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Montag, 2. Dezember 2024

Kaltenegger, Lisa - Sind wir allein im Universum. Meine Suche nach Leben im All


Tolles Überblickswerk zum Thema "Exoplaneten"



Lisa Kaltenegger legt ein äußerst verständlich geschriebenes Buch mit dem Titel „Sind wir allein im Universum? Meine Suche nach Leben im All“ vor, in dem sie sich dem Forschungsgegenstand von Exoplaneten widmet und die Frage danach stellt, ob dort außerirdisches Leben möglich ist und wie wir es überhaupt entdecken können. Dank zahlreicher textunterstützender Illustrationen wird der Inhalt an vielen Stellen anschaulich nähergebracht.

 

Kapitel 1 – 4,6 Mrd. Jahre Einsamkeit

In diesem Kapitel erläutert die Autorin zunächst, welche Typen von Exoplaneten es gibt. Hier sind Mini-Neptune, Super-Erden, Eisgiganten, Heiße Jupiter und sog. Steppenwölfe zu nennen, die jeweils mit ihren Spezifika vorgestellt werden. Die Forschung habe am meisten Interesse an Felsplaneten, die sich in einer habitablen Zone befinden. Gleichzeitig macht Kaltenegger aber auch am Beispiel der Drake-Formel und des Fermi-Paradox klar, welche gewaltigen Hürden zu nehmen sind, um überhaupt außerirdisches Leben zu entdecken. Abschließend legt sie dar, was sich die Forschung von der Erforschung von Exoplaneten verspricht.

 

Kapitel 2 – Unser Platz im Universum

Hier rücken v.a. Sterne als Forschungsobjekt in den Mittelpunkt. So wird zunächst auf unsere Sonne eingegangen und erläutert, wie weit unser Heimatstern von anderen Sternen entfernt ist. Danach wird uns der Evolutionsprozess veranschaulicht, den ein Stern durchläuft. In diesem Zusammenhang wird auch dargelegt, was im Inneren eines Sterns für chemische Prozesse stattfinden. Des Weiteren wird erklärt, mit welchen Geschwindigkeiten sich Sterne (teils voneinander) entfernen. Dabei wird in meinen Augen gut deutlich, welche unvorstellbare Ausdehnung unser Kosmos einnimmt, sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht. Abschließend wirft die Autorin einen Blick auf das kosmische Zentrum unserer Milchstraße und wagt eine Vorausschau auf die Zukunft unserer Galaxie. In diesem Kontext wird auch auf den Ursprung unseres Universums verwiesen und Kaltenegger geht der Frage nach, wie groß der beobachtbare Teil unseres Kosmos ist. Kurzum: Eine gut strukturierte und verständlich-kompakte Sammlung von zentralen Fakten, die jeder kosmologisch versierte Laie schon einmal irgendwo gelesen oder gehört hat.

 

Kapitel 3 – Faszinierende Welten in unserem Sonnensystem

Die Autorin rückt nun unser Sonnensystem stärker ins Zentrum des Interesses. Mit anschaulichen Analogien wird die unterschiedliche Dichte der einzelnen Planeten gut erläutert. Auch die Entfernung der verschiedenen Planeten von der Sonne wird sehr bildhaft veranschaulicht. In diesem Kontext wird auch auf die Gravitationskraft von Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Neptun und Uranus eingegangen und dargestellt, wie die Menschen die Anziehungskraft nutzen, um Flugobjekte durchs Sonnensystem zu manövrieren. Am Ende des Kapitels finden auch Zwergplaneten Erwähnung (hierzu zählt auch Pluto). Darüber hinaus widmet sich Kaltenegger der Frage, wie ein Planetensystem entsteht. Hierbei wird unser Planetensystem mit Kepler-11 und Kepler-62 in Beziehung gesetzt. Weitere Inhalte dieses Kapitels: Die Entstehung von Jahreszeiten auf der Erde (Achtung: Hierfür ist die Achsenneigung der Erde verantwortlich!), die spezifischen Charakteristika des Erdmondes. Abschließend begibt sich die Autorin auf eine Reise durch unser Sonnensystem und schenkt solchen Himmelskörpern besondere Aufmerksamkeit, auf denen Leben existieren könnte (= Venus, Mars, die Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Kallisto, die Saturnmonde Enceladus und Titan).

