„Wellen im Ozean der Zeit“
Von
Andreas Brandhorst habe ich mit großer Begeisterung „Das Erwachen“ gelesen. Wer
so ein Buch schreibt, der hat was drauf. Sein neues Buch „Splitter der Zeit“
gab es für 5 Euro als E-Book. Genug Gründe für mich, das Werk zu lesen und es
zu rezensieren. Und eines kann ich einleitend bereits festhalten: Der
Weltenbau, den Brandhorst sich überlegt hat, ist eindrucksvoll, durchdacht und
in sich konsistent. Der Anhang umfasst sagenhafte 59 Seiten, ist mit
unglaublich viel Liebe zum Detail ausgestaltet und lässt in meinen Augen keine
Wünsche offen.
Das
Buch selbst lässt sich am ehesten der „Military-Science-Fiction“ zuordnen. Es
werden immer mal wieder Kampfhandlungen geschildert. Die Menschheit muss sich
gegen eine überlegene Spezies behaupten, die aus der Zukunft kommt und aus
diesem Grund strategische Vorteile hat: gegen die Honta. Es herrscht schon seit
mehr als hundert Jahren Krieg. Und die Honta greifen auf eine neuartige
Strategie zurück: Sie unterwandern die Menschheit und hoffen so, den
endgültigen Sieg zu erringen. Die Handlung spielt in weit entfernter Zukunft.
Wir begleiten die Hauptfigur Cameron, der als siebenjähriges Kind bei einem
Angriff der Honta seine Mutter verliert, über das gesamte Buch hinweg. An ihm
sind wir nah dran. Er steht im Mittelpunkt der Handlung, die geradlinig erzählt
wird (d.h. ohne viele Perspektivwechsel oder verschiedene Zeitebenen).
Cameron
durchläuft eine Ausbildung zum Soldaten, reift zu einer Führungsfigur heran und
offenbart ein besonderes Talent: Er ist ein starker analytischer Denker mit
einer unglaublich guten Intuition. Und er ahnt den nächsten Angriff der Honta
bereits voraus. Als Leser fragt man sich: Wird Cameron mit seiner Ahnung Recht
behalten? Werden sich die Menschen verteidigen können?
Auch
die Honta sind interessant konzipiert worden. Es handelt sich um eine
nicht-lineare Spezies, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen
überblickt und ein anderes Verständnis von Zeit besitzt. Angehörige der Honta
können sowohl als Individuum als auch als Schwarm agieren, indem sie sich
synchronisieren. Diese Idee bereichert den Roman in meinen Augen ungemein.
Interessant
fand ich die Ausführungen zur Geschichte der Erde, zur Vergangenheit der
Menschheit und zu den Hintergründen des Kriegs (Wo kommen die Honta her? Warum
brach der Krieg aus? etc.). Nach meinem Geschmack hätte das durchaus noch
breiter entfaltet werden können. Was mich im weiteren Handlungsverlauf
ebenfalls überzeugt hat: Die Gestaltung der Kommunikation zwischen Cameron und
der Honta-Königin. Es wird gut deutlich, wie sich Honta und Menschen
voneinander unterscheiden und wie sie einen Weg finden müssen, einander zu verstehen.
Die Honta haben eine andere Wahrnehmung von Zeit. Auch die Beschreibung der
Gesetzmäßigkeiten des interstellaren Zwischenraums las ich gebannt.
Was
ich hingegen nicht so gut fand, war der Umstand, dass es lange dauert, bis die
Handlung Fahrt aufnimmt. Der Beginn des Romans las sich nach meinem Empfinden
etwas schleppend. Und auch zwischendurch hatte das Buch immer wieder Längen,
die den Lesegenuss etwas trübten. Nach meinem Empfinden gab es keinen
durchgängig hohen Spannungsbogen. Später entwickelt sich der Inhalt dann in
eine Richtung, die mir nicht mehr zugesagt hat. Vieles fand ich verwirrend und/
oder zu abgedreht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen