Wunsch und Wahn
Als
Lockmittel für das Interview schreibt Linda ein neues Buch (einen Krimi), über
das sie mit dem potientiellen Mörder, der uns als Journalist erscheint, reden
möchte. In dem Krimi verarbeitet Linda zugleich den Mord an ihrer Schwester.
Das Schreiben ist für sie Therapie. In die Handlung sind auch in regelmäßigen
Abständen Kapitel aus diesem Buch im Buch eingeflochten, deren Inhalt erahnen
lässt, was sich bei der Tat zugetragen hat. Sie haben mich allerdings nicht so
gepackt. Die Ebene um das Aufeinandertreffen von Linda und Lenzen fand ich viel
interessanter und spannender. Während der Lektüre fragte ich mich ständig, ob
Linda sich nicht vielleicht in eine Wahrnehmungstäuschung hineinsteigert und
sich alles einbildet. Ihre Anschuldigungen, Verdächtigungen und Vorahnungen zu
Lenzen spielen sich insbesondere in Lindas Gedankenwelt ab. Sie malt sich über
ihr Gegenüber unglaubliche Szenarien aus, die zutreffen können, aber nicht
müssen. Das ist von Raabe interessant gestaltet worden, zumal uns Victors
Gedanken verborgen bleiben. Oder ist es gar möglich, dass Linda mit ihren
Vermutungen zu Lenzen Recht behält? Ist er wirklich der Mörder, der ihre Schwester
umgebracht hat? Wird er sich im Interview durch irgendetwas verraten oder ein
Geständnis ablegen?
Kurzum:
Ein Thriller, der mich über weite Strecken gut unterhalten hat. Nur die
Auflösung am Ende hat mich nicht völlig überzeugt. Die psychologische Seite ist
durchdacht und stimmig arrangiert. Die möglichen Wahnvorstellungen von Linda
sind gelungen konzipiert worden. Das Tempo ist nicht allzu hoch, aber die
Spannung ist durchgängig vorhanden. Lediglich die eingeschobenen Kapitel aus
dem Buch im Buch haben mich nicht gepackt. Ich habe sie mehr überflogen. In
meinen Augen wären sie gar nicht nötig gewesen, nach meinem Empfinden haben sie
den Handlungsverlauf eher gelähmt als belebt.
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