Der kleinere und der größere Mann
Der
Thriller „Das Ferienhaus“ von C. M. Ewan ist ein geradlinig erzählter Thriller
mit viel Action, ohne viel „Schnickschnack“. Das Setting ist vielversprechend:
ein einsames, abgelegenes Haus inmitten der schottischen Abgeschiedenheit, eine
traumatisierte Familie, die dort zur Ruhe kommen will, und ein Einbruch mitten
in der Nacht, aus der sich eine rasante Verfolgungsjagd ergibt. Dieses Ereignis
wird wohl jeder Leser auf sich selbst übertragen können, und das lässt beim
Lesen Gänsehaut entstehen. Hat nicht jeder von uns nachts schon einmal wach
gelegen und gedacht, dass er jemandem im Haus gehört hat? Und was würde man
selbst in einer solchen Situation tun? Der Autor spielt hier gekonnt mit den
Urängsten eines jeden Menschen. Und was ebenfalls gelungen ist: C.M. Ewan nimmt
sich auf den ersten hundert Seiten Zeit, die Familienmitglieder einzuführen und
zu verdeutlichen, was sie in der Vergangenheit durchlebt haben. Es handelt sich
um eine krisengeschüttelte Familie, eine Familie, die ihren Sohn bei einem
Autounfall verloren hat, und die in einer dunklen Seitengasse überfallen worden
ist.
Auch
das Gefühlsleben verliert der Autor nicht aus dem Blick. Sehr beklemmend und
passend zur Situation wird das innere Erleben des Familienvaters beschrieben,
der seine Familie schützen will. Und interessant ist, dass der Vater hier nicht
als der heldenhafte Einzelkämpfer auftritt, sondern als seelisch Leidender, der
selbst Ängste aussteht.
Das
alles ist gut arrangiert und ich denke, der Thriller wird viele begeisterte
Leser und Leserinnen finden. Die Handlung lebt von der geschilderten
Situationsdramatik. Und darüber hinaus fragt man sich beim Lesen ständig, welche
Motive die Einbrecher wohl haben und welches Ziel sie verfolgen. Das treibt die
Handlung voran.
Doch
ich muss offen gestehen, dass ich auch so
meine Schwierigkeiten mit dem Werk hatte, das will ich nicht unerwähnt
lassen. Ich betone aber, dass sich letztlich jede/r selbst dazu ein Urteil
bilden sollte. Punkt 1: Für mich hat sich zu vieles wiederholt, die Handlung
dreht sich nach meinem Empfinden über viele Seiten im Kreis. Der Autor bedient
sich immer wieder des gleichen Musters. Die Familie gerät von einem
Bedrohungsszenario ins nächste. Immer wieder ist sie neuen Gefährdungen
ausgesetzt und muss sich behaupten. Und dabei wird auch das Gefühlsleben immer
wieder auf die gleiche Weise geschildert. Nach meinem Empfinden nutzt sich das
einfach mit der Zeit ab. Mehr Abwechslung hätte hier z.B. durch
Perspektivwechsel oder durch die Einbindung polizeilicher Ermittlungsarbeit erreicht
werden können. Punkt 2: Zudem gab es nach meinem Empfinden einige Stellen, wo
die dargestellte Situation aus dramaturgischen Gründen unrealistisch
dargestellt wurde. Ich verzichte hier aber bewusst auf Beispiele, um nicht zu
viel von der Handlung zu verraten. Bei mir ist es so, dass ich solche Thriller grundsätzlich
nicht mag, in denen die Handlung zu konstruiert wirkt, nur damit ein Effekt
erzielt wird.
Fazit:
Ich bin immer auf der Suche nach Büchern, die etwas Innovatives bieten, die sich von der breiten Masse abheben. Der Thriller „Das Ferienhaus“ ist nach meinem Dafürhalten leider kein solcher Thriller. Nein, er ist absoluter Durchschnitt. Mir ist die erzählerische Gestaltung zu simpel, es wiederholt sich zu viel, und zu viel wirkt konstruiert. Deshalb vergebe ich 3 Sterne und spreche eine Leseempfehlung für diejenigen aus, die geradlinig erzählte Action mögen.
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