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Samstag, 23. März 2024

Fitzek, Sebastian - Mimik


Unrealistisch, überdreht und unglaubwürdig


Mit Sebastian Fitzeks Büchern, die ich kenne, bin ich bisher (leider) nie richtig warm geworden, und das, obwohl sie ausnahmslos und stets wochenlang in den Bestseller-Listen stehen. Misst man den Erfolg anhand der Bestseller-Liste, so ist er der erfolgreichste deutsche Autor (10 Bücher waren über 180 Wochen darin vertreten, vgl. dazu www.24books.de). Doch dessen ungeachtet: Das Debut „Die Therapie“ fand ich durchschnittlich, „der Heimweg“ war eine Katastrophe und „Elternabend“ habe ich nach 40 Seiten abgebrochen (vgl. dazu frühere Rezensionen). Mit „Mimik“ wollte ich Fitzek nun noch einmal eine Chance geben. Vielleicht liegt es ja an mir, dass ich den Büchern bisher nichts abgewinnen konnte.

 

Worum geht es: Hannah Herbst, Expertin für Mikoexpression, wurde nach einer Operation aus dem Krankenhaus entführt und befindet sich in der Gewalt eines psychopathischen Sadisten, genannt „Der Chirurg“. Dieser hat mit falschem Arzttitel Operationen an Menschen durchgeführt und sich daran ergötzt, diese aufzuschneiden. Die Protagonistin leidet unter Gedächtnisverlust und kann sich an nichts  erinnern. Sie weiß also nicht, warum sie überhaupt entführt wurde. Grund für die Amnesie ist die an ihr vorgenommene Anästhesie im Rahmen der OP. Der Chirurg behauptet, Hannah habe ein Verbrechen begangen und spielt ihr ein Geständnisvideo vor, in dem sie einen Mord zugibt. Stimmt das, was er sagt oder will er sie verwirren? Haben wir es mit einer Form von „Gaslightning“ zu tun, die der Entführer anwendet? Im weiteren Handlungsverlauf geht es darum, dieses Rätsel zu lösen und herauszufinden, was wirklich passiert ist. Was wird Hannah Herbst herausfinden?

 

Zunächst zum Positiven: Der Beginn ist in Ordnung, das Anmesie-Motiv erzeugt Neugier und was mir auch gut gefallen hat, ist das Stilmittel der sogenannten „Splitpages“, die Fitzek im Nachwort erwähnt. Sie erzeugen Dynamik und dienen dazu, parallele Handlungsstränge simultan abzubilden. Clevere Idee! Doch ansonsten hat mich der Thriller leider nicht überzeugt. Die typischen Fitzek-Elemente waren wieder deutlich spürbar: Vieles wirkt arg konstruiert nach dem Motto „was nicht passt, wird passend gemacht“ und unrealistisch, förmlich an den Haaren herbeigezogen. Hannah Herbst läuft z.B. im gesamten Werk mit einer Stichverletzung in der Milz herum, aber das macht ihr nicht viel aus (Was soll das bitte?). Schon der Einstieg ins Werk ist verworren, konfus und unübersichtlich, hat mich nicht überzeugt. Es ist mir auch bis zum Ende nicht klar geworden, wie einzelne Geschehnisse mit anderen zusammenhängen oder wie sie überhaupt motiviert sind (warum ist Hannah Herbst überhaupt vom Chirurg entführt worden??). Aber nun gut…Ich habe mich immer wieder dazu gezwungen, mich auf das Gelesene einzulassen und mich durch das Buch „durchzubeißen“. Vielleicht habe ich dabei auch etwas überlesen.

 

Was mir auch wieder negativ auffällt, ist Folgendes: Handlungselemente sind teilweise überdreht (Neudeutsch: „einiges ist einfach drüber“). Man findet bei Fitzek nicht einfach nur ein Opfer. Nein, man findet ein Opfer mit ausgerenktem Unterkiefer, das aufgrund eines Morphiumentzugs zu viel gegähnt hat. Und natürlich wird der Kieferknochen mit einem Handgriff beiläufig einfach mal eben schnell wieder eingerenkt, um mit dem Opfer im Anschluss reden zu können. Abgefahren! Ein weiterer Punkt: Die psychologisch-psychiatrische Seite erscheint mir unglaubwürdig (Mimiktests und begleitende MRT-Aufnahmen bei Kindern, um Psychopathen frühzeitig erkennen zu können?).

 

Ich mache weiter: Die Kompetenz von Hannah Herbst kam mir nicht genug zur Geltung. Es gab nur wenige Textstellen, in denen sie ihre Fähigkeit der Analyse von Mikroexpression einmal anwendet und ihr Gegenüber liest und durchschaut. Und die Schilderung davon bleibt dünn. Kein Vergleich zu Carlotta Weiss aus „Engelsmädchen“ von Max Bentow oder Evie Cormac aus der Cyrus-Haven-Reihe von Robotham. Stellenweise hatte ich das Gefühl, dass der Autor spontanen Eingebungen folgt, die er zu Papier bringt, wenn er die Handlung entwickelt. Auf mich wirkt nicht alles durchdacht und in sich konsistent, eher planlos und improvisiert. Es gibt inhaltliche Entwicklungen, die aus dem Nichts heraus entstehen und in keiner Weise frühzeitig angelegt worden sind. Letzter Aspekt: Die Figuren bleiben allesamt flach. Sie haben keine psychologische Tiefe. Deshalb kann ich nicht mitfiebern…

 

Kurzum: Es bleibt für mich dabei. Ich verstehe den Erfolg der Bücher von Sebastian Fitzek, die ich kenne, nicht und werde es wohl auch nicht verstehen. Natürlich soll jede:r lesen, was sie:er mag. Und Geschmäcker sind verschieden. Aber bei mir war es nun definitiv das letzte Mal, dass ich einen Fitzek lese. Wenn ich seine Bücher lese, raufe ich mir jedes Mal die Haare. Mir fällt es schwer, an seinen Zeilen haften zu bleiben. Das macht keinen Spaß, also lasse ich es. Ich greife lieber zu Thrillern anderer Autoren wie Arno Strobel, Henri Faber, Judith Merchant, Christian Piskulla, Michael Robotham, Max Bentow, Steve Cavanagh, Linus Geschke etc. (vgl. dazu meinen Blog).

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