Elternschaft, Vergänglichkeit und Verlust
Erzählt
wird aus der Ich-Perspektive der Mutter. In ihrer Gedankenwelt sind wir
präsent. Wir erleben mit, wie sie ihrem eigenen Sohn zunehmend mit Misstrauen
begegnet. V.a. die Angst, etwas in der Erziehung falsch gemacht zu haben, ist
deutlich spürbar. Große Selbstzweifel und starke Sorgen werden greifbar. Die
Mutter ist sehr mit sich selbst beschäftigt. Und gleichzeitig löst der Vorfall
etwas bei ihr aus. Sie erinnert sich an ihre Kindheit. Und es wird schnell
klar, dass sie etwas aus der eigenen Vergangenheit zu belasten scheint, was wieder
an die Oberfläche dringt (das erklärt auch ihre psych. Instabilität).
Ich
muss zugeben, dass der Titel und der Klappentext bei mir eine völlig andere
Erwartungshaltung erzeugt haben. Ich hätte gedacht, dass die Handlung viel
stärker in der Schule verortet ist und dass das Miteinander der Schüler eine
größere Rolle spielt. Das ist aber nicht der Fall. Es ist vor allem die
Vergangenheit der Mutter, die im zunehmenden Handlungsverlauf, eine immer
größere Rolle erhält. V.a. die Beziehung zu den eigenen Eltern und zu den
Schwestern wird in den Blick genommen und vertieft. Die Geschehnisse um den
Sohn rücken sehr in den Hintergrund (was ich sehr schade fand) und lassen mich
als Leser etwas ratlos zurück.
Bei
der Lektüre werden auch einige, nicht einfach zu beantwortende Fragen
aufgeworfen: Was ist kindliche Neugier und Spiel? Und ab wann werden Grenzen
überschritten? Und ich wunderte mich schon darüber, was Luca für Absichten
unterstellt werden (er ist 7 Jahre!). Die Erwachsenen agieren verunsichert und
wirken auf mich oft verkrampft. Müssten sie sich nicht auch einmal fragen, woher
ihr Sohn oder die Mitschülerin die Idee hatten, der zum Vorfall geführt hat?
Der Umgang mit dem Vorkommnis ist in meinen Augen insgesamt höchst fragwürdig
(auch was das Agieren der Lehrer und der anderen Eltern betrifft).
Das
Ereignis führt dazu, dass die Mutter von Luca viel über Elternschaft nachdenkt.
Und es wird offensichtlich, dass sie viel mit sich selbst ausmacht und viel in
Dinge hineininterpretiert. Mit ihrem Mann spricht sie erstaunlich wenig über
das, was in ihrem Kopf vorgeht. Die Partnerschaft der beiden ist einen
genaueren Blick wert. Und noch weitere Themen kommen vor: Vergänglichkeit und
der Umgang damit sowie Trauer und die Verarbeitung von Verlust. Die Erlebnisse aus
der Vergangenheit verdrängen die aktuellen Probleme um Luca zunehmend. Das fand
ich unerwartet und irgendwie auch schade. Und das Ende des Romans hat mich auch
nicht wirklich erreicht. So bleibe ich mit dieser Lektüre etwas ratlos zurück.
Ich hätte inhaltlich etwas anderes erwartet. Von mir gibt es 3 Sterne.
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