„Das Zeitalter der Fragen“
Was
wäre, wenn man auf dem Saturnmond Enceladus Spuren biologischer Aktivität
findet? Und wie könnte man sich die bemannte Mission vorstellen, die nach
Beweisen außerirdischen Lebens sucht? Was wäre, wenn die Mission durch eine
Katastrophe womöglich zum Scheitern verurteilt wäre? Um diese Fragen geht es in
dem Roman „Enceladus“ von Brandon Q Morris, der in Wirklichkeit Matthias
Matting heißt. Und es ist der erste Science-Fiction-Roman aus der Feder des
Autors, also sein Debut. Und das Werk hat mir richtig gut gefallen, hier
beweist Morris sein Potential als Hard-Science-Fiction-Autor. Dies möchte ich
auch unbedingt an dieser Stelle erwähnen, weil mir der Einstieg in die Bücher
von Morris schwer gefallen ist. Sowohl „The Hole“ als auch „Mars Nation. Teil
1“ konnten mich nicht restlos überzeugen, obwohl deutlich wurde, dass Morris
ein ungeheures Talent hat, realistische und detailgetreue Near Future Science-Fiction
zu schreiben.
„Enceladus“
hat mich begeistert, weil das Spannungslevel hoch ist, die Crew ausreichend
tiefgründig gestaltet wurde und die technischen Abläufe und Details realistisch
und anschaulich daherkommen. Was ich lesenswert fand, war ebenfalls der
Umstand, dass in Rückblicken über die Vorbereitungen auf die Mission erzählt
wird. So muss die Mannschaft einige Herausforderungen bewältigen: Der
kilometerdicke Eispanzer des Mondes muss mit einem Bohrer durchstoßen werden
und die 6-köpfige Crew muss ganze 27 Monate miteinander auskommen, was eine
enorme psychologische Belastung darstellt. Hinzu kommt ein forderndes Astronautentraining
inklusive Schleudersitz-, Unterwasser-, Druckkammer- und Schwerelosigkeitstraining.
Das alles wird äußerst kenntnisreich und differenziert dargestellt. Dafür ein
großes Lob an den Autor!
Und
auch im Weltraum ist die Mannschaft ständig mit neuen Herausforderungen
konfrontiert: Nicht nur Pflanzen müssen trotz fehlender Gravitation mit
Nährstoffen und Wasser versorgt werden, sondern die Astronauten müssen sich auch
körperlich fit halten, um dem Abbau der Knochendichte entgegenzuwirken. Hinzu
kommen spannend geschilderte Außenbordeinsätze und Probleme mit der Navigation
beim Landeanflug auf den Saturnmond. Auch hier zeigt sich, dass der Autor diese
Inhalte sehr kompetent und anschaulich vermitteln kann. Auch das Ende hat mich
überzeugt. Die Darstellung des fremdartigen Lebens ist dezent und in meinen
Augen gerade deswegen gelungen.
Noch
ein Satz zur Figurenzeichnung, die ich in „The Hole“ und „Mars Nation. Teil 1“ teils
bemängelt habe. In „Enceladus“ finde ich die Crew für einen
Hard-Science-Fiction-Roman tiefgründig genug gestaltet. Man merkt zwar, dass
sich die meisten Gespräche vor allem auf Sachebene bewegen und professionelle
Missions-Themen betreffen, aber das hat mich nicht sonderlich gestört. Denn die
Sogwirkung erzeugt das Buch durch die bereits genannten Aspekte. Und mit Martin
entwirft der Autor auch eine Figur, die interessant ausgestaltet ist. Er wirkt
wie ein Nerd, der Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Umgang hat. Er wirkt
einerseits unbeholfen, wächst dann aber auch bei den Außenbordeinsätzen über
sich hinaus. Und durch eine Liebesgeschichte zwischen Amy und Hayato wird auch
noch etwas Abwechslung erzeugt.
Nicht
zuletzt punktet der Roman auch wieder mit einem umfangreichen Nachwort. Darin
zu finden ist ein ausführlicher Sachtext mit Hintergrundwissen zum Saturnmond
Enceladus. Als Nachbereitung zum Gelesenen unbedingt zu empfehlen.
Fazit:
Dieses Debut von Brandon Q Morris hat mich absolut überzeugt. Hier zeigt der Autor, was er drauf hat: Er entwirft ein spannendes, realistisches und detailliertes Near-Future-Science-Fiction-Szenario. Unbedingt als Einstieg in das Gesamtwerk des Autors zu empfehlen!
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