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Donnerstag, 14. Dezember 2023

Strobel, Arno - Tiefe Narbe






Die Anfänge von Max Bischoff


Die Mörderfinder-Reihe um Max Bischoff ist bekannt und beliebt. Den ersten Teil habe ich gebannt gelesen und regelrecht verschlungen (vgl. dazu eine frühere Rezension). Doch die Erzählung um den Beamten Bischoff beginnt nicht erst mit der Mörderfinder-Reihe, von der im Februar 2024 übrigens der vierte Teil erscheint, sondern bereits mit Thrillern, die den Untertitel „Im Kopf des Mörders“ tragen. Das sind „Tiefe Narbe“ (2017), „Kalte Angst“ (2018) und „Toter Schrei“ (2019). Um mehr über die Vorgeschichte des Protagonisten zu erfahren, entschied ich mich für die Lektüre von „Tiefe Narbe“, das ich hier besprechen möchte.

 

In meinen Augen zeichnen sich Arno Strobels Thriller durch die folgenden Zutaten aus: hohes Tempo, hohe Dialog- und hohe Ereignishaftigkeit. Und hier bildet „Tiefe Narbe“ keine Ausnahme. Man ist von Beginn an in der Handlung drin und wird sofort mitgerissen. Ein verwirrter Mann, blutüberströmt und orientierungslos, sucht das Polizeipräsidium auf und weiß nur noch, dass er in einer Wohnung war und dort überwältigt wurde. Bei der Adresse, die er den Beamten nennt, findet man ein blutverschmiertes Schlafzimmer vor, aber keine Leiche. Und als Leser:in stellt man sich sofort die folgenden Fragen: Was ist passiert? Wo ist die Leiche? Ist der verwirrte Mann der Täter oder will man ihm etwas anhängen? Und was ich an der Charakterzeichnung von Bischoff mag: Seine Zerrissenheit zwischen Beruflichem und Privatem kommt gut zum Ausdruck.

 

Strobels Schreibstil ist nach meinem Empfinden unverkennbar. Er legt großen Wert auf temporeiches Erzählen und greift dafür auf ähnliche Techniken zurück: Kurze Kapitel mit Cliffhangern, pointierte Dialoge, die die Handlung vorantreiben, keine übermäßigen Beschreibungen von Dingen, die nichts mit dem Fall zu tun haben. Die Schilderung unwichtiger Details wird vermieden. Es wird zwischen verschiedenen Schauplätzen rasch gewechselt und das Telefon ist immer in greifbarer Nähe, um für neue Impulse zu sorgen. Das Privatleben der Ermittler spielt keine zu ausufernde Rolle und kommt in meinen Augen mit ausreichendem Umfang daher. Hinzu kommt ein hohes Maß an Spannung. So werden immer wieder geschickt offene Fragen im Kopf des Lesers/ der Leserin evoziert. Dafür sorgen z.B. die eingeschobenen, knappen Kapitel aus der Täterperspektive, die den Fall weiter verrätseln. Auf dieses Mittel greift Strobel auch in anderen Thrillern immer wieder zurück. Und zum Ende zieht die Spannungskurve nochmal spürbar an (auch weil Bischoffs innerer Zustand der Verzweiflung und Anspannung gut zur Geltung kommt sowie Zeitdruck plötzlich eine Rolle spielt).

 

Jetzt könnte man meinen, dass sich die Strobel-Thriller damit zu sehr ähneln und insgesamt zu wenig Abwechslung bieten. Dem würde ich aber widersprechen. Bei Strobel weiß man einfach, woran man ist. Und die Plot-Ideen, die er entwickelt, sind immer wieder neuartig und kreativ, auch wenn sich der Aufbau seiner Thriller oft ähnelt. Man weiß, was auf einen zukommt und wer temporeiches Erzählen und pointierte Dialoge schätzt, der wird mit seinen Büchern glücklich werden. Und er beherrscht es auch, Wendungen und Überraschungen einzubauen. Ich greife immer wieder gern auf seine Thriller zurück, auch wenn ich gern zeitliche Abstände zwischen der Lektüre der einzelnen Werke lasse. Ich werde bei ihm immer wieder mitgerissen und bin gespannt auf die Auflösung. Und ich schätze Arno Strobels unverkennbaren Schreibstil und dafür, dass er die Fälle plausibel und durchdacht abschließt. Es sind keine unrealistischen und an den Haaren herbeigezogenen Elemente vorhanden, wie man sie ab und zu bei anderen Autoren findet.

 

Zum Abschluss allerdings dennoch drei Dinge, die mir aufgefallen sind: 1. Die psychologische Seite spielt bei „Tiefe Narbe“ keine so große Rolle, wie ich es im Vorfeld erwartet und es mir gewünscht hätte. 2. In späteren Werken gelingt es Strobel nach meinem Empfinden besser, die Charakterzüge der Figuren durch die Dialoge deutlicher hervortreten zu lassen. 3. Die Ermittlungsarbeit in Form von Zeugenvernehmung nimmt sehr, sehr viel Raum ein, es treten zwar immer wieder neue Erkenntnisse zutage, so dass es nicht langweilig wird, aber ich hätte mir hier noch mehr Abwechslung gewünscht (z.B. durch neue und andere Ermittlungsmethoden). Von mir gibt es 4 Sterne!

2 Kommentare:

Volker Kaiser hat gesagt…

Was Strobel betrifft, liegen wir ja auf der selben Wellenlänge. Mir gefallen seine Thriller auch gut. "Die Narbe" habe ich auch noch auf meinem SUB liegen. VG

Tobias Kallfell hat gesagt…

Danke für deinen Kommentar! Ich mag Strobels Art, temporeich zu erzählen. Das packt mich. Aber es ist sicherlich subjektiv, was man als packend empfindet. VG

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