Dr. Tobias Kallfell - Rezensionen
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Dienstag, 1. Juli 2025
Reeves, Royston - Ich wars nicht
Samstag, 28. Juni 2025
The last of us (Staffel 2)
Dienstag, 24. Juni 2025
Kvensler, Ulf - Die Insel
Mittwoch, 18. Juni 2025
Pätzold, Oliver - 30 Tage
Montag, 16. Juni 2025
Paolini, Christopher - Fractal Noise
Donnerstag, 12. Juni 2025
Russ, Rebecca - Der Weg
Hammer-Buch
Der Einstieg in den Thriller erfolgt
unmittelbar, es geht direkt los. Eh man sich versieht, sitzen beide Freundinnen
bereits im Flieger nach Schweden und verbringen noch eine Nacht in einer Pension,
bevor sie dann loslaufen. Sie lassen sich auch von den widrigen Wetterbedingungen
nicht abhalten.
Während der Wanderung wird das
Beziehungsverhältnis von Jules und Nicki vertieft. Beide haben sich auseinandergelebt
und Nicki hat eine schwere Zeit hinter sich. Doch was genau in ihr vorgeht,
gibt sie ihrer Freundin nicht preis… Sie wirkt aber oft abwesend und mit den
Gedanken woanders. Als Leser beginnt man natürlich zu rätseln, was mit ihr los
ist. Das ist geschickt arrangiert!
Weiterhin wird schnell deutlich,
dass Jules sich sehr auf die Wanderkompetenz ihrer Freundin verlässt, v.a. was
die Navigation angeht. Das wird ihr bald zum Verhängnis. Denn nach einer gemeinsamen
Nacht im Zelt, wacht Jules am nächsten Morgen allein auf und weiß nicht, wo Nicki
steckt. Verzweifelt macht sie sich auf die Suche nach ihr und ist ganz auf sich
allein gestellt. Sie ist orientierungslos und weiß nicht, was sie tun soll. Sie
agiert dabei ziemlich leichtsinnig und schon bald verläuft sie sich…Die
Situation wird brenzlig und gewinnt an Dynamik. Und gleichzeitig stellt man
sich die Frage, was mit Nicki passiert ist. In meinen Augen eine äußerst spannende
Ausgangssituation! Und mit zunehmendem Handlungsverlauf wird der Plot immer
spannender und wendungsreicher. Ich wollte das Buch nicht mehr aus der Hand
legen, die Bedrohungssituation spitzt sich immer mehr zu. Eine Sogwirkung beim
Lesen entstand! Ich habe das Schicksal von Jules mit Anspannung begleitet und bin
auch an einigen Stellen vom Verlauf des Inhalts überrascht worden. Die
Darstellung des inneren Zustands von Jules hat mich ebenfalls überzeugt.
Eingeschoben sind auch regelmäßige
Rückblicke, die im weiteren Handlungsverlauf eine weitere Dynamik erzeugen. Ich
will über sie nicht zu viel verraten, denn sie haben eine wichtige Funktion. Nur
so viel: Sie sind ein absoluter Gewinn für die Handlung! Durch sie erhalten die
Figuren viel mehr Tiefe und ich konnte dadurch eine bessere Beziehung zu ihnen
aufbauen und mehr mitfiebern.
Insgesamt liest sich das Buch
sehr flüssig. Ich bin nur so durch die Seiten gerast. Vieles von dem, was ich
gelesen habe, ging sehr unter die Haut und hat mich emotional gepackt. Das Setting erinnerte mich sehr an „Der Ausflug“ von Ulf Kvensler, aber es lassen sich in
meinen Augen auch gut Bezüge zu Freida McFaddens „Wenn sie wüsste“ herstellen. Das
Buch hat mich von Anfang bis Ende gefesselt. In meinen Augen ist der Autorin
hier ein ganz großer Wurf gelungen. Ich bin gespannt, ob sie es damit in die
Bestseller-Listen schafft. Ich bin jedenfalls auf weitere Bücher der Autorin
gespannt!
