Besser als „Blutige Stufen“?
Wie
schon in „Blutige Stufen“ erfolgt der Einstieg in den Thriller unmittelbar. Der
Autor startet sofort durch. Es geht sofort zur Sache. Es wird geschildert, wie
ein Täter sein Opfer quält. Und der Inhalt geht sofort unter die Haut. Wieder
wird deutlich, dass Carter großen Wert darauf legt, den Sadismus des Täters zu
beschreiben. Nichts für zartbesaitete Leser!
Im
Anschluss werden Hunter und Garcia mit einem kuriosen Fall konfrontiert, der
nur durch Zufall entdeckt wird. Bei der Autopsie eines Verkehrsopfers fällt
auf, dass die Verletzungen, die aus dem Unfall resultieren, nicht mit anderen
Verletzungen zusammenhängen können, für die sich keine plausible Ursache finden
lässt. Nicht alle Verletzungen lassen sich mit dem Autounfall in Verbindung
bringen. Kurzum: Der Unfalltod wurde vorgetäuscht! Garcia und Hunter nehmen die
Ermittlungen auf und irgendwann wird klar, dass ein Serienmörder sein Unwesen
treibt, der sehr geschickt darin ist, seine Taten zu verschleiern. Ein sehr
kniffliger Fall! Und als Leser stellte ich mir folgende Fragen: Was ist sein
Motiv? Nach welchen Kriterien werden die Opfer ausgewählt? Was ist das Muster,
das den Fällen zugrunde liegt? Wie werden Hunter und Garcia dem Täter auf die
Spur kommen?
Wie
schon in „Blutige Stufen“ macht die Darstellung der Forensik einen gut
recherchierten sowie authentischen Eindruck. Der Autor bringt aus seiner
eigenen Biographie Expertise mit. Und das merkt man. Sehr gelungen! Und zu
Beginn schreibt der Autor auch durchaus dynamisch und spannend, doch das bleibt
nicht so. Für mich ist das erzählte Tempo nicht mit „Blutige Stufen“
vergleichbar. Die Ermittlungen schreiten im weiteren Handlungsverlauf langsam
voran, Zeugenvernehmungen nehmen viel Raum ein. Es liest sich mehr wie ein
Kriminalroman, weniger wie ein Thriller. Was ist da los?
Nein,
das war nicht mehr der Carter, den ich in „Blutige Stufen“ kennen gelernt habe.
Der Stil hat sich spürbar geändert. Die Dynamik ist verloren gegangen. Die
kontextuellen Hinführungen zu einzelnen Passagen sind teils sehr ausführlich
geraten, Randfiguren erhalten zu viel Tiefe (interessanterweise bleiben Hunter
und Garcia aber weiterhin recht austauschbar und lassen wenig individuelles
Profil erkennen). Ich finde das sehr schade. Ich habe bisher (leider) nur
wenige Autoren ausfindig machen können, die temporeich schreiben. Wie kann sich
Carter nur selbst eine „Bremse“ auferlegen und das Tempo so stark drosseln?
Selbst am Ende ist spürbar, wie Dynamik verloren geht, weil auf einmal
ausführlich erläutert wird, wie eine Falltür genau aufgespürt worden ist.
Und
noch etwas: Der Thriller wurde tatsächlich entschärft, v.a. was die ausschweifende
Schilderung der blutrünstigen Tatorte betrifft. Da gebe ich vielen Rezensenten
Recht, die behaupten, dass Thriller nun weniger blutig ist als noch „Blutige
Stufen“. Aber die Schilderung des Sadismus hat nach meinem Empfinden keineswegs
nachgelassen, was sich v.a. am Ende des Thrillers zeigt. Und in meinen Augen
ist es insbesondere der dargestellte Sadismus des Täters, der unter die Haut
geht. Vielleicht könnte dieser stärker entschärft werden? Oder ist es dann etwa
kein Carter mehr?
Wenn
ich mir für den folgenden Band aus der Reihe etwas wünschen dürfte, so bitte
Folgendes: Rückkehr zum dynamischen Schreibstil und weniger ausschweifende Schilderungen
von Sadismus. „Blutige Stufen“ hat mir im direkten Vergleich besser gefallen. Ich
gebe 4 Sterne!
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