Ein „bodenständiger“ Thriller mit Schwächen bei der Auflösung am Ende
Der
Thriller „Das Letzte, was du hörst“ von Andreas Winkelmann verfügt über alle
nötigen Zutaten, die ein guter Thriller braucht: gut ausgearbeitete Figuren wie
eine toughe Kommissarin und einen kauzigen Gerichtsmediziner sowie interessant
gestaltete Täter und Opfercharaktere. Hinzu kommt ein verzwickter Fall, bei dem
der Spannungsbogen ebenfalls gut ausgeprägt ist. Bis zum Ende bleibt vieles
offen, so dass ein gutes Maß an Spannung erzeugt wird.
Man
fragt sich die ganze Zeit, ob man es bei dem Mord wirklich mit einer
klassischen Beziehungstat zu tun hat oder ob nicht doch mehr dahinter steckt. Wie
bei Thrillern üblich, gilt es im Verlauf der Handlung, einige Zusammenhänge
aufzudecken, das treibt die Handlung zwar gut voran. Allerdings muss man sich schon
sehr in Geduld üben, bis klar wird, wie die verschiedenen Handlungsstränge zusammenhängen.
Hier hätte ich mir schon gewünscht, als Leser nicht ganz so lange auf die
Folter gespannt zu werden.
Was
mir nur aufgefallen ist: Der Thriller ist längst nicht so künstlerisch
durchkomponiert wie z.B. die Thriller „Kaltherz“ von Henri Faber oder „Das Loft“
von Linus Geschke (vgl. frühere Rezensionen). Das muss jetzt aber nicht
schlecht sein, das will ich damit nicht sagen. Es ist einfach nur auffällig. Auf
mich wirkte dieses Werk einfach weniger durchkonstruiert, und dadurch irgendwie
„natürlicher“ und „bodenständiger“. Die Perspektivwechsel ereigneten sich nach
meinem Gefühl eher beliebig und zufällig, sie waren nicht auf den Punkt exakt
„getimt“, nicht so systematisch. Auch die sprachliche Gestaltung kommt unauffälliger
und weniger ausgefeilt daher, dadurch wirkt sie „gewöhnlicher“ und „authentischer“.
Aber wie gesagt, das ist nichts, wodurch das Buch an Qualität einbüßt, denn die
Spannung stimmt trotzdem. Der Schreibstil ist dynamisch und flott. Das Tempo
ist hoch. Während des Lesens habe ich keine Längen verspürt.
Was
mir auch gut gefallen hat: Die Täterperspektive kommt nicht zu blutrünstig
daher. So etwas mag ich persönlich nicht. Deshalb war ich bei der Lektüre froh,
dass ausführliche Details der Morde nicht zu sehr in den Fokus rückten.
Dennoch
kann ich nicht die vollen fünf Sterne für diesen Thriller vergeben, denn die
Auflösung am Ende war für mich nicht überzeugend. Nach meinem Empfinden sind
nicht alle Zusammenhänge plausibel aufgelöst worden. Ich fand das Ende auch
nicht so überraschend wie erhofft und es war mir auch zu konstruiert. Plötzlich
greift eine Figur in die Handlung ein, die vorher keine große Rolle gespielt
hat. Das hat mir nicht gut gefallen. Das Motiv des Mörders fand ich nicht
plausibel dargelegt. Auch fehlten mir die überraschenden Wendungen im Stil
eines Henri Faber.
Und
noch ein Wunsch fürs nächste Mal: Aus anderen Thrillern kenne ich es, dass
Kapitel oft den Namen der Protagonisten als Überschrift nutzen, um die
Orientierung für den Leser/die Leserin zu erleichtern. Das hätte ich auch hier
hilfreich gefunden. Denn zu Beginn eines neuen Kapitels musste ich mich oft kurz
orientieren, welcher Perspektive ich nun folge.
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