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Donnerstag, 21. November 2024

Fox, Brad - Leuten am Meeresgrund. Aus dem Logbuch der ersten Tiefsee-Expedition


Pionierarbeit



Von dem Sachbuch „Leuchten am Meeresgrund. Aus dem Logbuch der ersten Tiefsee-Expedition“ hatte ich mir viel versprochen. Es ist ein Buch über die Pionierarbeit von Otis Barton und William Beebe, die mit ihrer Bathysphäre als erste Forscher überhaupt so tief unter die Meeresoberfläche getaucht sind. Ihr Rekord liegt bei 923 m. Vor den Tauchgängen von Barton und Beebe wusste man nichts darüber, welche Kreaturen sich in der Tiefe des Ozeans verbergen. Beide haben einen völlig neuen Kosmos erschlossen. Ein Kosmos auf der Erde selbst. Ein Kapitel der Menschheitsgeschichte ebenso spannend wie die Mondlandung, wie ich finde. Bei der Lektüre habe ich mich des Öfteren gefragt, wie es sein muss, in einer Tauchkugel so weit in die Tiefe vorzudringen. Und das Buch startet auch vielversprechend.

 

Im ersten Kapitel sind wir am 11.06.1930 dabei, als die von Otis Barton und William Beebe erbaute Bathysphäre erstmals ins Wasser des Ozeans abtaucht. An Deck des Forschungsschiffs protokolliert Gloria Hollister mit Hilfe eines Notizbuchs die Beobachtungen, die die beiden Männer unter der Wasseroberfläche machen. In 300m Tiefe beobachten sie winzige Garnelen in ihrem natürlichen Lebensraum. Bei ihrem ersten Tauchgang geht es hinunter bis auf 427m. Eingebunden in den Text sind auch Abbildungen, die den Text auflockern. Beebe, Hollister und Barton werden zudem näher porträtiert. Dabei wird die gegenseitige Zuneigung von Beebe und Hollister ebenso deutlich wie die Faszination der drei Forscher für die Tierwelt des Ozeans.

 

Auch das zweite Kapitel weiß zu überzeugen. Darin streifen wir die Tierwelt, die man außerhalb der Bathysphäre entdeckt hat. Hierbei stechen vor allem die bioluminiszierenden Fische hervor. Auch untersucht Beebe mit Hilfe eines Spektroskops die Veränderung des Lichtspektrums unter Wasser. In diesen Zusammenhang streut der Autor auch einige wissenschaftshistorische Exkurse zum Thema der Erforschung von Licht und Farbe bei. Sehr interessant!

 

Doch nach diesem vielversprechenden Beginn des Buchs, der mich wirklich für sich eingenommen hat, nimmt die Qualität der Darstellung in meinen Augen stark ab. Nach meinem Eindruck schafft es der Autor nicht, eine stringente Erzählung aus den historischen Begebenheiten zu formen. Vieles bleibt Stückwerk. Teilweise sind die Kapitel recht knapp und zusammenhanglos verfasst. So werden uns z.B. in Kapitel 3 einige biographische Stationen von Beebe erläutert, z.B. seine Begegnung mit Charles Darwin und Theodor Roosevelt. Danach erhalten wir Einblick in einige Tierstudien von Beebe, die er als Biologe noch vor dem ersten Tauchgang mit der Bathysphäre durchgeführt hat etc.

 

Es handelt sich bei den Kapiteln nach meinem Eindruck um einzelne episodenhafte Ausschnitte, die recht unverbunden nebeneinanderstehen. Zusammenhänge werden nicht immer gut deutlich (z.B. Kap. 10-15). Schade! Dabei fällt auch auf, dass vor allem Beebe mit seinen Leistungen und seiner Biographie in den Vordergrund rückt, Hollister wird nur am Rande einmal erwähnt und der Ingenieur Otis Barton kommt so gut wie nicht vor, obwohl letzterer die Bathysphäre konstruiert hat. Darüber hätte ich auch noch gern mehr erfahren. Auch der Schreibstil schafft Distanz zum Geschehen. Er kommt sehr sachlich, rational, unemotional, nüchtern-protokollartig daher. Wie es sich anfühlt, so tief zu tauchen, und das in einer so kleinen Tauchkugel, das kam mir nicht genug zum Ausdruck. Sehr schade!

 

Allerdings blitzen zwischendurch auch immer einmal wieder kleine Highlights durch, z.B. wenn auf den ungeheuren Wasserdruck eingegangen wird, der unter der Meeresoberfläche herrscht, oder wenn erläutert wird, wie wenig wir eigentlich noch über die Tiefen der Ozeane wissen. Bislang ist nur ein minimaler Teil dieses fremden Kosmos überhaupt untersucht worden. Und das, obwohl 70% der Erde mit Wasser bedeckt ist, das kilometerweit in die Tiefe reicht. Nach Aussage des Autors sind schätzungsweise 99% des Lebens auf der Erde im Wasser enthalten. Und darüber weiß man noch erstaunlich wenig. Die Tiefsee ist ähnlich wenig erforscht wie fremde Planeten…

 

Positiv hervorzuheben sind die Abbildungen (insgesamt 70 im ganzen Buch), die teils im Rahmen der Tauchgänge mit der Bathysphäre entstanden sind. U.a. sind einige Farbzeichnungen (insgesamt 31) von Tiefseelebewesen im Buch enthalten. Erstaunlich für mich ist hierbei, dass Leben so weit in der Tiefe unter so ungeheurem Wasserdruck möglich ist und so zahlreich in verschiedenster Ausprägung vertreten ist. Spannend sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen in Kapitel 9. Darin wird erläutert, wie die Zeichnungen entstanden sind. Beebe rekonstruiert allein aus dem Gedächtnis, was er gesehen hat und berichtet davon. Aussehen, Form und Farbe wird von einer fachkundigen Zeichnerin festgehalten. Die Skizzen werden dann von Beebe immer wieder ergänzt und korrigiert. Erstaunlich, dass dabei teilweise sehr exakte Tierskizzen entstanden sind, die in späteren Jahren auch bestätigt werden konnten.


Fazit: Das Thema des Buchs ist faszinierend und man stößt zwischendurch auch immer wieder auf Highlights in der Darstellung. Auch die Abbildungen und der Beginn des Werks wissen zu überzeugen. Mehr als 3 Sterne kann ich aber aufgrund der oben genannten Kritikpunkte nicht vergeben.

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