 

Kapitel 4 – Werkzeuge für die Suche nach fremden Planeten

In diesem Kapitel werden die verschiedenen Methoden vorgestellt, mit denen man Exoplaneten aufspüren kann. Dies geschieht z.B. anhand von Wackelbewegungen eines Sterns, wie die Autorin sehr verständlich erläutert. Was mir in diesem Zusammenhang nur nicht ganz klar geworden ist, ist Folgendes: Wie kann man anhand der Wackelbewegung eines Sterns feststellen, ob an ihm nur ein oder mehrere Planeten ziehen? Oder anders gefragt: Wie kann man feststellen, ob nur ein oder gar mehrere Planeten für die Wackelbewegung eines Sterns verantwortlich sind? Wackelt der Stern dann mehrfach? Oder bewirken mehrere Planeten ein größeres Wackeln? Des Weiteren geht die Autorin auf den ersten entdeckten Planeten außerhalb unseres Sonnensystems ein (51 Pegasi b). Interessant fand ich auch den Hinweis darauf, dass es für die Forschung leichter ist, massereiche Planeten zu entdecken, die in kurzem Abstand um einen Stern kreisen, weil sie leichter identifizierbare Wackelbewegungen zur Folge haben. Dies führt natürlich dazu, dass man anfangs v.a. auf Heiße Jupiter stieß.

Eine weitere Methode ist die Transitmethode, bei der sich ein Stern aufgrund der Umrundung eines Planeten um ihn teilweise verdunkelt. Es lassen sich Helligkeitsschwankungen messen und anhand der Größe der Schwankungen kann man wiederum Rückschlüsse auf die Größe des Planeten ziehen, der einen Stern umkreist. Und auch hier stechen der Forschung natürlich v.a. solche Himmelskörper ins Auge, die ihren Stern in kurzen Abständen (und damit schneller) umkreisen und einen häufigeren und/ oder größeren Verdunklungseffekt nach sich ziehen. Ist ein Planet weit vom Stern entfernt und benötigt mehrere Jahre für die Umrundung, so ist er schwerer auszumachen, weil man viel Geduld für die Beobachtung aufbringen muss. Auch die Größe des Sterns (und des Planeten) ist ein wichtiger Einflussfaktor. Bei einem kleinern Stern lassen sich Helligkeitsschwankungen leichter feststellen, weil ein Planet mehr Oberfläche abdeckt. Gleichzeitig sind kleinere Planeten schwerer auszumachen, da sie weniger Fläche verdunkeln.

Interessant ist auch, dass Kaltenegger darauf hinweist, dass andere Planetensysteme teils ganz andere Planetenkonstellationen aufweisen als unser eigenes Sonnensystem. Es existiert eine große Bandbreite an möglichen Formationen. Und die Autorin weist auch auf mögliche Fehlerquellen bei den Messungen hin, die das Ergebnis verfälschen können. Gleichzeitig wagt sie einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft. Wenn die Messungen noch genauer werden, weil die Instrumente besser sind (Stichwort: PLATO-Mission), so wird man vielleicht bald sogar schon Exomonde ausfindig machen können. Ungeklärt ist auch noch folgende Forschungsfrage: Warum umkreisen Heiße Jupiter ihren Stern oft in falscher Richtung?

Eine weitere Methode zum Aufspüren von Exoplaneten ist die der direkten Bildaufnahme. Dafür erläutert Kaltenegger zunächst, wie es möglich ist, über solch gewaltige Distanzen, das Licht eines Sterns auszublenden, um auf diese Weise Planeten zu entdecken, die dann nicht mehr länger vom Licht des Sterns überstrahlt werden. Als Beispiel stellt sie uns die Sterne HR 8799, Beta-Pictoris sowie Formalhaut vor. Der Stern Formalhaut z.B. wird nur von einem einzigen Planeten umkreist. Bei dieser Methode wird auch wieder eine Herausforderung deutlich. Mit der direkten Bildaufnahme sind v.a. solche Planeten gut auszumachen, die sich in einer großen Distanz zum Stern bewegen (einfach weil sie dann nicht so stark vom Licht des Sterns überstrahlt werden).

