Altbekanntes Format oder neue Impulse für das Zombie-Genre?
Die
neue Zombie-Serie „The last of us” räumt bisher ordentlich ab und wird sehr
gelobt. Bei den Creative Arts Emmys erhielt sie beispielsweise acht
Auszeichnungen. Es gibt auch ein gleichnamiges, äußerst erfolgreiches
Videospiel, das mir allerdings nicht bekannt ist. Deswegen kann ich keine
Vergleiche zwischen Spiel und Serie anstellen. Ein Vergleich, der sich mir aber
noch mehr aufdrängt, ist der zu „The walking dead“. Kann „The last of us“ hier
neue Impulse setzen oder ist im Zombie-Genre nicht bereits alles auserzählt?
Der
Auftakt zur Serie ist schon einmal sehr gut. Wir erleben als Zuschauer:innen
unmittelbar mit, wie die Katastrophe ihren Anfang nimmt. Danach folgt ein
Zeitsprung von 20 Jahren und wir sehen, was nach der Pilz-Pandemie aus der Welt
geworden ist. Und gleichzeitig erfahren wir in Rückblicken mehr zum Ausbruch
der Krankheit und zu den Lebensgeschichten der Charaktere. Die Protagonisten,
die wir über die Serie hinweg begleiten, befinden sich anfangs bereits in einer
geschlossenen, bewachten Siedlung und müssen ihre Mission außerhalb der Mauern
dieser Siedlung erledigen. Sie wollen ein 14-jähriges Mädchen (= Ellie), das
immun gegen die Krankheit ist, in eine Forschungseinrichtung einer
Untergrundorganisation begleiten, um ein Heilmittel herzustellen. Wichtig zu
wissen: Auf das Verlassen der befestigen Evakuationszone steht die Todesstrafe!
Wir
haben hier also schon einen Gegenentwurf zu „The walking dead“, wo ja kaum auf
die Anfänge des Unglücks eingegangen wird (ich klammere hier „fear the walking
dead“ als Ableger aus) und die Figuren auf der Suche nach einem geschützten
neuen Aufenthaltsort sind, wo sie sich sicher fühlen können. Bei „The walking
dead“ gibt es keinen solchen großen Zeitsprung von 20 Jahren und wir bleiben
immer sehr nah an den Figuren um Rick dran. Wir haben keinen Überblick darüber,
was aus dem Rest der Welt geworden ist. Das ist bei „The last of us“ anders.
Und auch spielt die Thematik eines Heilmittels (leider) bei „The walking dead“
keine Rolle. Kurzum: Ja, die neue Serie verleiht dem Zombie-Genre neue Impulse.
Sie füllt Leerstellen, die „The walking dead“ offen lässt. Und noch etwas eint
und unterscheidet beide Serien in meinen Augen: Immer wieder wird die Frage
danach gestellt, inwieweit man sich innerhalb einer solchen Katastrophe seine
Menschlichkeit bewahren kann. Aber ich fand die Botschaft von „The last of us“
hoffnungsfroher. Dort gibt es zwar auch bösartige und hinterlistige Menschen,
aber auch die andere Seite kommt vor. Ellie und Joel erleben auch Positives und
Hilfsbereitschaft. Die Menschen sind nicht automatisch des anderen Menschen
Wolf. Kurzum: Ich empfand „The last of us“ in dieser Hinsicht weniger einseitig
als „The walking dead“.
Was
mir ebenfalls sehr gut gefallen hat, sind die folgenden Aspekte: Die
postapokalyptische Welt, die von den Machern der Serie entworfen wurde, sieht äußerst
realistisch-gespenstisch aus (v.a. die Geisterstädte). Die musikalische Untermalung
hat mich ebenfalls überzeugt. Und die verbalen Schlagabtausche zwischen Ellie
und Joel sind oft amüsant gestaltet worden. Die Spannungskurve ist in vielen
Folgen sehr steil angelegt (brillantes, spannungssteigerndes Mittel ist „die
Taschenlampe“). Selbst Nebenfiguren erhalten eine charakterliche Tiefe. Da wird
z.B. in der dritten Folge mal eben eine sehr gefühlvolle Liebes- und Lebensgeschichte
von zwei Figuren im Schnelldurchlauf erzählt, die sich während der Apokalypse
kennen und lieben gelernt haben. Noch etwas: Die Chemie zwischen den beiden
Hauptprotagonisten Joel und Ellie ist stimmig konzipiert worden und sie
durchlaufen beide eine Entwicklung. Ellie wächst im Laufe der Handlung zunehmend
über sich hinaus und übernimmt immer mehr Verantwortung in der
lebensfeindlichen Umgebung. Und es kommt zu einer väterlichen Annäherung
zwischen Joel und Ellie. Auch das ist interessant angelegt. Und Ellie gefiel
mir als Charakter: Sie ist schlagfertig und nicht auf den Kopf gefallen. An
vielen Stellen scheint kindliche Freude und Begeisterung durch, v.a. wenn Ellie
mit Relikten aus der alten, vorapokalyptischen Welt konfrontiert wird, die sie
gar nicht mehr erlebt hat. Und der brummelige, knallharte Joel ist ebenfalls
eine Figur mit Zugkraft. Beide zusammen tragen die Serie ungemein gut!
Was
mir noch aufgefallen ist: Folge 9 war für mich die schlechteste Folge der
Serie. Warum? Weil sie genau das erzählt hat, was man aus „The walking dead“
schon kennt. Ich war froh, dass die Serie sich nur in dieser einen Folge sehr
an der Vorgängerserie orientiert hat. Man merkt nach meinem Gefühl dann doch,
dass bestimmte Themen einfach auserzählt sind. Dafür ist das Finale, also die
letzte Folge, wieder großartig. Mich hat überrascht, in welche Richtung sich
das Ganze am Ende entwickelt hat. Abschließend kann ich nur sagen, dass ich
schon neugierig darauf bin, wie es weitergeht. Sie Serie ist kein Aufguss von
Altbekanntem und setzt neue Impulse. Ich kann die vielen positiven Kritiken auf
jeden Fall nachvollziehen.
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