“Das einzige Mädchen im Umkreis von 13 Kilometern“
Alina
Bronsky entpuppt sich in ihrem neuen Roman „Schallplattensommer“ wieder einmal
als sehr gute Alltagsbeobachterin und als jemand mit Blick für die feinen
Zwischentöne in menschlichen Beziehungen. Sehr differenziert und feinfühlig
werden die Beziehungen von Maserati zu ihrer Oma und zu den beiden neu
hinzugezogenen Nachbarjungen Theo und Caspar aufbereitet, und das dieses Mal
ohne den typischen Bronsky-Erzählton. Es geht dieses Mal nicht schwarzhumorig,
scharfzüngig und bissig zu, sondern einfühlsam und gefühlsgeladen (vgl. frühere
Rezensionen). Sie schließt damit an ihre
Erzählung „Das Geschenk“ an, in der sie ebenfalls sehr feinsinnig und
tiefgründig schreibt (vgl. eine frühere Rezension). Und mir gefällt das sehr,
es zeigt nämlich einmal eine andere Seite der Autorin. Und verdammt nochmal,
Alina Bronsky kann einfach genial schreiben. Das zeigt sich auch in diesem Buch,
das ich mit viel Interesse gelesen habe.
Besonders
gefallen hat mir die Protagonistin mit dem ungewöhnlichen Namen Maserati. Bei
ihr handelt es sich um ein intelligentes Mädchen, das eine glänzende Zukunft
haben könnte, doch sie ist komplett eingebunden in die Gastronomie und schmeißt
zusammen mit ihrer Oma ein kleines, feines Restaurant. Sie ist bald 18 Jahre
alt und hat auch mit ihren Gefühlen für das andere Geschlecht zu kämpfen, so
ist sie zwischen ihrem ehemaligen Mitschüler Georg und den Neuankömmlingen Theo
und Caspar hin- und hergerissen. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Oma von
Maserati krank zu sein scheint, doch das schwingt nur zwischen den Zeilen mit.
Typisch Bronsky eben! Und die Beziehung zu ihrer Oma ist keine einfache. Sie
geht streng mit ihr um, bestimmt oft über sie. Gleichzeitig macht sich Maserati
Sorgen um ihre Großmutter, kümmert sich liebevoll um sie. Während des Lesens
entstehen Fragen: Was stimmt mit der Oma nicht? Wer ist Lenchen? Was hat es mit
der Schallplatte auf sich? Was ist Theos Geheimnis? Welche Beziehung hat
Maserati zu ihrer Mutter? Dies treibt die Handlung voran. Sehr gelungen! Und
was mich besonders überzeugt hat: Vieles wird nicht einfach direkt
ausgesprochen, sondern es werden Interpretationsspielräume eröffnet. Das macht
Literatur aus!
Nicht
zuletzt ist auch die Atmosphäre lobenswert, die bei der Lektüre erzeugt wird.
Die Umgebung, in der die Handlung spielt, ist idyllisch, die
Naturbeschreibungen sind malerisch. Es entsteht eine Art „Sommerfeeling“
während des Lesens.
Fazit:
Wer Romane der Autorin kennt, wird womöglich über den neuen Erzählton
überrascht sein. Mir hat dieser Schreibstil sehr zugesagt. Ich empfehle den
Roman dringend weiter und vergebe 5 Sterne! Bronsky beschreibt sehr
differenziert und feinfühlig die zwischenmenschlichen Beziehungen, treibt die
Handlung geschickt durch offene Fragen voran und lässt auch Spielraum für
Interpretation.
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