Für mich ein Flop
Was
wäre, wenn man auf dem Marsmond Phobos ein außerirdisches Artefakt fände? Und
was wäre, wenn daraufhin ein Wettlauf zwischen den USA, Russland und China
entbrennen würde, um als erster nach Phobos zu gelangen? Das sind die zentralen
Fragen, um die es im Science-Fiction-Roman „Janus“ von Phillip P. Peterson
geht. Und ich gebe zu, dass ich mit sehr großen Erwartungen an dieses Buch
herangegangen bin. Peterson ist einer meiner Lieblingsautoren. Die Themen, die
er wählt sind für mich reizvoll und er hat in seinen bisherigen Büchern immer
wieder unter Beweis gestellt, dass er ein unglaubliches Talent dafür hat,
Spannung zu erzeugen. Bis auf die komplette Transport-Reihe habe ich alles von
ihm gelesen (vgl. frühere Rezensionen). Der Wissenschaftsthriller „Nano“ war in
meinen Augen sein bisher bestes und stimmigstes Buch, das er geschrieben hat.
Kann „Janus“ daran anknüpfen?
Der
Einstieg in den Astronauten-Thriller ist gelungen. Es wird ein simuliertes
Andockmanöver an die ISS geschildert. Jenny Nelson probt auf diese Weise den
Ernstfall und lernt aus ihren Fehlern. Das ganze Setting wirkt sehr authentisch
und realistisch. Hier merkt man, dass der Autor vom Fach ist und Hintergrundwissen
aus seinem beruflichen Werdegang einfließen lässt. Die Beschreibungen der
technischen Abläufe rund um die Luft- und Raumfahrttechnik wirken kenntnisreich
und detailliert. In meinen Augen die große Stärke dieses Buchs!
Und
was der Autor ebenfalls lobenswert in den Blick nimmt: die außenpolitischen
Probleme, die aus einer möglichen internationalen Zusammenarbeit bzw. dem
Konkurrenzkampf resultieren. Und auch die Charakterzeichnung überzeugt, vor
allem die von Jenny und ihrem Lebensgefährten Daniel. Jenny erscheint als
starke Frauenfigur, die sich in einer Männerdomäne durchgesetzt hat. Die
Belastungen des Astronautenjobs für das Privatleben werden glaubwürdig
dargestellt. Jenny muss sich zwischen Karriere und Familienplanung entscheiden.
Und es zeigt sich, dass sie ehrgeizig und karrierebewusst agiert. Sie möchte
unbedingt bei der anstehenden Marsmission dabei sein. Und ihr Verhalten wirkt
sich wiederum negativ auf die Beziehung zu Daniel aus. Leider treten dafür
andere Figuren zu sehr in den Hintergrund, spielen so gut wie keine Rolle und
bleiben blass.
Und
es gibt noch weitere Stolperstellen, auf die ich hinweisen möchte: Wer z.B.
überreicht Daniel den Umschlag mit Geheiminformationen? Das Geheimnis wird
leider nicht aufgelöst und der Einsatz dieses schriftstellerischen Kunstgriffs
wirkte auf mich nicht sonderlich elegant. Auch ist mir nicht klar geworden, wie
die Entdeckung des Objekts auf den Mars so schnell als außerirdisch eingestuft
werden konnte. Hier hätte ich begleitende Erforschungen durch verschiedene
Messinstrumente sinnvoll gefunden, das Mysterium des Artefakts hätte Schritt
für Schritt enträtselt werden können. Es wird nicht ein einziges Mal in Zweifel
gezogen, ob es sich wirklich um etwas Außerirdisches handelt. Und es werden
keinerlei Erkenntnisse zu dem Monolithen in die Handlung integriert. Schade!
Und
noch etwas: Die Marsmission wird in eiligstem Tempo aus dem Boden gestampft.
Alles wirkt gehetzt, überstürzt und riskant. Ist ein solches Szenario
realistisch? Ich habe mich schon gefragt, wie die Menschheit reagieren würde,
wenn es zu einem solchen Vorkommnis käme. Würde man nicht mit mehr Verstand und
ausgiebiger Planung an die Sache herangehen? Man sollte sich mit dem von
Peterson erdachten Szenario anfreunden können. Für mich wirkte die Dramatik
etwas erzwungen. Auch die Konzeption der
Geo-Politik hat mich stellenweise nicht überzeugt. Sie wirkte manchmal etwas zu
sehr „schwarz-weiß“, d.h. ohne Grautöne. Auch eine internationale
Zusammenarbeit ohne Konkurrenzdenken hätte ihren Reiz gehabt, aber ohne den Wettlauf
zum Mars hätte die Handlung natürlich weniger Dramatik entfaltet.
Und
abschließend noch ein Bemerkung zur Gestaltung der Spannungskurve: Diese fand
ich in „Nano“ besser arrangiert (vgl. eine frühere Rezension). Zum ersten Mal
fehlte mir die Spannung, die sonst die Bücher des Autors auszeichnet. Ich habe
mich gefragt, woran das lag und habe (leider!) immer noch keine befriedigende
Antwort gefunden. Vielleicht wäre ein Konkurrenzkampf zwischen den
Crew-Mitgliedern der Marsmission noch eine gute Idee gewesen? Für mich war z.B.
zu schnell klar, dass Jenny einen Platz an Bord bekommen wird. Warum sonst
sollte sie als Figur sonst so im Zentrum stehen? Auch fehlten dieses Mal
(anders als in „Nano“) spannungserregende
Perspektivwechsel und Impulse. Die Handlung nimmt erst viel zu spät
Fahrt auf, nämlich erst mit dem Start der Marsmission.
Gleichzeitig
nimmt die Marsmission im Vergleich zum Rest des Buchs wenig Raum ein und wird
stark gerafft erzählt. Schade! Nach meinem Geschmack hätte die Reise zum Mars
länger dauern können. Mehr Spannung hätte z.B. durch ein permanentes
Bedrohungsszenario erzeugt werden können, z.B. durch eine unvorhergesehene
Katastrophe an Bord des Schiffes (ein Leck im Sauerstofftank o.ä.). Das
beschriebene Annäherungsmanöver zwischen den Konkurrenten und die Übergabe von
Transistoren und Medikamenten fand ich unrealistisch. Hat mich nicht überzeugt.
Die
Beschreibung der Oberfläche des Monolithen und des Marsmondes fand ich
einfallslos. Und auch vom Ende des Buchs war ich enttäuscht (viel zu knapp und banal),
allerdings will ich hier nicht zu sehr spoilern. Ich könnte hier viel dazu
sagen, aber die Gefahr ist mir zu groß, zu viel zu verraten. Kurzum: Für mich
leider das bisher schwächste Buch aus der Feder von Peterson. Bisher habe ich
alle Bücher des Autors als packend geschrieben erlebt. Dieses Werk bildet eine
Ausnahme. Schade! Ich hoffe auf ein besseres nächstes Buch.
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