Montag, 9. Juni 2025
Bradley, Kaliane - Das Ministerium der Zeit
Interessanter Genre-Mix
Der Ich-Erzählerin kommt die
Aufgabe zu, Commander Graham Gore (1809-1847) von der Royal Navy zu betreuen. Er
nahm an der tragischen Franklin-Expedition in die Arktis teil (Stichwort für
weitere Recherchen: HMS Erebus), bei der er gestorben wäre, wenn ihn der
Transfer in die Gegenwart nicht gerettet hätte. Zusammen mit dem Begleitschiff
HMS Terror wollte man eine Nordwestpassage durch die kanadische Arktis
ausfindig machen. In eingeschobenen Rückblicken zu Beginn jedes Kapitels wird
geschildert, was Gore und der Besatzung beider Schiffe damals widerfahren sein
könnte. Erfreulicherweise werden im Nachwort zudem noch einige wichtige
historische Hintergrundinformationen zu dieser Mission integriert, die ich mit
Interesse gelesen habe. Der reale historische Hintergrund wertet den Inhalt des
Buchs in meinen Augen noch einmal auf.
Erwartungsgemäß hat Graham Gore
einige geschichtliche Entwicklungen verpasst, als er sich im 21. Jh.
wiederfindet, und tut sich anfangs etwas schwer mit den Veränderungen. Er muss
viele neue Informationen verarbeiten und „verdauen“. Vieles nimmt er mit
Erstaunen zur Kenntnis. Um sicherzustellen, dass er keine negativen Folgen
durch die Zeitreise erfahren hat, wird der Commander heimlich durch das
Ministerium überwacht. Und die Begegnung
zwischen dem Zeitreisenden und seiner „Brücke“ wird humorvoll beschrieben.
Allerdings erlebt Graham auch
keinen „Kulturschock“ und ist durchaus in der Lage, sich an seine neue Umgebung
anzupassen. Schon bald kann er Computer bedienen und Streaming-Dienste nutzen. Für
mich war es letztlich erstaunlich, wie „integrationswillig“ er ist. Da hätte
ich mir schon ein paar Auseinandersetzungen oder Schwierigkeiten mehr
gewünscht. Gore stellt insgesamt wenig in Frage, eckt wenig an. Sein
Integrationsprozess verläuft (zu?) reibungslos. Ich hätte mir darüber hinaus
noch mehr Passagen gewünscht, in denen geschildert wird, wie Graham Dinge aus
dem 21. Jh. zum ersten Mal erlebt. Da wurde für mich etwas Potential
verschenkt.
Im weiteren Handlungsverlauf kommt es zu einer Annäherung zwischen Gore und seiner „Brücke“. Das verleiht der Handlung etwas Schwung. Dabei ist es amüsant zu lesen, in welch veralteten Rollenvorstellungen der Commander denkt und wie er sich gegenüber seiner Aufpasserin verhält. Die Liebe zwischen beiden Figuren entwickelt sich äußerst zaghaft-zurückhaltend und wird zunächst nur dezent entfaltet. Sie intensiviert sich aber mit der Zeit (jedoch sie nimmt weniger Raum ein, als ich anfangs vermutet hatte). Später zieht dann auch die Spannung plötzlich an, als eine unbekannte Bedrohung das Leben der Zeitreisenden bedroht. Dann entwickelt sich auf einmal eine Art Spionage-Thriller. Und die Auflösung ist gelungen. Anders ausgedrückt: Dieses Buch bietet unheimlich viel und ist ein interessanter Genre-Mix. Durch den historischen Hintergrund ähnelt das Buch einem historischen Roman, aber es weist auch Elemente von Science-Fiction, von einem Thriller und von einem Liebesroman auf. Eine klare Genre-Einordnung fällt hier schwer. Die zentrale Frage ist, ob man sich auf einen solchen Mix einlassen kann oder ob sich die Leserinnen und Leser lieber gewünscht hätten, dass die Autorin eine entschiedenere Richtung einschlägt. Das muss jede und jeder für sich selbst beantworten. Mir hat diese Mischung jedenfalls gut gefallen. Ich gebe 4 Sterne!