Kinderbuch mit Stolperstellen
Wer
kennt es nicht, das Neinhorn? Ein tolles Kinderbuch mit vielen, vielen
kreativen Ideen und einem kindgerechten Humor. Aus diesem Grund wollten wir
gerne mehr von dem Autor Marc-Uwe-Kling lesen und entschieden uns für „Der Tag,
an dem Tiffany das Wasser aus der Wanne geschaukelt hat“. Das Buch wird
empfohlen für Kinder ab 6 Jahren. Und so viel vorweg: Die Altersempfehlung
finde ich ungeeignet. Der Humor und die vielen versteckten Anspielungen sind
eher etwas für ältere Kinder. Ich hatte das Gefühl, dass Kling sich darum
bemüht hat, ein Buch zu schreiben, das für Kinder und Erwachsene gleichermaßen
geeignet ist. Doch in meinen Augen gelingt das leider nicht. Ich will gern
begründen, warum ich das so sehe.
Eines
Tages beschließen Mama, Luisa und die Oma, einen Erholungstag mit Sauna
einzulegen. Papa, Opa und Tiffany bleiben zu Hause und Papa möchte endlich
einmal in Ruhe ein Buch lesen. Doch kaum beginnt er seine Lektüre, da taucht
auf einmal Tiffany auf und bittet ihn darum, mit ins Haus zu kommen. Dort gibt
es ein kleines Problem: „Plötzlich hatte er nasse Füße. Im ganzen Flur war
nämlich Wasser. Da staunte Papa nicht schlecht“ (S. 16). Und auf den
nachfolgenden Seiten geht es dann um die Problemlösung. So weit, so gut.
Was,
mich allerdings beim Vorlesen gestört hat, waren Passagen, in denen der Witz
für Kinder nur schwer verständlich ist, weil z.B. Ironie vorkommt oder
Anspielungen auftauchen, die nicht der Lebenswelt von 6-jährigen Kindern
entsprechen („Das war aber nicht gerade ein Beitrag zu einem herrschaftsfreien
Diskurs im Habermas’schen Sinne“, S. 43; „Aber manchmal, wenn das Schiff auf
einen Eisberg zufährt, dann ist es Quatsch, darüber abzustimmen, ob es jetzt
links oder rechts vorbeifahren soll oder vielleicht doch weiter darauf zu!“, S.
44-45). Da hilft es auch nicht, dass der Begriff Ironie an Beispielen erklärt
wird („Ironisch heißt, dass man etwas anders meint, als man es sagt“, S. 26). Die
Ausführungen zu der Wendung „Danke, Merkel!“ (vgl. S. 28-32) fand ich ebenfalls
absolut unpassend. Wie soll ich das denn meinem Nachwuchs erklären? Zumal damit
eine politische Einstellung transportiert wird, die ja nicht sachlich-neutral
daherkommt. Das mag für Erwachsene in Ordnung sein, die ja dann auch
entscheiden können, ob sie der Position zustimmen oder nicht. Aber für Kinder
finde ich das fragwürdig.
Die
Grundidee der Geschichte ist in meinen Augen in Ordnung. Und wenn der Text von
den nicht altersgerechten Passagen bereinigt worden wäre, dann wäre es bestimmt
ein lustiges Kinderbuch geworden. Es gibt durchaus gute Ideen, der Text ist
stellenweise auch gelungen. Die Illustrationen sind beispielsweise geglückt.
Sie unterstützen den Text passend. Aber die erwähnten Stolperstellen wiegen
nach meinem Dafürhalten zu schwer, um dieses Buch guten Gewissens
weiterempfehlen zu können.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen