Zu
wenig „science“
Romane
mit einem „Near-Future-Setting“ üben auf mich stets eine große Faszination aus.
Die Frage, wie die Welt in einigen Jahrzehnten oder Jahrhunderten aussehen
könnte, finde ich sehr reizvoll. Und einige Autoren, die sich solchen Themen
widmen, konnte ich bereits ausfindig machen: Andy Weir, Phillip P. Peterson,
Brandon Q Morris, Andreas Eschbach, Tom Hillenbrand und Andreas Brandhorst
(vgl. dazu zahlreiche frühere Rezensionen). Nun bin ich auf das Werk „Kallistos
Erbe“ von Ryan Rockwell aufmerksam geworden, das für den Seraph 2023 nominiert
worden ist. Es wird als „Hard Science Fiction“ beworben. Grund genug, mir den
Roman einmal genauer anzuschauen.
Und
der Beginn ist vielversprechend. Wir begleiten Carl Harding auf seinem Weg zum
Jupitermond Kallisto, auf dem die äußerste menschliche Kolonie existiert. Er
wacht aus dem Kälteschlaf auf und muss sich erst einmal orientieren. Die
Ankunft verläuft alles andere als einfach. Auf dem Raumschiff, auf dem er sich
befindet, gibt es direkt eine Schießerei mit Rebellen. Ein aufständischer
Terrorist wird erschossen. Soziale Unterschiede zwischen den Kolonisten werden
bereits angedeutet. Und Harding offenbart uns als Leser:innen, dass er nicht
nur ein neues Leben auf Kallisto beginnen, sondern auch den Tod seiner
Schwester Ada aufklären möchte, die angeblich einen Selbstmord begangen hat.
Carl zieht die Todesursache in Zweifel und will wissen, warum und wie Ada
gestorben ist. Für seine Mission hat er eine neue Identität angenommen und
seine Vitalwerte manipuliert. Auf dem Mond angekommen, macht er sich mit seiner
neuen Lebens- und Arbeitswelt vertraut und beginnt mit der Ermittlung. Die
Handlung entwickelt sich also in Richtung eines futuristischen Kriminalromans. Das
hat mich etwas überrascht. Für mich ging dadurch der anfängliche Zauber etwas
verloren.
Was
mir aber sehr gut gefallen hat: Der Autor nimmt sich viel Zeit, um die Kolonie
auf Kallisto zu beschreiben. In meinen Augen eine Stärke des Buchs. Es entsteht
eine realistische, anschauliche Atmosphäre, Bilder vor dem inneren Auge
entstehen. Man kann sich das Leben auf Kallisto gut vorstellen. Problem: Das
Buch hat mich mit zunehmendem Handlungsverlauf immer mehr verloren. Es war mir
zu wenig „science“, zu viel „Kriminalistik“ und am Ende viel zu viel „military“.
Es gab auch zu wenig spannungserregende Impulse, die mich gefesselt und
mitgerissen hätten. Für mich ein durchschnittliches Buch, ein sehr guter
Anfang, ein langatmiger Mittelteil und ein zu actiongeladenes, mittelmäßiges
Ende mit zu viel Schusswechselszenen. Ich werde diese Reihe nicht weiter verfolgen.
Es gibt noch zwei weitere Bände (Kallistos Bestimmung und Kallistos
Wiedergeburt).
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