, warum sie genau die Leute haben zu Wort kommen lassen, die hier ihre Meinung äußern. Auch kann man sich fragen, inwieweit die präsentierten Beispiele repräsentativ für die Gesamtgesellschaft sind. Das lässt sich leider nicht beantworten. Ich vertraue aber darauf, dass die Autoren diesen Umstand beim Schreiben ihres Buchs im Blick hatten. Letztlich ist das Gesellschaftsporträt, das die Autoren in diesem Buch zeichnen sehr düster und auch beängstigend. Wie sollen sich die gesellschaftlichen Strukturen jemals ändern? Das scheint eine schier unlösbare Aufgabe zu sein. Der Wunsch nach Veränderungen kann ja eigentlich nur aus der russischen Bevölkerung selbst kommen. Doch wie kann das überhaupt gelingen, wenn so viele Sphären der Gesellschaft von Propaganda durchdrungen sind? Ich bin nach der Lektüre dieses Buchs bestürzt und ratlos. 

 

Fazit

Dieses Buch gewährt einen beklemmenden Blick in die russische Gesellschaft, die von Angst, Traumata, Repression, Gleichgültigkeit und Intoleranz geprägt zu sein scheint. Die Propaganda erfasst nahezu alle Sphären der Gesellschaft. Wie will man zu den Leuten in Russland durchdringen, damit sie endlich aufwachen? Diese Frage bleibt für mich offen und beschäftigt mich sehr. Ich empfehle dieses Buch denjenigen, die nicht nur die Makroebene betrachten wollen, sondern die sich einmal mit der Mikroebene beschäftigen wollen, d.h. mit den normalen Menschen in Russland selbst. Denn nach einem Jahr Krieg muss man leider auch kritisch konstatieren, dass die russische Bevölkerung Putin möglich gemacht hat und weiter zu ihm steht. Ein wichtiges Buch, von mir 5 Sterne!

Eschbach, Andreas - Der schlauste Mann der Welt


5 von 5 Sternen


Ein moderner Oblomow


Eschbach auf Abwegen? Keine Science-Fiction? Kann das gut gehen? Es kann. Was Eschbach schreibt, liest sich einfach gut. Da bildet sein neuestes Werk „Der schlaueste Mann der Welt“ keine Ausnahme. Im Gegenteil. Ich finde es großartig, dass Eschbach einmal die betretenen Pfade verlässt. Er entwirft einen ungewöhnlichen Ich-Erzähler, der sehr amüsant aus seinem Leben berichtet und mich als Leser sofort vereinnahmt hat. Der Erzähler bezeichnet sich selbst als faul, pflegt zugleich aber einen sehr ausschweifenden, luxuriösen Lebensstil und er eröffnet dem Leser, dass er nur noch 10 Tage zu leben hat. Und das erzeugt natürlich sofort Interesse. Wie kann sich ein fauler Mensch einen solchen Luxus leisten? Warum lebt er nur noch 10 Tage? Und schon ist das Interesse geweckt, weiterzulesen. Zu interessant ist das, was dargeboten wird.

 

Die Kapitel werden countdownartig heruntergezählt und wir begleiten den Erzähler gleichzeitig auf der gegenwärtig erzählten Handlungsebene bei seinem Schreibprozess. Er verfasst in entwaffnender Ehrlichkeit eine Art Erinnerungstagebuch und berichtet einige Anekdoten aus seinem Leben, und das durchgängig amüsant und beschwingt. Während der Lektüre musste ich permanent schmunzeln. Es ist einfach herrlich absurd, wie Jens  die Faulheit zur Tugend erklärt und dabei im Luxus schwelgt. Er ist sozusagen ein moderner, reiselustiger und vagabundierender Oblomow oder eine Art Hans im Glück, der seinen Goldklumpen nicht hergeben will. Fantastisch! Die Schilderungen des Reichtums kommen märchenhaft daher. Und man ist als Leser fasziniert von seinem Lebensstil und manchmal auch ein wenig neidisch.

