Ansiedlung auf dem roten Planeten
Bei „Mars Nation. Teil 1“ handelt es sich um den ersten Teil einer
Trilogie. Es geht vorrangig um das Thema der Ankunft auf dem roten Planeten und
um die Herausforderungen der Lebensgründung in den ersten 100 Tagen.
Interessant hierbei ist, dass zwei Missionen miteinander konkurrieren: Auf der
einen Seite haben wir eine vierköpfige NASA-Crew, die den Nachbarplaneten
erforschen und dann zurückkehren soll. Auf der anderen Seite planen zwanzig
Männer und Frauen auf dem Mars sesshaft zu werden. Sie reisen mit einem
Raumschiff der durch Spenden finanzierten Initiative „Mars für Alle“ (kurz:
MfA) zum roten Planeten.
Was mich absolut überzeugt hat, war die Darstellung der Geologie und
Topographie des Mars, dem Autor gelingt es wunderbar die Atmosphäre auf dem
fremden Planeten einzufangen und Bilder vor dem inneren Auge des Lesers
entstehen zu lassen. Und auch die vielen technischen Abläufe werden fundiert dargestellt.
So, wie Morris es beschreibt, könnten tatsächlich die Herausforderungen des
Alltags auf dem Flug zum Mars und innerhalb einer zu gründenden Marsstation
aussehen. Das wirkt alles sehr plausibel und detailliert aufbereitet.
Nicht zuletzt hat mir gut gefallen, dass der Autor einen lesenswerten achtseitigen
Sachtext zum Mars im Nachwort aufführt, Titel: „Die neue Biografie des Mars“.
Darin findet man, auf kompakte und kenntnisreiche Weise vermittelt, die
wichtigsten Fakten zu unserem Nachbarplaneten.
Inhaltlich hat mich vor allem der Anfang des Romans in seinen Bann
ziehen können, also die ersten 144 Seiten. Die „MfA-Crew“ hat Schwierigkeiten
beim Anflug auf den Nachbarplaneten und erhält Unterstützung durch die
NASA-Astronauten. Dabei wird ein gutes Maß an Spannung erzeugt.
Doch leider verliert das Buch nach meinem Dafürhalten ab S. 144 enorm
an Qualität und Sogkraft. Und das ist eine erstaunliche Parallele zu „The Hole“
von Brandon Q Morris, das ich ebenfalls gelesen habe. Woran liegt das? Ein
vielversprechender Handlungsstrang, den der Autor eröffnet, wird einfach nicht
weiterverfolgt. Ich hatte das Gefühl, dass er sich die Auflösung des Rätsels
lieber für die Folgebände aufheben wollte. Und das fand ich enorm schade.
Stattdessen verschiebt sich der erzählerische Schwerpunkt hin zu etwas anderem
und ab S. 203 wird es dann hanebüchen und sehr konstruiert. Das konnte mich
leider nicht überzeugen. Vielleicht wäre ein Einzelband doch vielversprechender
gewesen?
Was ich auch bemängeln muss, ist die schwache Figurenzeichnung. Bücher
leben davon, dass man mit Protagonisten mitfiebert, im Idealfall identifiziert
man sich mit einer Figur oder leidet mit ihr mit, entwickelt eine Sympathie für
sie. Das fehlt mir ganz klar in diesem Roman. Die Charaktere entfalten
keinerlei „Zugkraft“. Das liegt in meinen Augen an zwei Gründen: Einerseits fehlt
es bei allen Figuren an psychologischer Tiefe, andererseits gibt es kaum
interessante Beziehungsverhältnisse. Dies führte bei mir dazu, dass ich das
Geschehen mit ziemlicher Distanz verfolgt habe, das Schicksal der beiden Crews
hat mich wenig tangiert. Es wurden bei mir keinerlei Gefühle beim Lesen
ausgelöst. Da fand ich die Figurenzeichnung bei „The Hole“ deutlich besser
gelungen, vor allem in der ersten Hälfte des Buchs.
Fazit:
Ein Science-Fiction-Roman, dessen atmosphärische Schilderung des Lebens auf dem Mars ganz klar überzeugt, der aber eine zu schwache Figurenzeichnung aufweist. Auch fand ich schade, dass ein vielversprechender Handlungsstrang einfach offen gelassen wurde. Mich reizen die restlichen beiden Teile der Trilogie nicht. Keine Leseempfehlung!
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