Schnell getaktete Ereignishaftigkeit
Nachdem
ich von „Fake“ von Arno Strobel so begeistert war (vgl. eine frühere Rezension),
wollte ich unbedingt noch mehr von ihm lesen. So stieß ich auf den Thriller
„Sharing“, erschienen 2021. Und es zeigt sich, dass die Erzählweise, die schon
bei „Fake“ für extreme Spannung sorgte, auch bei Sharing zum Einsatz kommt.
Eine Erzählweise, die ich in meiner Rezension zu „Fake“ bereits folgendermaßen
benannt habe: schnell getaktete Ereignishaftigkeit. So auch hier. Der Autor
kommt sofort zur Sache, man ist sofort mittendrin im Geschehen und wird
mitgerissen.
Was
mich anfangs etwas gestört hat: Es gibt schon einige Parallelen zu „Fake“. Der
Mann, Markus, wird schon wieder (fälschlicherweise?) verdächtigt, die Polizei
nimmt ihn als Verdächtigen ins Visier. Gleichzeitig wird er von einem Täter
immer wieder in diverse Fallen gelockt. Und ich hatte wirklich erst Sorge, dass
sich vieles zu sehr ähneln wird. Doch dem ist nicht so. Spätestens ab dem
Zeitpunkt, wo Markus sich allein durchschlägt, um den Täter zu stellen,
entwickelt sich die Handlung in eine ganz eigene Richtung und die Parallelen zu
„Fake“ sind nicht mehr zu überbordend.
Doch
die Fragen, die man sich beim Lesen stellt, sind dieselben wie bei „Fake“: Was
ist die Wahrheit? Hat Markus womöglich doch seiner eigenen Frau etwas angetan? Oder
wird er es doch schaffen, seine Unschuld zu beweisen? Und erneut wundert man
sich über die Polizei, die so auf ihn als Täter festgelegt ist. Ich habe mir
während des Lesens vorgestellt, dass ich niemals in eine solche Situation
kommen möchte und ich hoffentlich auf Beamte treffe, die meine Aussagen nicht
nur in Zweifel ziehen. Ich empfand die ermittelnden Kommissare als zu
unkritisch und zu einseitig dargestellt. Die Polizeiarbeit wirkt schon sehr
festgefahren, fast dilettantisch. Das ist nicht immer realistisch. Aber
natürlich hilft diese bewusste Konstruktion dabei, noch mehr Spannung zu
erzeugen. Und man regt sich als Leser, der (evtl.?) mehr weiß als die Polizei,
sehr über die Beamten auf. Gleichzeitig ist man sich aber unsicher, ob Markus
nicht vielleicht doch lügt. Man ist während der Lektüre also schon hin- und
hergerissen. Was stimmt, wem kann man glauben? Das ist schon geschickt
arrangiert. Und auch wenn Strobel sich des gleichen Rezepts mit ähnlichen
Zutaten bedient, es wirkt. Ich habe „Sharing“ genauso gebannt gelesen wie „Fake“.
Allerdings
fand ich „Fake“ aus einem Grund doch besser: Die Thematik hat mir mehr
zugesagt. Aber das ist natürlich Geschmackssache. Ich fand „Sharing“ doch etwas
zu brutal und zu hart, v.a. die eingeschobenen Kapitel zur Opferperspektive
waren mir teilweise zu drastisch, der Sadismus zu deutlich. Da fand ich „Fake“
deutlich schonender dem Leser/ der Leserin gegenüber. Und auch die
psychologisch-psychiatrische Unterfütterung des Inhalts fand ich am Ende zu
unsinnig. Was mir auch an „Fake“ besser gefallen hat: Die Polizei spielt im
Verlauf der Handlung eine größere Rolle als bei „Sharing“. Das hat mir
ebenfalls mehr zugesagt. Nicht zuletzt hat mir auch das Ende bei „Fake“ besser
gefallen als das bei „Sharing“. Bei „Sharing“ fand ich es zu konstruiert und
nicht gänzlich plausibel.
Fazit:
Der Thriller ist absolut spannend und fesselnd, aber im Vergleich zu „Fake“
finde ich „Sharing“ weniger gelungen. Dennoch absolut empfehlenswert. Ich
vergebe 4 Sterne!
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