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Mittwoch, 19. Juli 2023

Wells, Benedict - Hard Land


5 von 5 Sternen



Ein unvergesslicher Sommer in Grady


Missouri 1985: Die erste Liebe, der erste Sommerferien-Job, mittendrin der schüchterne, introvertierte Jugendliche Sam und seine Eltern, die mit einer Krebserkrankung und Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben. Benedict Wells legt mit „Hard Land“ ein sehr einfühlsam erzähltes Werk vor, das sehr realistisch und authentisch wirkt. Die Handlung spielt in den 80er Jahren und das Gefühl dieser Zeit und das der Jahreszeit werden sehr gut eingefangen (Assoziationen zum Film „stand by me – das Geheimnis eines Sommers“ stellen sich ein). Die Ereignisse werden von dem Ich-Erzähler Sam im Rückblick erzählt.

 

Der Inhalt bewegt und lässt mich als Leser traurig zurück. Über den Zeilen schwebt Melancholie. Und das zeigt sich auch bei den Figuren. Der Vater z.B. ist überfordert mit der Lebenssituation und hat Schwierigkeiten damit, seinem Sohn gegenüber Gefühle zu zeigen. Und der 15-jährige Sam wirkt auf mich verzweifelt. Die Krankheit seiner Mutter überfordert ihn und der Kampf gegen den Krebs erscheint ihm aussichtslos. Eine äußerst belastende Situation (auch für mich als Leser). Ein starker Kontrast entsteht, die beschwerliche Situation zu Hause auf der einen Seite und entstehende Freundschaften während der Ausübung des Ferienjobs auf der anderen Seite. Alltägliche Sorgen um die Mutter einerseits und das Ausleben der jugendlichen Freiheit andererseits.

 

Das Gefühl von Jugend, Freiheit, Leichtsinn und Unbekümmertheit kommt gut zum Ausdruck. Noch wissen die jugendlichen Protagonisten nicht, wohin sie ihr Leben treibt. Und die Begebenheiten des Cliquen-Lebens, von denen erzählt wird, sind atmosphärisch dicht und treffend aufgeladen. Es ist ein ereignisreicher Sommer für Sam: Liebeskummer und Sehnsucht, Gefühlschaos, Mutproben, Lagerfeuerromantik. Und zeitgleich: Angst vor dem Verlust der Mutter und Konfrontation mit dem Tod. Dieses Buch hat es in sich! Man wird bei der Lektüre emotional stark gefordert. Einerseits fühlt man sich selbst jung, wenn man das Buch liest und wird an die eigene Jugendzeit erinnert, andererseits ist da dieses Tieftraurige, wenn es um die belastende Familiensituation geht. Die Jugend von Sam wird überlagert von der Krebserkrankung der Mutter. Eine stetige Verschlechterung des Gesundheitszustands schwebt über allem. Es wird eine große Bandbreite von Emotionen beim Lesen hervorgerufen. Das ist beachtlich und der Autor hat das große Talent, sehr intensive Wirkung zu erzeugen. Grandios! Ich war ergriffen davon, was dieses Buch mit mir anstellt, wie sehr ich emotional mitgenommen worden bin.

 

Abschließend möchte ich noch auf die gelungene Integration einer weiteren Textebene in Form eines Gedichts eingehen. Dieses fiktive Gedicht trägt den Titel „Hard Land“ und taucht immer wieder auf. Es eröffnet wunderbare intertextuelle Interpretationsspielräume. Eine schöne Idee des Autors! Vor allem das Ende, fand ich klasse: Beide Textebenen verschmelzen kreativ miteinander. Und mit der Interpretation des Gedichts am Ende des Romans wird gleichzeitig eine mögliche Interpretation des Werks selbst eröffnet. Das hat mir richtig gut gefallen! Es gibt auch viele weitere intermediale und intertextuelle Verweise, die sich wunderbar vor dem Hintergrund des Ausgangstexts interpretieren lassen. Ein großartig kunstvolles Arrangement, wie ich finde! Von mir gibt es für dieses Buch 5 Sterne.

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