Von der Wirkungsmacht des Sprachgebrauchs
In zwischenmenschlichen Begegnungen, v.a. im beruflichen Umfeld, kommt
es häufig zu sog. „Reibungsverlusten“ durch (verbale) Auseinandersetzungen und
Meinungsverschiedenheiten oder Missverständnisse. Jeder wird wohl kennen, dass
man auch mal Sticheleien (teils von Kollegen und Kolleginnen oder dem eigenen
Chef bzw. der eigenen Chefin) ausgesetzt ist. Die Autorin Karin Kuschik widmet
sich genau dieser Problematik, und zwar in ihrem Buch „50 Sätze, die das Leben
leichter machen“ aus dem Rowohlt-Verlag.
Die Autorin hat über 20 Jahre Erfahrungen als Coach gesammelt und
vermittelt den Leser:innen mit diesem Buch Wissen darüber, wie man mit
fehlender Klarheit oder mangelnder Wertschätzung souverän umgehen kann. Sie
formuliert hilfreiche Formulierungen, an die man sich in stressigen Situationen
erinnern und auf die man zurückgreifen kann, wenn die Emotionen „hochkochen“.
Das Ziel dieses Ratgebers: innere Souveränität zurückgewinnen (vgl.
Klappentext). Und in meinen Augen ist dieses Büchlein wirklich hilfreich und
durchdacht arrangiert.
Im Inhaltsverzeichnis werden die 50 Leitsätze präsentiert, man kann
sich dann einen passenden heraussuchen und etwas Vertiefendes dazu nachlesen. In
meiner Rezension kann ich natürlich nur einen Ausschnitt präsentieren. Ich gehe
exemplarisch einmal auf 5 Formulierungen ein, die ich selbst für mich als
hilfreich empfand.
„Wer mich ärgert, bestimme immer noch ich“
Dieser Satz verdeutlicht eine wichtige Haltung: die der
Selbstbestimmung. Es geht darum, die Macht über die eigenen Gefühle nicht an
andere abzugeben. Ein anderer sollte nicht darüber bestimmen dürfen, wie man
sich selbst fühlt. Und sollte man doch in Situationen geraten, in denen man
sich aufregt: erst einmal durchatmen, nicht sofort reagieren. Und erst dann
entscheiden, ob man dem „Sich-Ärgern“ überhaupt Raum gibt. Am besten ruft man sich
den genannten Leitsatz einfach in Erinnerung und kann ihn im Zweifelsfall auch
laut aussprechen: „Och, weißt du…Wer mich ärgert, bestimme immer noch ich.“
„Ich verstehe Sie absolut, und ich möchte gern was anderes“
Bei dieser Formulierung geht es vor allem um das wirkmächtige Wort „und“.
Durch die Konjunktion wird eine Bewertung der damit verknüpften Botschaften
vermieden, beide verbundene Aussagen sind gleichgewichtig. Es wird folgende
Haltung ausgedrückt: „Ich verstehe dich gut, und es gefällt mir nicht, was du sagst.“ Man muss nicht etwas
gutheißen, nur weil man es versteht. Stattdessen kann man sich die Freiheit
nehmen, etwas zu verstehen und es dennoch nicht zu mögen. Hätte man anstelle
von „und“ die Konjunktion „aber“ verwendet, so kann man fast davon ausgehen,
dass beim Gegenüber eine Rechtfertigung evoziert wird. Oder wie sich die Autorin
ausdrückt: „Aber lässt Inhalte nie
gleichwertig nebeneinanderstehen, es zerstört alles, was vor dem Aber stattfindet.“ (S. 60). Tipp der
Autorin: aber durch und ersetzen!
„Das verzeihe ich mir am besten gleich mal selbst“
Wenn man sich bewertungsfrei und bedingungslos sowie liebevoll selbst
annehmen möchte, auch wenn man einmal eine schlechte Figur macht oder versagt,
so ist diese Formulierung genau die richtige. Statt peinlich berührt eine
Entschuldigung von sich zu geben, weil man etwas vermeintlich nicht richtig
gemacht hat oder mit einer bestimmten Einschätzung danebenlag, kann man so menschlich,
professionell und souverän mit der Situation umgehen, indem man diesen Satz zu
sich selbst oder auch zu anderen sagt. Das verschafft innere Gelassenheit und
ist insbesondere für Perfektionisten ein hilfreiches Mantra. Wie die Autorin
treffend festhält: „Wir erschaffen uns damit die Freiheit, uns wohlzufühlen,
egal, was uns gerade gelingt oder danebengeht“ (S. 65).
„Wer mit dem Finger auf andere zeigt, zeigt dabei mit drei Fingern auf
sich“
Die Autorin stellt sehr treffend Folgendes fest: „Wenn wir uns
aufregen über jemanden, wenn uns etwas am anderen stört, wenn wir meckern,
jammern, uns beschweren, ist es eine schöne Abkürzung, mal kurz zu überlegen,
was dieses Störgefühl eigentlich über uns selbst aussagt. Meinen wir wirklich
den anderen? (…) Oder sind wir es, die gestört sind (…)? (S.96). Nach Schulz
von Thun haben wir es mit der sogenannten Selbstoffenbarungsebene zu tun. Nach
Ansicht der Autorin bringt es nichts, wenn wir andere Menschen belehren oder
uns in Rechthabergespräche begeben, zumal man anschließend meist aufgeregter
ist als vorher. Jemand anders lässt sich nicht ändern, aber man selbst kann
sich ändern.
„Das sagt, glaube ich, mehr über Sie als über mich“
Bei dieser Aussage handelt es sich nach Ansicht der Autorin um einen
leichtfüßigen und effektiven Satz, der privat und beruflich wirkt, besonders
dann, wenn Neid und Eifersucht im Spiel sind. Am besten ist doch, wenn man sich
selbst und anderen einfach alles gönnt. Dazu hält die Autorin treffend fest: „Macht
das Herz groß, den Verstand weit und hat nebenbei den Vorteil, dass wir mit
dieser Haltung ähnlich großzügige, freie und wertschätzende Menschen anziehen“
(S. 126).
Fazit:
Ich halte die Lektüre dieses Buchs für sehr gewinnbringend, die
Autorin beweist ein gutes Sprachgefühl und kennt die zwischenmenschlichen „Kommunikations-Fettnäpfchen“.
Ihre Ratschläge sind sehr leicht umsetzbar und sie schreibt sehr anschaulich
und nachvollziehbar. Es wird einfach gut deutlich, wie mächtig Sprache doch
wirken kann. Ich empfehle dieses Buch vor allem solchen Leser:innen, die gerne
ihre eigene Persönlichkeit weiterentwickeln wollen und zu mehr Souveränität und
Gelassenheit finden wollen.
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