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Sonntag, 27. August 2023

Strobel, Arno - Offline






Digital-Detox auf dem Watzmann


Von Arno Strobel habe ich bereits einige Thriller gelesen: „Sharing“, „Fake“, „Mörderfinder 1“, „Die App“. Zuletzt „Der Trip“ (vgl. dazu frühere Rezensionen). Und eines zeichnet alle Thriller in meinen Augen aus: Hohes Tempo und eine schnell getaktete Ereignishaftigkeit. Ich habe (bisher) noch keinen anderen Autoren gefunden, der ähnlich dynamisch schreibt. „Fake“ und „Mörderfinder 1“ haben mir von allen Thrillern, die ich von Strobel kenne, am besten gefallen. Sie weisen zusätzlich noch eine geschickt konstruierte Spannungskurve und unerwartete Wendungen auf.

 

Aus diesem Grund ist klar, dass ich immer einmal wieder Thriller von Strobel lese, in der Hoffnung, beim Lesen in einen Zustand innerer Anspannung und Aufregung versetzt zu werden. Dieses Mal fiel meine Wahl auf „Offline“, erschienen im Jahr 2019. Und das Ausgangssetting klang gut: Eine Gruppe von Menschen, die auf dem Watzmann für eine Woche einen „Digital-Detox-Urlaub“ einlegt und in einem von der Außenwelt abgeschnittenen Bergsteigerhotel unterkommt. Und plötzlich verschwindet jemand aus der Truppe und wird schwer misshandelt wiedergefunden. Er ist seiner Sinne beraubt worden: Taub, blind, bewegungsunfähig und ohne Zunge. Eine grausige Tat. Was ist ihm widerfahren? Wer ist zu so etwas in der Lage? War es jemand aus der Gruppe? Und schon fliegt man gespannt durch die Seiten, zumindest anfangs.

 

Die typische Strobel-Zutat findet man auch hier: eine hohe Dialoghaftigkeit, die Unmittelbarkeit erzeugt. Das ist gut! Und dann kommen zwei weitere Elemente hinzu, die mir in dieser Form bei Strobel bisher noch nicht begegnet sind: Ein geschlossener Handlungsraum und viele handelnde Figuren. Während die Wahl des (verwinkelten) Handlungsorts sicherlich die Spannung zu steigern vermag (Ruth Ware lässt grüßen), bremst die hohe Anzahl der Figuren das Tempo jedoch wieder aus. Das ist schade!

 

Besonders perfide ist dieses Mal, dass kein Mordopfer gefunden wird, sondern dass das Opfer durch Misshandlungen gequält wird. Das erfordert dieses Mal ein starkes Nervenkostüm. Die Vorstellung, wie das Opfer leidet, ist schwer auszuhalten. Man leidet mit. Im späteren Handlungsverlauf werden auch noch kurze Kapitel aus der Sicht eines weiteren Opfers eingebunden, die schwer lesbar sind. Die geschilderten Qualen in Form von Gefühlen und Gedanken gingen mir unter die Haut. Die anderen Thriller, die ich bisher von Strobel gelesen habe, fand ich nicht so grausam und brutal. Sie haben mir besser gefallen.

 

Nach der Tat beginnen die Mitglieder der Gruppe sich gegenseitig zu verdächtigen, die Anfeindungen und das Misstrauen nehmen zu. Und anfangs ist die Schilderung der Gruppendynamik auch äußerst interessant. Mit zunehmendem Handlungsverlauf verlor dieses Setting aber immer mehr seinen Reiz. Es wiederholt sich Vieles zu sehr, es dreht sich zu sehr im Kreis. Es fehlen neue, spannungserregende Impulse, die die Handlung vorantreiben. Die Darstellung der Gruppendynamik nutzt sich mit der Zeit einfach ab. Immer wieder wird (auf ermüdende Weise) durchgespielt, wer der Täter sein könnte und wie man sich vor weiteren Taten schützen kann. Das kann Strobel eindeutig besser!

 

Und noch etwas, das mich enttäuscht hat: Die Auflösung am Ende. Sie konnte mich nicht überzeugen. Ich fand sie unrealistisch und insgesamt zu unausgegoren. Auch das kann Strobel besser! Für mich das bisher schwächste Buch, das ich vom Autor gelesen habe. Schade!  


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