 

Jens ist oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort und profitiert von den Gelegenheiten, die sich ihm bieten. So manövriert ihn das Schicksal durch ein turbulentes Leben. Ein schlechtes Gewissen kennt er nicht, er kostet die Momente aus und verfolgt sein Ziel, reich zu werden und sein zukünftiges Leben in Luxushotels zu verbringen, sogar mit krimineller Energie. Hier kamen mir Assoziationen zu Frank Abagnale (Catch me if you can). Ein wenig paradox erscheint es auch, wie naiv der Ich-Erzähler durch die Welt tapst und doch stets erfolgszuversichtlich ist, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Seine berechnende Art traut man ihm gar nicht zu. Und was mir noch gut gefallen hat: Auch die sprachliche Seite des Romans ist gut gestaltet worden. Eine gewisse Affektiertheit kann man bei Jens nicht von der Hand weisen. Sein sorgloses Leben in Saus und Braus schlägt sich auch in der Sprache nieder. Jens ist weltläufig, redegewandt und lebenserfahren, stellenweise auch einmal selbstgefällig und prahlerisch.

 

Nicht zuletzt werden in diesem Buch auch einige existenzielle Fragen aufgeworfen: Lohnt sich Arbeit noch ab einem gewissen Reichtum? Ab wann stellt sich der Mensch auf Müßiggang ein? Woher beziehen Millionäre ihre Motivationen weiterzumachen und sich nicht der Faulheit hinzugeben? Es lohnt sich tatsächlich einmal darüber nachzudenken. Und natürlich enthält das Buch auch noch einen schönen, humorvollen Seitenhieb aufs Finanzsystem (auch das in der Schweiz), auf die Banken und auf schweizerische Privatbankiers. Herrlich!

 

Fazit

Eschbach kann nicht nur Science-Fiction. In diesem Buch geht es amüsant und humorvoll zu. Ein außergewöhnlicher Ich-Erzähler, der hier sein Leben niederschreibt und den Leser sofort für sich vereinnahmt. Die Lektüre macht Spaß, und das auf verschiedenen Ebenen. Jens Leunich kommt als moderner Oblomow daher. Ein tolles Buch, sehr kurzweilig, absolut empfehlenswert. Von mir gibt es 5 Sterne.

Samstag, 4. März 2023

Schmitt, Caroline - Liebewesen


3 von 5 Sternen


Drum prüfe, wer sich ewig bindet…


Puh, ich gebe zu, das Buch hat mich nicht kalt gelassen. Wie könnte es auch? Bei dieser Thematik. Caroline Schmitt schildert in ihrem Roman „Liebewesen“ eine Liebesgeschichte, die tragischer nicht sein könnte. Und bei der Lektüre hat sich bei mir eigentlich ein Gefühl breit gemacht: Wut! Und zwar Wut auf Lio und Max, die völlig gedanken- und verantwortungslos agieren. Beide leben locker, lässig, studentisch unbeschwert, in meinen Augen vor allem oberflächlich.

 

Der Umgangston der beiden ist geprägt von einer dauerhaften Ironie, Gespräche werden zu ironisch gefärbten Schlagabtauschen, eine seltsame Beziehung, die die beiden führen, eine Beziehung ohne Tiefgang, zwar mit viel Gefühl und Lust auf Sex sowie jeder Menge Partyleben, aber sonst ist da nicht viel zwischen beiden, vor allem nichts Ernsthaftes. Beiden geht es vor allem um eines: Spaß! Das war zumindest mein Eindruck bei der Lektüre dieses Buchs. Und wenn man die Konsequenzen bedenkt, die dann vor allem Lio trägt, so kann ich nur mit dem Kopf schütteln und verspüre abermals Wut.

