Extraterrestrisches Leben
Meine
Beschäftigung mit dem Themenfeld „Exoplaneten“ führte mich zu vielen weiteren
Fragen. Eine davon ist: Wie könnte außerirdisches Leben beschaffen sein? Ich
besorgte mir also wieder ein Kompakt-Themenheft von Spektrum der Wissenschaft,
die ich bereits in der Vergangenheit zu Rate gezogen habe (vgl. dazu frühere
Rezensionen). Dieses Mal lautet der Titel „Astrobiologie“ (Spektrum der
Wissenschaft 37/23). Und ich stelle fest, dass das Themenheft eine andere
Konzeption aufweist als die früheren Ausgaben aus den vorherigen Jahren. Es
gibt mehr Artikel, die dafür nicht mehr so umfangreich sind. Neu hinzugekommen
sind zudem Podcast-Folgen zum Anhören (insgesamt drei Folgen), die ich aber
nicht weiter vorstellen möchte. Mein Gefühl war, dass die Beiträge nun weniger
in die Tiefe gehen, weniger Vorwissen voraussetzen und der
Verständlichkeitsgrad stark vereinfacht worden sind. Die früheren Themenhefte
kamen mir komplexer vor. Sie haben mir tatsächlich ein Stück besser gefallen,
auch weil kontroverse Fragestellungen stärker in den Blick genommen wurden.
Allerdings muss ich noch weitere Hefte lesen, um meinen Eindruck zu bestätigen.
Vielleicht bildet das vorliegende Themenheft eine Ausnahme. Inhaltlich werden
in diesem Themenheft v.a. Monde des äußeren Sonnensystems als Kandidaten für
die Entstehung außerirdischen Lebens in den Blick genommen. Mit dem Hinweis auf
das PLATO-Projekt wird auf ein aussichtsreiches, zukünftiges Forschungsfeld Bezug
genommen, das v.a. Exoplaneten und auch Exomonde genauer untersuchen soll, und
in den letzten drei Beiträgen geht es um eine mögliche Kontaktaufnahme mit
Aliens.
Beitrag
1: Lyfe. Leben auf anderen Welten. Von Sarah Scoles
Dieser
Beitrag hat mir insgesamt am besten gefallen. Die Autorin geht in die Tiefe und
widmet sich verschiedenen Fragen. Eine dieser Fragestellungen lautet: Wie
könnte extraterrestrisches Leben aussehen, das jenseits der Erdatmosphäre
existiert? Vielleicht unterscheidet sich irdisches von außerirdischem Leben so
sehr, dass man es gar nicht als Lebensform erkennt. In diesem Zusammenhang
werden Kriterien vorgestellt, die dabei helfen können, Leben von Nichtleben zu
unterscheiden. Eine brauchbare Definition von Leben wurde beispielsweise 2011
von Edward Trifonov vorgeschlagen, der Leben als „Selbstproduktion mit
Variationen“ beschreibt (vgl. S. 7). Im Beitrag werden noch weitere Kriterien
beschrieben, welche Bedingungen Leben zu erfüllen hat, um als lebendig
eingestuft werden zu können (vgl. S. 9). Sehr interessant! Eine weitere
brauchbare Unterscheidung von Leben und Nichtleben kann zudem mit Hilfe der
Begriffe „Gleichgewicht“ und „Ungleichgewicht“ vorgenommen werden. Lebende
Strukturen würden sich mit ihrer Umgebung im Nicht-Gleichgewicht befinden,
nicht-lebende Strukturen hingegen befänden sich mit ihrer Umwelt im
Gleichgewicht.
Beitrag
2: Exoplaneten. Andere Atmosphäre, trotzdem bewohnbar? Von Wiebke Pfohl
Die
Autorin erläutert, dass die Atmosphäre auf vielen Planeten nicht aus Sauerstoff
und Stickstoff besteht, sondern aus Wasserstoff und Helium. Doch auch auf
solchen Planeten mit einer anderen Atmosphäre könnte Leben existieren. Das hat
ein Forschungsteam der Universität Bern und der Universität Zürich
herausgefunden, so Pfohl. Unter bestimmten Bedingungen wie z.B. einer massiven
Atmosphäre mit hohem Druck und mit Hilfe eines Treibhauseffekts sei es möglich,
dass auch auf solchen Planeten gemäßigte Temperaturen herrschen und flüssiges
Wasser existiert.
Beitrag
3: Raumfahrt. Sind Jupiters Monde lebensfreundlich? Von Jonathan O’Callaghan
In
diesem Beitrag wird von O’Callaghan erläutert, dass frühere Missionen zu
Jupiters Monden ergeben haben, dass es dort verborgene Ozeane mit flüssigem
Wasser gibt. Neue Raumsonden sollen nun Aufschluss darüber liefern, ob es dort
auch Leben gibt. Die Mission der ESA mit dem Titel „Jupiter Icy Moons Explorer“
(JUICE) wird den Jupiter im Jahr 2031 erreichen. Im Zentrum des Interesses
stehen dabei die folgenden drei Monde: Europa, Ganymed und Kallisto. Die größte
Aufmerksamkeit erhält dabei Ganymed. Eine weitere Mission der NASA mit dem
Namen „Europa Clipper“ nimmt hingegen den Mond Europa ins Visier. Der Autor des
Beitrags stellt die einzelnen Missionen genauer vor und beschreibt auch, was
die Forscher sich von den Vorhaben versprechen. Im Idealfall könnte Clipper
vielleicht sogar durch eine von Europa ausgestoßene Wasserfontäne fliegen und
Messungen vornehmen, bei denen nach Spuren von Leben gesucht wird. Nicht
zuletzt wirft der Autor einen Blick in die Zukunft. Vorstellbar seien z.B. „Lander-Missionen“,
bei denen Rover ausgewählte Monde genauer untersuchen. Für die Durchführung
solcher Missionen müssten aber noch viele Unwägbarkeiten gelöst werden.
