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Mittwoch, 27. September 2023

Präauer, Teresa - Kochen im falschen Jahrhundert






Ethnographische Feldforschung als Literatur?


Ich mag es, wenn Literatur eine gesellschaftspolitische Relevanz hat und Themen aufgegriffen werden, die Fremdverstehen oder Empathie fördern. Ich möchte emotional mitgerissen werden, durch literarische Offenheit zum Nachdenken und Reflektieren angeregt werden. Manchmal ist es auch die sprachliche Gestaltung, die bei mir Begeisterung für ein literarisches Werk erzeugt (zuletzt bei „Kleine Probleme“ von Nele Pollatschek). Es passiert mir eigentlich selten, dass ich keinen oder nur einen schlechten Zugang zu einem Buch finde. Meist spricht mich immer irgendetwas an und kann mich überzeugen. Nicht so dieses Mal. Dem neuen Roman von Teresa Präauer „Kochen im falschen Jahrhundert“ konnte ich einfach nichts abgewinnen, und das, obwohl es für den deutschen und österreichischen Buchpreis nominiert wurde und im Feuilleton begeisterte Stimmen erhielt. Woran liegt das?

 

Vermutlich liegt es auch daran, dass das Treffen einer Gruppe von Freunden zum Abendessen mit großer Distanz zum Geschehen erzählt wird. Die Mittelbarkeit des Erzählten störten mich, weil jegliche Lebendigkeit verloren geht. Die Erzählerinstanz wird zu vermittelnden Zwischenstation. Nicht mein Geschmack! Ich lese den Inhalt über weite Strecken unbeteiligt und ohne großes Interesse. Es gibt keinen Spannungsbogen. Die Gedankenführung ist sprunghaft. Die Gespräche boten mir wenig inhaltliche Anknüpfungsmöglichkeit. Mich packte nichts, mich erreichte nichts. Ich konnte mich an nichts „reiben“. Zu sachlich, nüchtern, langatmig und distanziert ist mir der Erzählstil. Die dargestellte Situation wird von außen beschrieben und gedeutet. Gespräche werden in deskriptiver Form wiedergegeben. Das soziale Miteinander wird im Detail ausgeleuchtet. Rituale des abendlichen Zusammenseins und der Essenszubereitung werden in Totalität äußerst emotionslos wiedergegeben. Die Musterhaftigkeit des sozialen Miteinanders wird offengelegt.  Es liest sich wie eine ethnographische Beobachtung. Wer so etwas mag, der macht mit diesem Buch nichts falsch. Allen anderen rate ich von der Lektüre ab. Bei mir jedenfalls wollte der Funke einfach nicht überspringen.

 

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