 

Kapitel 5 – Toplage ist nicht alles oder: Die Habitable Zone

Nun konzentriert sich die Autorin auf die Habitable Zone als aussichtsreicher Raum für mögliches Leben (wie wir es kennen…). Interessant ist in diesem Zusammenhang der Hinweis von Kaltenegger, dass die Habitable Zone veränderlich ist und sich verschiebt, abhängig vom Alter eines Sterns, seiner Größe und Helligkeit. So ist zu beachten, dass Sterne unterschiedlich lange existieren. Hier stellt sich die überaus interessante Frage, wie viel Zeit dafür notwendig ist, dass sich Leben entwickeln kann. Sind Sterne mit einer kürzeren Lebensdauer überhaupt aussichtsreiche Kandidaten für die Suche nach außerirdischem Leben?

Der älteste Exoplanet, den man bisher gefunden hat, nennt sich Kepler-444 und ist 11 Mrd. Jahre alt. Spannend finde ich in diesem Zusammenhang auch den Gedanken, in wie weit sich unser irdisches und mögliches außerirdisches Leben überhaupt im Gleichklang entwickeln kann. Wer kann schon wissen, ob auf anderen Welten nicht schon Milliarden Jahre vor uns Leben existiert (hat) oder nach uns existieren wird. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich zur gleichen Zeit in beobachtbarer Nähe zueinander intelligentes Leben entwickelt? 

Des Weiteren brauchen Planeten in der Habitablen Zone weitere Eigenschaften, um Leben hervorbringen zu können, z.B. eine bestimmte Geologie sowie das Vorhandensein einer Atmosphäre.

 

Kapitel 6 – Spurensuche nach Leben im All

In diesem Kapitel geht es um die Methoden der Erforschung der Atmosphäre von Exoplaneten. Jeder Planet liefert uns eine Art „Licht-Fingerabdruck“, so die Autorin. Mit Hilfe dieses Abdrucks lässt sich die Atmosphäre genauer analysieren. Dafür nimmt man einen Spektrografen zur Hilfe. V.a. das neue James-Webb-Teleskop hilft dabei, ausreichend Licht von kleineren Exoplaneten einzufangen und auszuwerten. Des Weiteren erläutert Kaltenegger, dass nicht nur ein Bestandteil für sich allein genommen, bereits ein Indiz für Leben ist. Weder Wasser allein noch Sauerstoff allein noch CO2 allein erlaubt eine Aussage darüber, ob es auf einem Exoplaneten Spuren von Leben gibt. Es kommt auf die richtige Kombination an. Das beste Indiz für Leben sei das Vorhandensein von Sauerstoff oder Ozon + Methan auf einem Planeten in einer Habitablen Zone. Für die Erforschung komme aber erschwerend hinzu, dass sich der Licht-Fingerabdruck im Laufe der Zeit verändert. Es handelt sich also nicht um eine feste Größe. Da wir das Licht eines Planeten immer erst zeitversetzt empfangen, wissen wir also nicht, ob nicht auf einem Planeten in diesem Moment Leben existiert, auch wenn es im Spektrum vielleicht noch nicht erkennbar ist. Darüber hinaus lässt sich nicht einschätzen, welche Art von Leben auf einem fremden Planeten existieren könnte (Einzeller vs. intelligentes Leben). Was aber erstaunlich ist: Mit Hilfe der neuesten Generation von Teleskopen kann man anhand der Auswertung von Helligkeitsschwankungen etwas über Rotation des Planeten ableiten. Was wir jedoch wieder nicht wissen, ist der Umstand, wie sich verschiedene Tageslängen auf die Entwicklung von Leben auswirken. Wie viel Sonnenlicht pro Tag benötigt Leben z.B., damit es sich entwickeln kann? Und wie ist es mit der Schwerkraft? Wie wirkt diese sich auf die mögliche Entwicklung von Leben aus? Auch das sind noch offene Fragen. Weiterhin müsste man im Idealfall auch noch mehr über die geologische Aktivität eines Exoplaneten wissen…

