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Mittwoch, 21. Februar 2024

Hauff, Kristina - Unter Wasser Nacht






Familientragödien


Kristina Hauff, die in der Vergangenheit bereits unter ihrem wahren Namen Susanne Kliem Kriminalliteratur geschrieben hat, ist mir mit ihrem Spannungsroman „In blaukalter Tiefe“ in sehr guter Erinnerung geblieben. Darin werden zwischenmenschliche Spannungen und Beziehungsdramen auf einem Segelschiff sehr gut zum Ausdruck gebracht. Eine tolle Charakterstudie! Aus diesem Grund wollte ich mehr von dieser Autorin lesen und entschied mich für die Lektüre von „Unter Wasser Nacht“ (2021), das ich hier besprechen möchte.

 

Nach dem Tod ihres elfjährigen Sohns Aaron, der in der Elbe ertrunken ist, ist die Welt für Sophie und Thies eine andere. Ihr Leben wird fortan beherrscht von Trauer und Unausgesprochenem, was ihre Beziehung belastet. Sie geben sich eine Mitschuld an dem Tod von Aaron, der ein schwieriges Kind war. Tragisch auch: Die Ermittlungen in dem Fall werden nach 13 Monaten ergebnislos eingestellt. Der Verlust bleibt also unerklärlich. Sophie und Thies können niemandem die Schuld geben, sie wissen nicht, was vorgefallen ist. Diese Unwissenheit ist eine schwere Last für die Eltern. Sophie zieht sich zurück und pflegt kaum soziale Kontakte. Hinzu kommt der Neid auf das perfekte Familienleben der Nachbarn. Die Handlung wird vorangetrieben durch die folgende Frage: Was ist damals wirklich passiert? Wird neues Wissen zum Geschehen doch noch mehr Licht ins Dunkel der Vergangenheit bringen?

 

Hauff beweist einmal mehr großes Einfühlungsvermögen und kann sich unglaublich gut in die Figuren hineinversetzen. So kommt z.B. auch das elterliche Vergleichen gut zum Ausdruck: Was machen die anderen Eltern besser als man selbst? Warum scheitert man selbst an der Erziehung der eigenen Kinder? Wie kriegen es die anderen besser hin? Auch das typische Verhalten der Kinder in der Pubertät wird gut beschrieben: Das Schweigen gegenüber den eigenen Eltern, die Heimlichkeiten, Vertrauensbrüche. Das alles wird gut deutlich. In einem weiteren Handlungsstrang, der geschickt mit dem ersten verwoben wird, geht es um das Auftauchen einer mysteriösen Fremden, die sich aus unerklärlichen Gründen in das Familienleben der beiden benachbarten Familien einmischt. Dies erzeugt noch einmal zusätzlich Neugier. Wer ist sie? Was will sie? Warum taucht sie gerade jetzt auf?

 

Das Tempo des Romans ist gemächlich, was aber auch zum bedrückenden Inhalt passt. Wir haben es hier nicht mit einem dynamischen Thriller zu tun, sondern mit Spannungsliteratur, in der die Figuren eine besondere psychologische Tiefe aufweisen und Beziehungsdramen mit viel schriftstellerischem Fingerspitzengefühl zum Ausdruck gebracht werden. Die psychologische Seite ist wie schon bei „In blaukalter Tiefe“ sehr gut konzipiert worden. Das hat mir richtig gut gefallen.

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