 

Auch auf Max war ich wütend. Sein Verhalten gegenüber Lio ist in meinen Augen völlig daneben. Er agiert absolut egoistisch und verantwortungslos. Und das Lio sich das von ihm gefallen lässt, ohne ihn damit zu konfrontieren, was ist das bitte für eine Partnerschaft? Der Entscheidungsfindungsprozess von Lio lässt mich ebenfalls fassungslos zurück. Hier hätte man in meinen Augen inhaltlich viel mehr problematisieren können. Und ich wundere mich dann doch über andere Rezensionen zu diesem Buch (aber das ist ein anderes Thema. Vielleicht habe ich das Buch ja auch nicht richtig verstanden).

 

Problematisch finde ich auch eine Aussage aus der Umschlaginnenseite des Buchs. Ich zitiere: „Vor allem aber erzählt sie (die Autorin, Anm. d. Verf.) die Geschichte einer großen Befreiung.“ Diese Formulierung kann man auch missverstehen. Wenn man bedenkt, welche Entscheidung Lio trifft, so würde ich hier bestimmt nicht von einer „Befreiung“ sprechen. Oder heißt Befreiung etwa, dass man das Recht auf Verantwortungslosigkeit hat, ohne die Konsequenzen seines Handelns zu bedenken? Und noch etwas, das mich bei der Vermarktung dieses Buchs irritiert. So heißt es im Klappentext: „Ein sprachgewaltiges Debüt über die Abgründe unausgesprochener Traumata.“ Meiner Meinung nach werden diese Traumata viel zu oberflächlich thematisiert. Und sollen die Traumata dann eine Rechtfertigung dafür sein, sich gedanken- und verantwortungslos verhalten zu dürfen? Zu den Figuren heißt es dann in einem weiteren Zitat auf dem Klappentext: „Seine Figuren sind angedetscht und überfordert und tapfer und hoffnungsvoll, kurz: Sie sind wie wir.“ Also ich bin auf jeden Fall nicht so wie die Protagonisten, kann mich auch nicht mit ihnen identifizieren und die Beschreibungen halte ich für fragwürdig (aber wie gesagt: Vielleicht habe ich das Buch auch nicht verstanden).

 

Fazit

In meinen Augen birgt dieses Buch vielmehr Zündstoff, als ihm bisher zuteil wurde. Es gibt sehr viele Aspekte, an denen man sich „reiben“ kann. Mich wundert sehr, dass man sich in anderen Rezensionen so wenig kritisch mit dem Inhalt auseinandersetzt. Was die schriftstellerische Qualität angeht, gibt es an diesem Werk nichts auszusetzen. Der Stil ist eingängig, die Seiten fliegen so dahin. Doch was mir missfällt oder was ich nicht verstehe, das ist die Vermarktung des Inhalts. Das was auf dem Klappentext oder in der Umschlagseite aus dem Buch gemacht wird, geht in meinen Augen völlig daneben. Und das wundert mich doch. Auch das Cover ist mir ein Rätsel: In welchem Bezug steht es zum Inhalt? Ich stoße mit meiner Interpretationskompetenz hier an Grenzen. Oder geht es dem Verlag doch nur darum, Aufmerksamkeit um jeden Preis zu erzielen? Ich vergebe 3 Sterne, und zwar wegen des unpassenden Marketings und weil es stellenweise doch zu oberflächlich ist, was die Autorin vorlegt. Ich hätte mir noch mehr Problematisierung an manchen Stellen gewünscht.

Freitag, 3. März 2023

Nopola, Tiina und Sinikka Nopola - Chaoskrümel und Nervensäge


4 von 5 Sternen


Hühnerliebe


Ein erfolgreiches Kinderbuch aus Finnland, das sich dort über 1 Mio. Mal verkauft hat? Das wollte ich mir gerne einmal genauer anschauen. Und ich gebe zu, dass mich der Inhalt nach der Leseprobe doch etwas überrascht hat. Der Klappentext ließ etwas anderes erwarten. Dort heißt es: „Tilda darf viel mehr als ihre kleine Schwester Benni. Das nervt Benni ganz schön! Aber wenn es darauf ankommt, sind Benni und Tilda ein Herz und Seele.“ Ich hatte mich also auf ein lustiges und turbulentes Zusammenspiel zweier Schwestern (5 und 7 Jahre) eingestellt, das aber im Buch gar nicht im Zentrum der Handlung steht. Da es sich um den Auftakt zu einer Reihe handelt, mag das aber in weiteren Bänden wiederum ganz anders sein. Das vermag ich nicht zu beurteilen.

