Pionierarbeit
Im
ersten Kapitel sind wir am 11.06.1930 dabei, als die von Otis Barton und
William Beebe erbaute Bathysphäre erstmals ins Wasser des Ozeans abtaucht. An
Deck des Forschungsschiffs protokolliert Gloria Hollister mit Hilfe eines
Notizbuchs die Beobachtungen, die die beiden Männer unter der Wasseroberfläche
machen. In 300m Tiefe beobachten sie winzige Garnelen in ihrem natürlichen
Lebensraum. Bei ihrem ersten Tauchgang geht es hinunter bis auf 427m.
Eingebunden in den Text sind auch Abbildungen, die den Text auflockern. Beebe,
Hollister und Barton werden zudem näher porträtiert. Dabei wird die
gegenseitige Zuneigung von Beebe und Hollister ebenso deutlich wie die
Faszination der drei Forscher für die Tierwelt des Ozeans.
Auch
das zweite Kapitel weiß zu überzeugen. Darin streifen wir die Tierwelt, die man
außerhalb der Bathysphäre entdeckt hat. Hierbei stechen vor allem die
bioluminiszierenden Fische hervor. Auch untersucht Beebe mit Hilfe eines
Spektroskops die Veränderung des Lichtspektrums unter Wasser. In diesen
Zusammenhang streut der Autor auch einige wissenschaftshistorische Exkurse zum
Thema der Erforschung von Licht und Farbe bei. Sehr interessant!
Doch
nach diesem vielversprechenden Beginn des Buchs, der mich wirklich für sich
eingenommen hat, nimmt die Qualität der Darstellung in meinen Augen stark ab. Nach
meinem Eindruck schafft es der Autor nicht, eine stringente Erzählung aus den
historischen Begebenheiten zu formen. Vieles bleibt Stückwerk. Teilweise sind
die Kapitel recht knapp und zusammenhanglos verfasst. So werden uns z.B. in
Kapitel 3 einige biographische Stationen von Beebe erläutert, z.B. seine
Begegnung mit Charles Darwin und Theodor Roosevelt. Danach erhalten wir
Einblick in einige Tierstudien von Beebe, die er als Biologe noch vor dem
ersten Tauchgang mit der Bathysphäre durchgeführt hat etc.
Es
handelt sich bei den Kapiteln nach meinem Eindruck um einzelne episodenhafte
Ausschnitte, die recht unverbunden nebeneinanderstehen. Zusammenhänge werden
nicht immer gut deutlich (z.B. Kap. 10-15). Schade! Dabei fällt auch auf, dass
vor allem Beebe mit seinen Leistungen und seiner Biographie in den Vordergrund
rückt, Hollister wird nur am Rande einmal erwähnt und der Ingenieur Otis Barton
kommt so gut wie nicht vor, obwohl letzterer die Bathysphäre konstruiert hat.
Darüber hätte ich auch noch gern mehr erfahren. Auch der Schreibstil schafft
Distanz zum Geschehen. Er kommt sehr sachlich, rational, unemotional,
nüchtern-protokollartig daher. Wie es sich anfühlt, so tief zu tauchen, und das
in einer so kleinen Tauchkugel, das kam mir nicht genug zum Ausdruck. Sehr schade!
Allerdings
blitzen zwischendurch auch immer einmal wieder kleine Highlights durch, z.B.
wenn auf den ungeheuren Wasserdruck eingegangen wird, der unter der
Meeresoberfläche herrscht, oder wenn erläutert wird, wie wenig wir eigentlich
noch über die Tiefen der Ozeane wissen. Bislang ist nur ein minimaler Teil
dieses fremden Kosmos überhaupt untersucht worden. Und das, obwohl 70% der Erde
mit Wasser bedeckt ist, das kilometerweit in die Tiefe reicht. Nach Aussage des
Autors sind schätzungsweise 99% des Lebens auf der Erde im Wasser enthalten.
Und darüber weiß man noch erstaunlich wenig. Die Tiefsee ist ähnlich wenig
erforscht wie fremde Planeten…
Positiv hervorzuheben sind die Abbildungen (insgesamt 70 im ganzen Buch), die teils im Rahmen der Tauchgänge mit der Bathysphäre entstanden sind. U.a. sind einige Farbzeichnungen (insgesamt 31) von Tiefseelebewesen im Buch enthalten. Erstaunlich für mich ist hierbei, dass Leben so weit in der Tiefe unter so ungeheurem Wasserdruck möglich ist und so zahlreich in verschiedenster Ausprägung vertreten ist. Spannend sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen in Kapitel 9. Darin wird erläutert, wie die Zeichnungen entstanden sind. Beebe rekonstruiert allein aus dem Gedächtnis, was er gesehen hat und berichtet davon. Aussehen, Form und Farbe wird von einer fachkundigen Zeichnerin festgehalten. Die Skizzen werden dann von Beebe immer wieder ergänzt und korrigiert. Erstaunlich, dass dabei teilweise sehr exakte Tierskizzen entstanden sind, die in späteren Jahren auch bestätigt werden konnten.
Fazit: Das Thema des Buchs ist faszinierend und man stößt zwischendurch auch immer wieder auf Highlights in der Darstellung. Auch die Abbildungen und der Beginn des Werks wissen zu überzeugen. Mehr als 3 Sterne kann ich aber aufgrund der oben genannten Kritikpunkte nicht vergeben.
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