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Sonntag, 22. Mai 2022

Clark, Julie - Der Plan


5 von 5 Sternen


Meg – Trickbetrügerin oder Künstlerin?

Gelegentlich stolpert man beim Lesen über Bücher, die sich als unerwartetes Highlight herausstellen. Für mich war „Der Plan“ von Julie Clark genau ein solches Buch. Im Zentrum stehen zwei Frauen, die sich gegenseitig manipulieren und einander anlügen. Und der Reiz daran ist, dass keine der beiden gerade weiß, wer wen gerade in ein Netz von Intrigen einspinnt. Das wird äußerst raffiniert erzählt und entfaltet eine große „Sogkraft“. Das Duell zwischen Kat und Meg hat mich beim Lesen begeistert. Jede von den beiden täuscht die andere und keine von beiden sagt, wer sie ist und was sie will. Beide belauern sich gegenseitig. Das ist spannend!

 

Figuren

Die Figuren und die Beziehungsverhältnisse zwischen den Figuren werden differenziert dargestellt. Mit Meg haben wir auf der einen Seite eine sehr durchtriebene und äußerst intelligente Frau, die ihren Racheplan verfolgt. Geschickt wendet sie immer wieder ihre umgekehrte Psychologie an, wenn sie sich in das Leben ihrer Opfer eingeschlichen hat. Bei ihren Manipulationsversuchen habe ich mit Interesse verfolgt, wie geschickt sie vorgeht, wie sie sich immer weiter vortastet und ihre Grenzen austestet. Und mit Kat als Investigativjournalistin haben wir auf der anderen Seite eine interessante Gegenspielerin, die in einer toxischen Beziehung lebt, und die glaubt, sie könne Meg und ihr Treiben durchschauen, sie überführen und eine Story darüber schreiben. Kat will Meg mit ihren eigenen Waffen schlagen, um an sie heranzukommen. Doch gelingt ihr das? Und wer ist am Ende schlauer, Meg oder Kat?

Interessant sind auch die Männerfiguren, die allesamt aber etwas einfach gestrickt daherkommen. So haben wir den Schulleiter Cory, das erste Opfer von Meg. Und dann lernen wir noch Phillip und Ron kennen, die ebenfalls raffiniert von Meg getäuscht werden. Man könnte hier bemängeln, dass die Männer etwas naiv auftreten. Die sehr durchschaubaren Tricks von Meg erkennen sie nicht. Sie sind fast zu vertrauensselig. Nicht immer ist alles ganz glaubwürdig, manches geht zu leicht, Kleinigkeiten wirken stellenweise etwas konstruiert. Doch mich hat das beim Lesen nicht gestört, ich konnte ohne Schwierigkeiten darüber hinwegsehen. Wäre es anders, würde die Geschichte des Romans auch nicht funktionieren.

Etwas schade fand ich, dass die Figur Kristen nicht genauer beleuchtet wird, schließlich spielt sie für Megs Treiben ja eine große Rolle. Da hätte ich gerne noch mehr Hintergründe erfahren.

 

Erzählerische Gestaltung

Die erzählerische Gestaltung ist absolut gelungen, was nach meiner Meinung an mehreren Faktoren liegt. Zum einen empfand ich die gewählte Ich-Perspektive für beide Frauen sehr passend. So ist man ganz nah dran am Geschehen und an den Gedankengängen der Figuren. Zum anderen fand ich die Perspektivwechsel geschickt platziert. Mal verfolgt man die Gedankenwelt von Kat und liest dann auch, wie sie Meg taxiert, dann ist man wieder bei Meg und verfolgt, wie sie über Kat urteilt. Das ist raffiniert gemacht. Hinzu kommen noch Rückblenden in die Vergangenheit, die auch sehr interessant sind. So erfahren wir, welche Entwicklung Meg durchlaufen hat und wie sie sich Schritt für Schritt in ihrer Kunst der Manipulation steigert. Nicht zuletzt gibt es auch Passagen des unsicheren Erzählens, die mir immer besonders gut gefallen. So ist man sich irgendwann bei Kat nicht mehr sicher, ob ihr Freund Scott sie belügt oder ob Meg sie austrickst. Das ist besonders clever erzählt!

 

Innovatives Element

Ich bin stets auf der Suche nach einem „innovativen Element“, wenn ich Bücher lese und rezensiere. Bei diesem Buch bin ich wieder fündig geworden: Man ist beim Lesen auf der Seite der Täterin, man sympathisiert mit ihr. Das war für mich mal etwas Neues, was ich noch nicht oft in Büchern in der Form gelesen habe.

 

Fazit

Ein rundum gelungener Thriller, den ich persönlich als ein Highlight empfunden habe. Das Duell zwischen Meg und Kat ist reizvoll und spannend zu lesen. Der Inhalt wird zudem äußerst raffiniert erzählt. Ich vergebe 5 Sterne und empfehle dieses Werk auf jeden Fall weiter!

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