Verworren und langatmig
Eines gleich vorweg: Ich kann die vielen positiven Rezensionen zu dem
Werk „Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit“ von Natasha Pulley nicht nachvollziehen.
Das Werk ist verworren, hat ab dem zweiten Drittel des Buchs keinen roten
Faden, die Figurenzeichnung ist verbesserungswürdig und im Zweiten Drittel
verengt sich die Handlung lediglich auf eine einzige Frage: Wer ist Joe und was
hat es mit ihm auf sich. Das ist einfach zu dünn. Auch die Auflösung am Ende
ist ernüchternd. Ich war sehr enttäuscht von dem Buch.
Die einzige Ausnahme bildet das erste Drittel des Buchs. Der Einstieg
ins Buch ist das einzige, was man als gelungen bewerten kann. Auf den ersten
150 Seiten dachte ich tatsächlich noch, mich erwartet ein tolles Buch. Man ist
sofort mittendrin im Geschehen. Die Orientierungslosigkeit und die Verwirrung
des Protagonisten sind sofort greifbar. Man fragt sich, was mit ihm geschehen
ist und wo er sich befindet. Besonders spannend auch die Idee, dass es sich bei
der Amnesie von Joe nicht nur um einen Einzelfall handelt. Der äußere Grund
dafür bleibt unklar. Eines Tages erhält Joe dann einen Brief mit einer
mysteriösen Botschaft, der 93 Jahre zurückdatiert ist und aus dem Jahr 1805
stammt. Die beiliegende Postkarte enthält das Bild eines Leuchtturms, der
jedoch erst vor einem halben Jahr fertiggestellt wurde. Was hat es mit diesem
Leuchtturm auf sich? Auch das ist vielversprechend. Und noch etwas, was gut
angelegt ist: Die Amnesie von Joe, also sein Erinnerungsverlust. Auch hier
fragt man sich nach den Hintergründen.
Was mir auch im ersten Drittel gut gefallen hat: die Wahrnehmung von
Joe. Er scheint seine Umwelt, wie durch einen Schleier wahrzunehmen. Er scheint
nicht alles erfassen zu können, was um ihn herum passiert. Alles wirkt wie in
einer Traumlandschaft, symbolisch aufgeladen, fast kafkaesk. Das ist toll. Als
Joe am Leuchtturm ankommt, verändert sich auch die Atmosphäre. Es wird
unheimlich und gespenstisch. Sehr mysteriös! Der Handlungsort ist also vielversprechend
angelegt. Lediglich die Übergänge zwischen einzelnen Handlungsschritten sind
nicht immer durchdacht und wirken teils etwas sprunghaft.
Doch leider kommt dann die Wende, als Joe durch ein Zeitportal beim
Leuchtturm hindurchtritt. Der Erzählton ist plötzlich nicht mehr mysteriös. Joe
wird entführt und soll als Techniker technologischen Fortschritt im
englisch-französischen Krieg bewirken. Doch statt diesen einfallsreichen roten
Faden weiterzuentwickeln, wird die Handlung dann zunehmen konfus, was auch
teilweise an verschiedenen Zeitlinien liegt, die nun eröffnet werden. Die
vielen vielversprechenden Dinge, die noch im ersten Drittel angelegt wurden,
geraten aus dem Blick. Stattdessen verengt sich alles auf die Frage, was es mit
Joes Vergangenheit auf sich hat. Das soll den Spannungsbogen hoch halten. Es
gelingt nur leider nicht, weil dieser Handlungsstrang leider sehr langatmig und
keineswegs fesselnd erzählt wird. Bei vielen Handlungsnebenschauplätzen ist nicht
immer klar, worauf sie hinauslaufen. Das erschwert die Lektüre noch einmal
zusätzlich, „Zugkraft“ geht verloren. Größtes Problem meiner Ansicht nach: Die inhaltliche
Verzahnung zwischen den verschiedenen Zeitlinien hätte besser ausgestaltet
werden müssen. Das ist misslungen!
Hinzu kommen logische Ungenauigkeiten und Widersprüche sowie
Handlungsungenauigkeiten. Teils würde ich sogar punktuell von einer Art „Handlungsarmut“
sprechen, die das Geschehen künstlich verlangsamt und hinauszögert. Schrecklich!
Weitere Stolperstellen: Das Schildkrötenexempel zur Veranschaulichung von
Zeitparadoxa ist nicht sehr anschaulich und nachvollziehbar geraten. Auch die Zeitunterschiede von 100 Jahren
kommen nur marginal zum Ausdruck. Lediglich anhand der unterschiedlichen
Schiffskonstruktionen und der Kampfhandlungen wird deutlich, dass man sich in
einer anderen Zeit befindet. Das ist doch sehr dünn geraten, es fehlt Kontext. Weiteres
Problem, das ich sehe: An relevanten Stellen fehlt den Figuren eine
psychologische Tiefe. Letztlich wird der rote Faden mit zunehmender Seitenzahl
immer unklarer.
Fazit:
Ein Buch, das vielversprechend startet, dem dann aber „die Luft
ausgeht“. Der rote Faden geht verloren, die eröffneten Zeitlinien sind
langatmig, konfus und verworren sowie mit wenig Bezug zur eigentlichen
Haupthandlung gestaltet worden. Es gibt Vieles an diesem Werk zu bemängeln. Ich
vergebe 2 Sterne und rate von der Lektüre ab!
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