Patrick Rothfuss ist zurück…
Nein,
es handelt sich nicht um den dritten Teil der Königsmörder-Chronik, auf den
auch ich sehr, sehr ungeduldig und seit einer gefühlten Ewigkeit warte. Schade
eigentlich, aber das Werk „Der Weg der Wünsche“ verkürzt auf jeden Fall schon
einmal die Wartezeit und lässt den atmosphärischen Zauber der ersten Bände
wieder spürbar werden, wie ich finde. Es handelt sich nicht um ein Epos,
sondern um eine Novelle, die der Autor überarbeitet und erweitert hat (ehemals
unter dem Titel „Der Blitzbaum“ in einem Sammelband veröffentlicht). Im Zentrum
steht die Figur Bast, die wir bereits aus „Der Name des Windes“ kennen. Bast
ist der Assistent und Schüler von Kvothe. Und die Geschichte um Bast kommt
(glücklicherweise) nicht so eigenartig wie das Buch „Die Musik der Stille“
daher, in dem es um Auri ging, dem ich aber auch als Rothfuss-Fan nicht viel
abgewinnen konnte. Wichtig: Man sollte „Der Weg der Wünsche“ nicht ohne
Kenntnis der Königsmörder-Chronik lesen, die nach meiner Meinung übrigens zum
Besten gehört, was der Fantasy-Bereich zu bieten hat.
Doch
worum geht es? Wir begleiten Bast für einen Tag und erleben mit, wie er mit
Kindern des Dorfes Newarre verkehrt, einem Hirten begegnet und verschiedene
Handelsgeschäfte abschließt. Und zu Beginn des Buchs sind wir wieder im
Gasthaus von Kvothe. Man fühlt sich direkt wieder an einen bekannten Ort
zurückversetzt. Klingt für einige Leser bestimmt nicht sonderlich spannend, (könnte
man meinen). Ist es auch nicht! Aber es ist ereignisreich, Langeweile kam bei
mir nicht auf. Ständig passierte etwas Neues, Bast begegnet immer wieder neuen
Personen und es entfalten sich interessante Dialoge. So erfahren wir z.B. mehr
über die Magie der Fae, dem geheimnisvollen Volk aus „Der Furcht der Weisen“. Und
was wieder unverkennbar Patrick Rothfuss ist: Die atmosphärische Gestaltung,
der Sprachstil, die Charakterzeichnung. All das überzeugt!
Das
Werk verleiht Bast vielmehr Tiefe. Wir lernen neue Facetten dieses Charakters
kennen. Er ist kinderlieb, aber auch eine dunkle Seite blitzt hin und wieder auf.
Die freundliche Seite kann schnell umschlagen in Wut und Gewalt, wenn man den
tiefsten Gedanken von Bast Glauben schenken kann. Bast ist ein guter Ratgeber
und listig. Er lässt sich nicht von seinen Gesprächspartner austricksen. Und an
einer Stelle seines Tagesablaufs entsteht dann doch eine flache Spannungskurve:
Ein Junge bittet Bast darum, dessen gewalttätigen Vater zu beseitigen. Wird
Bast dem Jungen wirklich dabei helfen, den Vater zu ermorden? Diese Frage zieht
sich ab einem gewissen Punkt wie ein roter Faden durch die Handlung, es gibt
aber auch immer wieder Abschweifungen davon, so dass die Spannung nie zu sehr
ansteigt. Doch das ist von Rothfuss bewusst so gestaltet worden. Das wird
deutlich, wenn man das Nachwort liest.
Im
Nachwort erläutert der Autor einfühlsam und ehrlich die Herausforderungen des
Daseins als Schriftsteller. Und noch mehr: Am Beispiel von Märchen, die er
seinen Kindern vorgelesen hat, macht er deutlich, dass eine Geschichte auch
ohne bestimmte Merkmale auskommen kann: „Worum er (= der Sohn des Autors, Anm.
des. Verf.) mich da im Grunde bat, war eine Geschichte ohne Kampf und Streit.
Ohne Spannung und Feindseligkeit. Ohne viele der Dinge, von denen ich gelernt
hatte, dass sie fürs Geschichtenerzählen unerlässlich
sind“ (Nachwort, S. 237). Es macht den Eindruck, als habe Rothfuss sich aus der
Wahrnehmung seines Sohnes eine neue Programmatik verordnet, die sich in
gewisser Weise auch in „Der Weg der Wünsche“ widerspiegelt. Interessant, wie
ich finde… Und noch dazu sehr offen, was Rothfuss von sich, aus seinem
Familienleben und von seinem Schaffen preisgibt.
Abschließend
möchte ich noch auf ein persönliches Highlight hinweisen. Bei den
Tauschgeschäften, die Bast so abschließt, stellten sich bei mir an einer
Passage Assoziationen zu Peter Schlemihl und Mephisto ein. Der Assistent von
Kvothe wirkt wie eine Teufelsfigur, als er von seinem Handelspartner
Gegenleistungen einfordert. Ein toller intertextueller Bezug bzw. eine
gelungene Einbindung eines literarisch bedeutsamen Motivs, der bzw. das hier
deutlich wird!
Mögliche
Zielgruppe: Dieses Buch ist in meinen Augen nicht für solche Leser:innen
geeignet, die den dritten Teil erwartet haben und nicht erkennen wollen,
welches Ziel der Autor verfolgt. Es ist eher für solche Leser:innen gedacht,
die an einer weiteren Profilschärfung des Charakters Bast interessiert sind und
einer gelungenen Figurengestaltung etwas abgewinnen können. Wer tiefer in die
von Rothfuss erdachte Welt eintauchen, die Atmosphäre der Königsmörder-Chronik
wieder spüren und gelungene Dialogführung zu schätzen weiß, der wird mit diesem
Buch glücklich werden. Von mir gibt es 5 Sterne!
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