Meg – Trickbetrügerin oder Künstlerin?
Gelegentlich
stolpert man beim Lesen über Bücher, die sich als unerwartetes Highlight
herausstellen. Für mich war „Der Plan“ von Julie Clark genau ein solches Buch.
Im Zentrum stehen zwei Frauen, die sich gegenseitig manipulieren und einander
anlügen. Und der Reiz daran ist, dass keine der beiden gerade weiß, wer wen
gerade in ein Netz von Intrigen einspinnt. Das wird äußerst raffiniert erzählt
und entfaltet eine große „Sogkraft“. Das Duell zwischen Kat und Meg hat mich
beim Lesen begeistert. Jede von den beiden täuscht die andere und keine von
beiden sagt, wer sie ist und was sie will. Beide belauern sich gegenseitig. Das
ist spannend!
Figuren
Die
Figuren und die Beziehungsverhältnisse zwischen den Figuren werden differenziert
dargestellt. Mit Meg haben wir auf der einen Seite eine sehr durchtriebene und
äußerst intelligente Frau, die ihren Racheplan verfolgt. Geschickt wendet sie
immer wieder ihre umgekehrte Psychologie an, wenn sie sich in das Leben ihrer
Opfer eingeschlichen hat. Bei ihren Manipulationsversuchen habe ich mit
Interesse verfolgt, wie geschickt sie vorgeht, wie sie sich immer weiter
vortastet und ihre Grenzen austestet. Und mit Kat als Investigativjournalistin
haben wir auf der anderen Seite eine interessante Gegenspielerin, die in einer
toxischen Beziehung lebt, und die glaubt, sie könne Meg und ihr Treiben
durchschauen, sie überführen und eine Story darüber schreiben. Kat will Meg mit
ihren eigenen Waffen schlagen, um an sie heranzukommen. Doch gelingt ihr das? Und
wer ist am Ende schlauer, Meg oder Kat?
Interessant
sind auch die Männerfiguren, die allesamt aber etwas einfach gestrickt
daherkommen. So haben wir den Schulleiter Cory, das erste Opfer von Meg. Und
dann lernen wir noch Phillip und Ron kennen, die ebenfalls raffiniert von Meg
getäuscht werden. Man könnte hier bemängeln, dass die Männer etwas naiv
auftreten. Die sehr durchschaubaren Tricks von Meg erkennen sie nicht. Sie sind
fast zu vertrauensselig. Nicht immer ist alles ganz glaubwürdig, manches geht
zu leicht, Kleinigkeiten wirken stellenweise etwas konstruiert. Doch mich hat
das beim Lesen nicht gestört, ich konnte ohne Schwierigkeiten darüber
hinwegsehen. Wäre es anders, würde die Geschichte des Romans auch nicht
funktionieren.
Etwas
schade fand ich, dass die Figur Kristen nicht genauer beleuchtet wird,
schließlich spielt sie für Megs Treiben ja eine große Rolle. Da hätte ich gerne
noch mehr Hintergründe erfahren.
Erzählerische
Gestaltung
Die
erzählerische Gestaltung ist absolut gelungen, was nach meiner Meinung an
mehreren Faktoren liegt. Zum einen empfand ich die gewählte Ich-Perspektive für
beide Frauen sehr passend. So ist man ganz nah dran am Geschehen und an den
Gedankengängen der Figuren. Zum anderen fand ich die Perspektivwechsel
geschickt platziert. Mal verfolgt man die Gedankenwelt von Kat und liest dann
auch, wie sie Meg taxiert, dann ist man wieder bei Meg und verfolgt, wie sie
über Kat urteilt. Das ist raffiniert gemacht. Hinzu kommen noch Rückblenden in
die Vergangenheit, die auch sehr interessant sind. So erfahren wir, welche
Entwicklung Meg durchlaufen hat und wie sie sich Schritt für Schritt in ihrer
Kunst der Manipulation steigert. Nicht zuletzt gibt es auch Passagen des unsicheren
Erzählens, die mir immer besonders gut gefallen. So ist man sich irgendwann bei
Kat nicht mehr sicher, ob ihr Freund Scott sie belügt oder ob Meg sie
austrickst. Das ist besonders clever erzählt!
Innovatives
Element
Ich
bin stets auf der Suche nach einem „innovativen Element“, wenn ich Bücher lese
und rezensiere. Bei diesem Buch bin ich wieder fündig geworden: Man ist beim
Lesen auf der Seite der Täterin, man sympathisiert mit ihr. Das war für mich
mal etwas Neues, was ich noch nicht oft in Büchern in der Form gelesen habe.
Fazit:
Ein rundum gelungener Thriller, den ich persönlich als ein Highlight empfunden
habe. Das Duell zwischen Meg und Kat ist reizvoll und spannend zu lesen. Der Inhalt
wird zudem äußerst raffiniert erzählt. Ich vergebe 5 Sterne und empfehle dieses
Werk auf jeden Fall weiter!
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