 

Worum geht es also: In erster Linie geht es darum, dass Benni Freundschaft mit dem Huhn Anita schließt, um das sie sich dann mit voller Hingabe kümmert. Und das ist durchaus auch amüsant. Benni versucht dem Huhn allerlei Tricks beizubringen. Für tierliebe Kinder ist dieses Buch also eine tolle Lektüre, oder für solche, die bereits Erfahrungen mit Hühnern gemacht haben oder sogar selbst Hühner halten. Es wird in dieser Geschichte einmal nicht ein klassisches Haustier (Hund oder Katze) in den Blick genommen, sondern ein etwas exotischeres Haustier. Und die Entwicklung, die Benni durchläuft, ist durchaus beachtlich. Ist sie anfangs noch eine kleine Diva entwickelt sie sich im Laufe des Buchs zu einem fürsorglichen, kleinen Mädchen, das sich aufopferungsvoll um Anita kümmert.

 

Ein schöner Witz, den die Autorinnen Tiina und Sinikka Nopola sich haben einfallen lassen, ist auch, dass die Erwachsenen und Benni schön aneinander vorbeireden, wenn es um Anita geht. So denken die Eltern von Benni zunächst, dass es sich bei Anita um eine neue Freundin von Benni handelt und sind dann überrascht, dass es um ein Huhn geht. Diese Idee ist kreativ und lustig umgesetzt. Dennoch ziehe ich einen Stern ab, weil ich mit einer anderen Erwartungshaltung an das Buch herangegangen bin, die der Klappentext befördert hat. Für mich hätte das turbulente Miteinander zwischen den beiden Schwestern zu Beginn des Buchs noch mehr Raum einnehmen können. Aber ich denke, das wird dann in weiteren Bänden, sofern sie ins Deutsche übersetzt werden, der Fall sein.

 

Fazit

Ein Kinderbuch, das einmal ein besonderes Haustier in den Blick nimmt: Ein Huhn. Benni schließt Freundschaft mit Anita und kümmert sich liebevoll um sie. Sie versucht ihr allerlei Tricks beizubringen und lernt Verantwortung zu übernehmen. Dieses Buch ist vor allem etwas für tierliebe Kinder, am ehesten etwas für solche Kinder, die bereits etwas mit Hühnern zu tun gehabt haben. Für weitere Bände wünsche ich mir, dass das Schwesternmiteinander noch stärker in den Fokus rückt.  Ich vergebe 4 Sterne.

Mittwoch, 1. März 2023

Glattauer, Daniel - Die spürst du nicht


5 von 5 Sternen


Bestseller-Qualität


Ich bemühe mich in meinen Rezensionen darum, nur in solchen Fällen von Superlativen Gebrauch zu machen, in denen es in meinen Augen wirklich gerechtfertigt ist. Und das Werk „Die spürst du nicht“ von Daniel Glattauer wird ein Buch sein, bei dem ich ins Schwärmen geraten werde, soviel kann ich einleitend bereits vorwegnehmen. Hier stimmt einfach alles. Es steckt so viel Gutes, Wahres und Aufwühlendes in diesem Buch. Das erlebe ich nicht oft, wenn ich ein Buch in die Hand nehme. Schon auf der ersten Seite hatte mich das Buch für sich eingenommen, der Erzählton traf genau meinen Nerv, ich habe direkt gespürt, dass mich ein tolles Buch erwartet und ich wurde nicht enttäuscht. Und endlich darf ich in einer Rezension einfach einmal in eine Lobeshymne verfallen, ich habe lange darauf gewartet.

