Dr. Tobias Kallfell - Rezensionen
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Donnerstag, 16. Oktober 2025
Schneider, Frank Holger - Ennos Tanz
Montag, 13. Oktober 2025
Wells, Benedict - Hard Land
Der
Inhalt bewegt und lässt mich als Leser traurig zurück. Über den Zeilen schwebt
Melancholie. Und das zeigt sich auch bei den Figuren. Der Vater z.B. ist
überfordert mit der Lebenssituation und hat Schwierigkeiten damit, seinem Sohn
gegenüber Gefühle zu zeigen. Und der 15-jährige Sam wirkt auf mich verzweifelt.
Die Krankheit seiner Mutter überfordert ihn und ihr Kampf gegen den Krebs
erscheint ihm aussichtslos. Eine äußerst belastende Situation. Ein starker Kontrast entsteht, die beschwerliche Situation zu Hause
auf der einen Seite und die entstehenden Freundschaften während der Ausübung des
Ferienjobs auf der anderen Seite. Alltägliche Sorgen um die Mutter einerseits
und das Ausleben der jugendlichen Freiheit andererseits.
Das
Gefühl von Jugend, Freiheit, Leichtsinn und Unbekümmertheit kommt gut zum
Ausdruck. Noch wissen die jugendlichen Protagonisten nicht, wohin sie ihr Leben
treibt. Und die Begebenheiten des Cliquen-Lebens, von denen erzählt wird, sind
atmosphärisch dicht und treffend aufgeladen. Es ist ein ereignisreicher Sommer
für Sam: Liebeskummer und Sehnsucht, Gefühlschaos und Mutproben. Und zeitgleich: Angst vor dem Verlust der Mutter und
Konfrontation mit dem Tod. Dieses Buch hat es in sich! Man wird bei der Lektüre
emotional gefordert. Einerseits fühlt man sich selbst jung, wenn man das
Buch liest und wird an die eigene Jugendzeit erinnert, andererseits ist da
dieses Tieftraurige, wenn es um die belastende Familiensituation geht. Die
Jugend von Sam wird überlagert von der Krebserkrankung der Mutter. Eine stetige
Verschlechterung des Gesundheitszustands schwebt über allem. Es wird eine große
Bandbreite von Emotionen beim Lesen hervorgerufen. Das ist beachtlich und der
Autor hat das große Talent, eine intensive Wirkung zu erzeugen.
Abschließend
möchte ich noch auf die gelungene Integration einer weiteren Textebene in Form
eines Gedichts eingehen. Dieses fiktive Gedicht trägt den Titel „Hard Land“ und
taucht immer wieder auf. Es eröffnet wunderbare intertextuelle
Interpretationsspielräume. Eine schöne Idee des Autors! Vor allem das Ende,
fand ich klasse: Beide Textebenen verschmelzen kreativ miteinander. Und mit der
Interpretation des Gedichts am Ende des Romans wird gleichzeitig eine mögliche Interpretation
des Werks selbst eröffnet. Das hat mir richtig gut gefallen. Es gibt auch viele
weitere intermediale und intertextuelle Verweise, die sich wunderbar vor dem
Hintergrund des Ausgangstexts interpretieren lassen. Ein großartig kunstvolles
Arrangement, wie ich finde! Von mir gibt es für dieses Buch 5 Sterne.
Freitag, 10. Oktober 2025
Scarlett, Sophie - Totgespritzt
Dem Mörder auf der Spur
Vor unserem inneren Auge werden alle Facetten von Polizeiarbeit ausgebreitet: Die Spurensicherung, die rechtsmedizinische Untersuchung des Leichnams, die Informierung der nächsten Angehörigen über den Todesfall, Zeugenbefragungen und die Vernehmungen von Verdächtigen. Und wir lernen eine charismatische Ermittlerin kennen, die unter Panikattacken leidet: Johanna Baro. Es gibt viele Textstellen, die heftig unter die Haut gehen. Das Geschriebene kann oft emotionale Betroffenheit erzeugen. Das hat mir richtig gut gefallen. Auch der klare Schreibstil der Autorin überzeugt über weite Strecken und kann fesseln. Darüber hinaus wird den Figuren durch Rückblicke eine psychologische Tiefe verliehen. Das ist geglückt. Der Thriller offenbart viele gute Ansätze: So hat mir auch gefallen, wie Handlungsstränge parallel entwickelt werden und zusammen kulminieren (die Entwicklung des Täters auf der einen Seite, der Fortgang der Ermittlungen auf der anderen Seite). Später ist es dann die zeitgleiche Befragung von Zeugen durch die beiden polizeilichen Ermittler, die mich überzeugt hat. Beide Vernehmungen greifen gut ineinander und sind durch flotte Perspektivwechsel gut aufeinander abgestimmt. Die packendste Stelle war für mich, als wir nah am Täter drin sind und geschildert wird, wie dieser seine Tat plant und ausführt. Diese Passagen habe ich mich hoher innerer Anspannung gelesen. Das innere Erleben der Figuren ist oft nachvollziehbar und anschaulich greifbar. Eine atmosphärisch dichte Beschreibung, die treffend zur Situation passt, wird ebenfalls stellenweise gut deutlich. Der Wechsel zwischen Gegenwarts- und Vergangenheitsebene ist vor allem in der ersten Hälfte des Buchs gut durchdacht. Kurzum: Die Autorin macht in ihrem Debut vieles richtig.