4 von 5 Sternen
„Awachsananquatsch“
Das
Kinderbuch „Zippel macht Zirkus“ von Alex Rühle, illustriert von Axel
Scheffler, ist bereits Band 3 einer Reihe. Nach meinem Dafürhalten ist es als
Vorlesebuch für Kinder von 5 bis 8 Jahren geeignet, zum Selbstlesen für
Erstleser ist der Text zu umfangreich. Das Buch umfasst 137 Seiten. Zu Band 1
habe ich ebenfalls eine Rezension verfasst (vgl. meinen Blog) und war sehr
angetan. Auch Band 2 hat mir und meinen Kindern gefallen. Kann der dritte Teil
nun mithalten? In meinen Augen leider nur teilweise. Es gibt viel Positives,
aber auch Verbesserungswürdiges, wie ich im Folgenden ausführen möchte.
Zunächst
zum Positiven: Der Einstieg ins Buch ist gelungen. Schon auf den ersten Seiten
wird uns der unruhige Geist Zippel, der gern Quatsch anstellt, in Erinnerung
gerufen. Er hat sich in ein Regenrohr verirrt und ärgert den Hausmeister Herrn
Ritzsche. Lustige Lautmalereien unterstützen das Treiben („Klonkerkabonker“,
„Rongeldiwong“ etc., S. 5). Auch Frau Wilhelm, Paul und Quockel werden mit den
wichtigsten Hintergrundinformationen auf den ersten Seiten eingeführt. Das
verschafft gut Orientierung, auch wenn die Lektüre der vorherigen Bände bereits
länger zurückliegt.
Was
ebenfalls lobenswert ist. Der Autor hat wieder viele amüsante Ideen, die er in
den Text einbaut und die beim Nachwuchs für Lachen sorgen (z.B. der kochende
Quockel: „Am liebsten macht er Rostis: Dafür schmeißt er alten Rost in die
Pfanne, würzt ihn mit Erde aus Frau Wilhelms Blumentöpfen oder mit lecker altem
Dreck vom Küchenboden und isst das dann alles aus einem kleinen silbernen
Fingerhut, den Frau Wilhelm immer zum Sockenstopfen benutzt“, S. 11). Hierzu
zählen auch die Aussprachebesonderheiten sowie auflockernde Reime:
„Awachsananquatsch“ (S. 11), „wuuaaaachwerden“ (S. 15), „abajetzmachendlich“
(S. 19), „Latürnich (S. 35), „Tschappukino“ (S. 47), „Winkewinkewiedersehen/jetzt
wird alles wunderschön./Jetzt beginnt ein Abenteuer/weite Welt voll
Ungeheuer!“, S. 32).
Auch
ein klarer roter Faden ist erkennbar. Quockel erhält eines Tages Post aus
seinem alten Zirkus, in dem er einst gelebt hat, und Frau Wilhelm, Paul, Zippel
und Quockel beschließen, den Zirkus in Italien zu besuchen. Auf der Zugfahrt dorthin
werden Frau Wilhelm ihre Koffer geklaut, die die Gespenster dann
wiederbeschaffen. Das wird sehr amüsant geschildert (v.a. der Taxifahrer mit
österreichischem Dialekt: „Wenn S‘ ma jetzt bittee noch song, wo S‘ hinwoin. Oh
– was haben S‘ denn da auf Ihrer Schulter.“, S. 41). Für mich ein Highlight des
Buchs, weil es beim Vorlesen einen besonders lustigen Effekt erzeugt.
Bei ihrer Ankunft in Italien und dem Wiedertreffen mit Grissini ist auch Wortwitz erkennbar: „Buntolo Briefo Konfetti con Luftschlangolina! Langschaftamente und Berge und dalli avanti mit Taxi von Chioggia! Zirkissimo molto bin Zippelzefixonosario!“, S. 51. Der Zoodirektor eröffnet dann seinen Besuchern, dass der Zirkus seit dem Rauswurf des Zauberers Berlusconi große Probleme hat. Die Situation ist ernst: „Wir haben Schulden bei der Bank. Wenn wir die nicht bald bezahlen, müssen wir zumachen. Die Premiere am Samstag ist unsere letzte Chance.“, S. 64. Und als ob das Unglück noch nicht groß genug ist, kommt es zu einem Brand des Zirkuszelts. Steckt Berlusconi dahinter? Können Quockel und Zippel den Zauberer aufspüren und überführen? Wird er seinen gehässigen Plan in die Tat umsetzen können oder wird sein Treiben durch die Gespenster beendet?
Nun zu meinen Verbesserungswünschen: Ich hätte mir insgesamt mehr Bilder gewünscht. Auch wäre es bei der Erwähnung der Charaktere des Zirkus hilfreich gewesen, als Leser:in noch einmal ein paar Informationen zu erhalten, falls die Lektüre von Band 2 länger zurückliegen sollte. Wer war denn nochmal gleich Andromeda? Wer Orion? Und wie war das doch gleich mit Burlesconi? Das Buch hat einen klar erkennbaren roten Faden (wie oben beschrieben), aber im weiteren Handlungsverlauf ist auch erkennbar, dass von diesem Faden zu oft abgewichen wird. Ich hatte das Gefühl, dass es dem Buch gut getan hätte, wenn die Handlung stringenter vorangetrieben worden wäre. Nach dem Feuer hätte ich z.B. erwartet, dass Zippel und Quockel Ursachenforschung betreiben und sich auf die Suche nach Berlusconi machen. Stattdessen begegnen die beiden Geister erst noch Delfinen und Quallen, führen ein Gespräch mit Orion, der in Selbstzweifeln versinkt, und Zippel verfasst Liebesgedichte. Kurz gesagt: Es dauert sehr lange, bis die ursprüngliche Handlung wiederaufgenommen wird und Zippel sowie Quockel dem fiesen Zauberer begegnen und ihm auf die Schliche kommen. Und noch etwas: Das Buch ist stellenweise auch einmal recht ereignisarm, was die Geduld der jungen Zuhörer:innen auf die Probe stellen kann. Die vielen kreativen Ideen, die Rühle erkennen lässt (siehe oben) hätten nach meinem Geschmack noch häufiger vorkommen können und ich hätte mir weniger Popo-Witze gewünscht (vgl. z.B. S. 54: „Das ist kein Po, so sieht das aus, wenn man eine Glatze hat“; oder S. 88: „Nix im Po. Imponieren. Das heißt so was wie beeindrucken“).
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