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Donnerstag, 7. September 2023

Rockwell, Ryan - Kallistos Erbe






Zu wenig „science“


Romane mit einem „Near-Future-Setting“ üben auf mich stets eine große Faszination aus. Die Frage, wie die Welt in einigen Jahrzehnten oder Jahrhunderten aussehen könnte, finde ich sehr reizvoll. Und einige Autoren, die sich solchen Themen widmen, konnte ich bereits ausfindig machen: Andy Weir, Phillip P. Peterson, Brandon Q Morris, Andreas Eschbach, Tom Hillenbrand und Andreas Brandhorst (vgl. dazu zahlreiche frühere Rezensionen). Nun bin ich auf das Werk „Kallistos Erbe“ von Ryan Rockwell aufmerksam geworden, das für den Seraph 2023 nominiert worden ist. Es wird als „Hard Science Fiction“ beworben. Grund genug, mir den Roman einmal genauer anzuschauen.

 

Und der Beginn ist vielversprechend. Wir begleiten Carl Harding auf seinem Weg zum Jupitermond Kallisto, auf dem die äußerste menschliche Kolonie existiert. Er wacht aus dem Kälteschlaf auf und muss sich erst einmal orientieren. Die Ankunft verläuft alles andere als einfach. Auf dem Raumschiff, auf dem er sich befindet, gibt es direkt eine Schießerei mit Rebellen. Ein aufständischer Terrorist wird erschossen. Soziale Unterschiede zwischen den Kolonisten werden bereits angedeutet. Und Harding offenbart uns als Leser:innen, dass er nicht nur ein neues Leben auf Kallisto beginnen, sondern auch den Tod seiner Schwester Ada aufklären möchte, die angeblich einen Selbstmord begangen hat. Carl zieht die Todesursache in Zweifel und will wissen, warum und wie Ada gestorben ist. Für seine Mission hat er eine neue Identität angenommen und seine Vitalwerte manipuliert. Auf dem Mond angekommen, macht er sich mit seiner neuen Lebens- und Arbeitswelt vertraut und beginnt mit der Ermittlung. Die Handlung entwickelt sich also in Richtung eines futuristischen Kriminalromans. Das hat mich etwas überrascht. Für mich ging dadurch der anfängliche Zauber etwas verloren.

 

Was mir aber sehr gut gefallen hat: Der Autor nimmt sich viel Zeit, um die Kolonie auf Kallisto zu beschreiben. In meinen Augen eine Stärke des Buchs. Es entsteht eine realistische, anschauliche Atmosphäre, Bilder vor dem inneren Auge entstehen. Man kann sich das Leben auf Kallisto gut vorstellen. Problem: Das Buch hat mich mit zunehmendem Handlungsverlauf immer mehr verloren. Es war mir zu wenig „science“, zu viel „Kriminalistik“ und am Ende viel zu viel „military“. Es gab auch zu wenig spannungserregende Impulse, die mich gefesselt und mitgerissen hätten. Für mich ein durchschnittliches Buch, ein sehr guter Anfang, ein langatmiger Mittelteil und ein zu actiongeladenes, mittelmäßiges Ende mit zu viel Schusswechselszenen. Ich werde diese Reihe nicht weiter verfolgen. Es gibt noch zwei weitere Bände (Kallistos Bestimmung und Kallistos Wiedergeburt).


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