Beitrag
4: Sonnensystem. Fremdartige Ozeane. Von Rebecca Boyle
In
diesem Beitrag werden von der Autorin sechs Monde von Planeten des äußeren
Sonnensystems vorgestellt, die flüssiges Wasser aufweisen könnten. Hierzu
zählen „Europa“, „Ganymed“, „Kallisto“ (= Jupitermonde), „Enceladus“, „Titan“ (=
Saturnmonde) und der Neptunmond „Triton“. Teilweise konnte vom Hubble-Teleskop
bereits der Ausstoß von Wasserfontänen beobachtet werden. Die einzelnen Monde
werden in Infografiken präsentiert, bei denen Fakten zum Aufbau der Monde, zur
Größe, zur Oberflächentemperatur und bereits bekannte Hintergrundinformationen
von früheren Missionen anschaulich und kompakt präsentiert werden.
Beitrag
5: Enceladus. Saturnmond beherbergt alle Zutaten, die es für Leben braucht. Von
Katharina Menne
Enceladus
hat großes Potential, was die Entstehung außerirdischen Lebens angeht, so
Menne. In seinem Ozean wurden von Forschern um Frank Postberg von der Freien
Universität Berlin bereits Phosphate nachgewiesen: „Phosphor ist eines der
essenziellen Elemente für die Entstehung von Leben, wie wir es kennen. Es ist
am Aufbau und an der Funktion von Organismen beteiligt, etwa als Bestandteil
der DNA und der zellulären Energieversorgung“ (S. 45).
Beitrag
6: Cassini-Mission. So wahrscheinlich ist Leben unter dem Eis von Enceladus.
Von Franziska Konitzer
Auf
dem Saturnmond Enceladus hat man Methan gemessen. Konitzer diskutiert unter
Bezugnahme auf verschiedene Forschungsergebnisse die Frage, ob dies ein Hinweis
auf biologische Aktivität sein könnte. Vieles deutet jedenfalls darauf hin,
dass es auf dem Grund des Ozeans von Enceladus Hydrothermalquellen gibt. Solche
Quellen gibt es auch auf der Erde und sie bieten geeignete Bedingungen für das
Leben von Mikroorganismen. Allerdings kann das Vorkommen von Methan auf
Enceladus auch anders erklärt werden. Ein gesicherter Hinweis auf Leben ist es
nicht. Nur weitere Missionen können
darüber Aufschluss geben.
Beitrag
7: Weltraumteleskop Plato. Interview von Peter Michael Schneider mit Heike
Rauer.
In
diesem Interview wird die Aufgabe des Weltraumteleskops PLATO genauer skizziert.
PLATO ist mit 26 Kameras ausgestattet und soll 2026 starten, um Exoplaneten
aufzuspüren. Es wird dafür auf die so genannte Transit-Methode zurückgegriffen.
Und dank der hohen Anzahl an Kameras können auch lichtschwächere Sterne ins
Visier genommen werden. PLATO leistet zudem eine wichtige Vorarbeit für das
James-Webb-Teleskop. Wird mit PLATO ein aussichtsreicher Exoplaneten-Kandidat
aufgespürt, so kann sein Spektrum mit dem JWST genauer ausgewertet werden. So
wird es möglich, die Zusammensetzung der Atmosphäre genauer zu bestimmen. Möglicherweise
wird PLATO sogar Exomonde entdecken können.
Beitrag
8: Künstliche Intelligenz. Technischer Spürhund. Von Franziska Konitzer
Mit
Hilfe von künstlicher Intelligenz wird es möglich, störende irdische Interferenzen
bei der Radioteleskopie besser auszusieben, so die Autorin. Auf diese Weise
wird es besser möglich, nach außerirdischen Signalen am Nachthimmel suchen zu
können.
Beitrag
9: Erstkontakt. Botschaft mit der Bitte um Rückruf. Von Daniel Oberhaus
Was
für eine Nachricht sollte man ins All schicken, um mit möglichen Aliens Kontakt
aufzunehmen? Diese Frage thematisiert Oberhaus in seinem Beitrag. Es zeigt
sich, dass es gar nicht so einfach ist, eine befriedigende Antwort auf diese
Frage zu finden. Gleichzeitig diskutiert der Autor auch, ob es überhaupt
sinnvoll ist, eine Botschaft ins Universum zu schicken und so auf sich
aufmerksam zu machen. Einige Forscher halten dies für Zeitverschwendung oder
gar für gefährlich.
Beitrag
10: Warkus‘ Welt. Botschaften für fremde Wesen. Von Matthias Warkus
In
dieser Kolumne stellt sich der Autor die Frage, wie man am aussichtsreichsten
mit anderen Wesen in Kontakt treten könnte. Dabei stellt er auch das
Gedankenspiel an, ob es Aliens geben könnte, die überhaupt ohne Sprache
auskommen könnten. Ist intelligentes Leben ohne Sprache möglich? Gibt es
womöglich Wesen die keine Individualität aufweisen? Wie könnte außerirdisches
Denken aussehen? Höchste philosophische Fragen, die Warkus hier aufwirft, und
damit zum Nachdenken anregt. Eine mögliche Anregung für Science-Fiction-Autoren.
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