 

Dieses Buch hat so unglaublich viele Facetten, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Auf den ersten Seiten gefiel mir direkt der Erzählton. Es wird auf das Mittel eines auktorialen Erzählers zurückgegriffen, der dem Leser die Figuren süffisant und mit ironischer Distanz näherbringt. Er vereinnahmt den Leser durch die Wir-Perspektive und schnell sind wir dabei, dem Erzähler bei seiner Kommentierung der Figuren zuzustimmen und ihm beizupflichten. Doch der Erzählton ändert sich, passend zum Geschehen, als sich ein tragisches Unglück im Familienurlaub ereignet. Er wird ernster und tragender. Und plötzlich ist die Handlung gar nicht mehr so locker-flockig und die ironische Distanz verschwindet, der Erzähler nimmt sich zurück, die Figurenrede gewinnt an Gewicht. Das ist alles großartig arrangiert! Und das ist ja nur die handwerkliche Seite des Geschriebenen.

 

Was die inhaltliche Seite des Romans betrifft, so zeichnet sich die Handlung vor allem dadurch aus, dass viele Schattierungen in den Blick genommen werden. Der Inhalt wird sehr abwechslungsreich und mit Hilfe vieler Perspektivwechsel sowie verschiedener Textsorten (z.B. Auszüge aus sozialen Netzwerken, Zeitungsberichte etc.) beleuchtet. Und die Themen, die dabei angeschnitten werden, sind bedeutungsschwer. Es geht um Schein und Sein, es geht um Verantwortung und Schuld, es geht um Toleranz und Empathie, es geht um Naivität und Leichtsinn, um Ignoranz und Impertinenz und um vieles mehr. In diesem Text steckt einfach so viel. Er strotzt vor Tragik und Fehlentscheidungen. Die freudige Urlaubsatmosphäre findet durch eine Katastrophe ein jähes Ende und was dann im Nachgang folgt, hat mich einfach gepackt und erschüttert. Ich war während der gesamten Lektüre stark emotionalisiert, vor allem die Familiengeschichte der Ahmeds hat mich bewegt.

 

Es geht um die Reaktionen auf den tragischen Vorfall. Reaktionen der beteiligten Familienmitglieder. Und auch Reaktionen im Netz. Die Situationsunangemessenheit vieler Äußerungen in den sozialen Netzwerken kommt gut zum Ausdruck. Eine sehr treffende Kritik! Streitigkeiten über Verantwortung treten zutage, Egoismen bestimmen an vielen Stellen die Handlungsweisen der Figuren. Und die Tochter der Strobl-Marineks flüchtet sich in die virtuelle Realität. Im Zentrum steht die Frage, wie die Figuren jeweils auf ihre eigene Art mit dem Schicksalsschlag umgehen. Und das, was der Autor entwirft, wirkt auf mich alles sehr lebensecht, authentisch und realistisch, wie aus dem Leben gegriffen. Das betrifft besonders auch die Gestaltung der Beziehungsverhältnisse der verschiedenen Charaktere. Einfach großartig und anerkennenswert! Und hinzu kommt nicht zuletzt auch noch ein äußerst kreativer Umgang mit Sprache. Auch die Sprechweise von Pierre ist treffend gestaltet! Das rundet das Werk noch einmal zusätzlich ab.

 

Fazit

Ein Werk, bei dem in meinen Augen einfach alles stimmt. Das Buch emotionalisiert nicht nur sehr stark, auch die erzählerische und sprachliche Gestaltung sind herausragend. Und inhaltlich hat „Die spürst du nicht“ unglaublich viel zu bieten, es werden so viele wichtige Themen aufgegriffen, die Figuren wirken dabei so lebensecht und realistisch. In meinen Augen hat dieses Buch ganz klar Bestseller-Qualität. Das Schicksal der Mohameds und die Reaktionen der Verantwortlichen sind bewegend. Und die Kritik an gesellschaftspolitischen Zuständen, die Glattauer mit diesem Werk zum Ausdruck bringt, ist sehr treffsicher und sicherlich auch berechtigt. Klare 5 Sterne!