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Montag, 19. August 2024

Hillenbrand, Tom - Lieferdienst


Höher, schneller, weiter…



V.a. mit „Hologrammatica“ und „Drohnenland“ hat mich Tom Hillenbrand überzeugt (vgl. dazu frühere Rezensionen). Keine Frage, dass mich auch sein neuestes Science-Fiction-Werk interessiert hat. Doch so viel bereits vorweg: Es ist mehr gesellschaftskritische Satire als Spannungsroman. Das sollte man im Vorfeld wissen, wenn man „Lieferdienst“ liest. Denn dieser Umstand hat nach meinem Empfinden zur Folge, dass die Spannungskurve nicht sonderlich stark ausgeprägt ist. Wer darauf also großen Wert legt, der könnte enttäuscht werden.

 

Es wird eine futuristische Gesellschaft geschildert, in der nur diejenigen Lieferdienste den Zuschlag erhalten, die am schnellsten ein Produkt ausliefern. Der Kunde muss nur den Artikel bezahlen, den er als erstes zugestellt bekommt. Die Lieferdienste erstellen ihre Produkte mit Hilfe von 3D-Druckern und stellen sich dann dem Wettkampf um die schnellste Auslieferung. Unter Gefahr für Leib und Leben werden Mikrowellen und Konsolen an die Leute gebracht. Mit Sicherheit ein Seitenhieb auf die Auswüchse unserer gegenwärtigen Konsumgesellschaft. Denn wohin wird uns diese noch führen? Könnte das, was Hillenbrand sich hier überlegt hat und in der Zukunft verortet, vielleicht irgendwann Wirklichkeit werden? Die Lektüre ließ mich oft schmunzeln. Es gibt viele versteckte Seitenhiebe und Anspielungen, es wird mit Übertreibungen gearbeitet. Wertvorstellungen werden auf die Schippe genommen. Hat mir gut gefallen!

 

Die Welt, die sich der Autor mit seinen vielen findigen Begrifflichkeiten überlegt hat, ist durchdacht, ausgefallen und kreativ. Sie wird detailliert dargelegt. Man taucht sofort ein in diese Zukunftsvision. Klasse! Schon in „Hologrammatica“ hat Hillenbrand ja bewiesen, dass er bei seinen Weltenentwürfen äußerst einfallsreich ist. Das ist bei „Lieferdienst“ nicht anders. Der Konkurrenzdruck, der zwischen den verschiedenen Lieferdiensten herrscht, ist hoch und kommt gut zum Ausdruck. Und irgendwann wirft Hillenbrand eine wichtige Frage auf: Was bewirkt Fortschritt? Was sind seine Konsequenzen?

 

Im Mittelpunkt steht der Bringer Arkadi, seinen Arbeitsalltag begleiten wir. Und schnell merken wir, dass dem Protagonisten sein Job über alles geht. Arkadi ist pflichtbewusst bis hin die Haarspitzen. Der Kodex für Bringer ist ihm „heilig“. Aufträge führt er aus, ohne sie zu hinterfragen. Doch eines Tages gerät er in eine undurchsichtige Machenschaft. Er muss plötzlich um sein Leben fürchten und sich in wilden Verfolgungsjagden behaupten. Doch für mich kam nicht so recht Spannung auf, was ich schade fand.


Fazit: Für mich reicht „Lieferdienst“ nicht an „Hologrammatica“ oder „Drohnenland“ heran, aber dennoch hat mir die Lektüre viel Lesefreude bereitet, weil sie einfach clever und mit einem großen satirischen Augenzwinkern gestaltet worden ist. Sie war nur anders als gedacht, weil ich eine stärkere Spannungskurve erwartet hätte. Aus diesem Grund gebe ich „nur“ 4 Sterne.

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