„Yellow Mama“
Von
Cavanagh habe ich bisher alle Thriller, die ins Deutsche übersetzt worden sind,
gelesen. Wichtige Info für potentielle Leser:innen: Sie lassen sich auch
unabhängig voneinander lesen. Drei der fünf erschienen Bücher erhielten von mir
5 Sterne (Band 2, 4 und 5). Vor allem „Thirteen“ und „Fifty-Fifty“ sind Kracher
(vgl. dazu frühere Rezensionen). Frage: Wo lässt sich nun der neue Thriller
„Seven Days“ verorten? Eines kann ich vorweg schicken: Wir haben es nicht mit
einem klassischen „whodunit“-Thriller zu tun, sondern mit einem Thriller, der
nach dem „howcatchem-Prinzip“ aufgebaut ist. Es geht also um die Frage, ob und wie
die niederträchtigen Gegner überführt werden. Das Geschehen wird aus
verschiedenen Perspektiven präsentiert, die munter abwechseln.
Der
Einstieg in „Seven Days“ von Steve Cavanagh ist schon einmal heftig. Nichts für
zartbesaitete Gemüter, die die Todesstrafe ablehnen. Wir lernen den
kompromisslosen Bezirksstaatsanwalt Randal Korn kennen, der einen Sträfling auf
den elektrischen Stuhl hinrichten lässt und sich dabei an seiner eigenen Macht
über Leben und Tod berauscht. Sein Ruf als Sadist eilt ihm voraus. Sämtliche
mögliche Sympathie für diesen Protagonisten ist von Anfang an dahin. Dafür sorgen
auch die Beschreibungen seines äußeren Erscheinungsbildes.
Eddie
Flynn wird darum gebeten, einen jungen Kerl in Alabama zu verteidigen und ihn vor
der Todesstrafe zu bewahren. Er wird des Mordes an einem Mädchen beschuldigt. Für
seine Verteidigung kommt erschwerend hinzu, dass er bereits ein Geständnis
abgelegt hat. Ein Duell bahnt sich an. Eddie und Randal werden vor Gericht
aufeinander treffen. Und Randal ist ein mächtiger Gegner, der auf dreckige
Tricks und unsaubere Mittel zurückgreift. Er schikaniert Eddie, wo er nur kann.
Wird Eddie sich gegen seinen hinterlistigen Gegner behaupten und es schaffen,
den Angeklagten freizuboxen? Klar ist nur eines: Flynn war noch nie in einer
solch aussichtslosen Lage. Alles scheint gegen seinen Erfolg vor Gericht zu
sprechen.
Und
genau für die Darstellung solcher Machtspiele vor dem Richter schätze ich den
Autor. Den juristischen Schlagabtausch zu schildern und das listige Taktieren
von Anklage und Verteidigung zu vermitteln, das ist in meinen Augen das große
Talent des Autors. Nach meinem Geschmack sollten genau diese Passagen den
meisten Raum einnehmen. Nach meinem Empfinden hätte der Thriller da sogar noch
mehr Potential gehabt. Das Wechselspiel von Jäger und Gejagtem zwischen Randal
und Flynn hätte für mich noch stärker zum Ausdruck gebracht werden können. Und
die actionreichen Passagen, die ebenfalls (nicht zu knapp) vorkommen, hätte ich
für mein Lesevergnügen gar nicht benötigt. Aber ich nehme an, dass der Autor auf
diese Weise einen möglichst breiten Leserkreis ansprechen möchte.
Der
gesamte Roman liest sich flüssig und das Geschehen wird packend geschildert. Die
Handlung wird ereignisreich vorangetrieben. Das Tempo ist durchweg hoch und
Cavanagh beherrscht das Spiel von Anspannung und Entspannung. So nimmt er
zwischenzeitlich auch immer einmal wieder das Tempo heraus. Durch die
zahlreichen Perspektivwechsel entsteht Dynamik. Der Autor schafft es an vielen
Stellen, mich emotional zu erreichen. Zwar war es mir punktuell auch einmal zu „actionlastig“
und auch die Charakterzeichnung von Randal fand ich hin und wieder etwas
übertrieben, aber dafür bietet der Thriller in anderer Hinsicht wieder viel
Positives. So werden z.B. verschiedene Themen wie „Rassismus“, „Todesstrafe“
und „Korruption“ gestreift, die nicht uninteressant sind und gut zum Inhalt
passen. Und noch etwas ist mir positiv aufgefallen: Der Fall ist wendungsreich
und es gibt Figuren mit Grautönen (z.B. Lomax). Kurzum: Aufgrund der vielen Stärken
kann ich über kleinere Schwächen hinwegsehen. Ich komme auf gute 4 Sterne,
knapp an den 5 Sternen vorbei!
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