 

Kapitel 7 – Der perfekte Planet

In diesem Kapitel widmet sich die Autorin der Frage, wie außerirdisches Leben aussehen könnte. Vermutlich wird es ebenfalls auf der Basis von Kohlenstoff basieren, so Kalteneggers Vermutung. Am Beispiel der sogenannten Kleinen Wasserbären verdeutlich sie aber, dass Leben extreme Formen annehmen kann. Kleine Wasserbären können z.B. bei -200Grad bis +100 Grad existieren, sie kommen 10 Jahre ohne Wasser aus, vertragen eine hohe Strahlendosis und können im Weltraum für 10 Tage ohne Schutzanzug überleben. Die Beschaffenheit von Leben auf anderen Planeten könnte ganz anders sein als auf der Erde. Die Umweltfaktoren könnten ganz andere sein. Denkbar ist z.B., dass außerirdisches Leben einer höheren Strahlung oder einer stärkeren bzw. schwächeren Schwerkraft ausgesetzt ist.

 

Kapitel 8 – Die Top Ten Planeten, die unser Weltbild revolutioniert haben

Abschließend erstellt die Autorin eine Liste mit zehn Exoplaneten, die für sie besonders erwähnenswert sind. Der erste Planet, den sie nennt, ist 51 Pegasi b (1995 entdeckt). Bei ihm handelt es sich um den ersten Heißen Jupiter überhaupt, den man aufspürte. Er braucht nur wenige Tage, um seinen Stern zu umrunden. Planet Nr. 2: HD 209458 b (1999 entdeckt). Sein Jahr dauert nur dreieinhalb Erdtage. Planet Nr. 3: CoRoT-7b (2009 entdeckt). Ein Felsplanet, der auf mehr als 1000 Grad erhitzt wird. Planet Nr. 4: Gliese 581 d (2009 entdeckt). Ein erster aussichtsreicher Planet für Leben. Er befindet sich in einer Habitablen Zone, umkreist allerdings einen Roten Riesen, der viel älter ist als die Sonne. Planet Nr. 5: GJ 1214 b (2009 entdeckt). Der erste Mini-Neptun, also ein kleiner Gasplanet, zu dem es in unserem Sonnensystem keine Entsprechung gibt. Planet Nr. 6: Kepler-10c (2011 entdeckt). Umrundet seinen Stern in 45 Tagen und ist 20 Mal so schwer wie unsere Erde. Er verdeutlicht, dass Felsplaneten viel größer sein können, als man zwischenzeitlich annahm. Man bezeichnet solche Welten als Mega-Erden. Planet Nr. 7: Kepler-16b (2011 entdeckt). Ein interessanter Planet, weil er von zwei Sonnen beschienen wird. Planet Nr. 8: Kepler-62e und Kepler-62f (2013 entdeckt). Zwei sehr erdähnliche Planeten in einer Habitablen Zone. Beide könnten evtl. lebensfreundlich sein. Noch steht die Auswertung ihres Licht-Fingerabdrucks aus. Planet Nr. 9: Proxima Centauri b (2016 entdeckt). Ein spannender Planet, weil er nur vier Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Planet Nr. 10: PSR B1257+12A, B und C (schon 1992 entdeckt). Diese Welten sind von Interesse, weil sie um explodierte Sterne kreisen und damit einen Blick in die Zukunft erlauben.

Kaltenegger macht klar, dass es auch in Zukunft spannend bleibt. So ist noch offen, inwieweit unser Sonnensystem als „normal“ gelten kann. Unterscheidet sich unser System stark oder kaum von anderen Planetensystemen? Ist es gar einzigartig? Oder gibt es ähnliche Systeme? Die Wissenschaft ist jedenfalls immer wieder erstaunt, in welchen Abständen sich Planeten bilden können. Bisher lassen sich keine allgemeinen Regeln formulieren, wo Planeten überhaupt entstehen können. Es ist davon auszugehen, dass noch viele weitere Exoplaneten entdeckt werden und die technischen Möglichkeiten der Auswertung des Lichts immer exakter werden. Vielleicht ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis man einen sehr erdähnlichen Planeten finden wird…

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