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Freitag, 12. August 2022

Winkelmann, Andreas - Das Letzte, was du hörst


4 von 5 Sternen


Ein „bodenständiger“ Thriller mit Schwächen bei der Auflösung am Ende

Der Thriller „Das Letzte, was du hörst“ von Andreas Winkelmann verfügt über alle nötigen Zutaten, die ein guter Thriller braucht: gut ausgearbeitete Figuren wie eine toughe Kommissarin und einen kauzigen Gerichtsmediziner sowie interessant gestaltete Täter und Opfercharaktere. Hinzu kommt ein verzwickter Fall, bei dem der Spannungsbogen ebenfalls gut ausgeprägt ist. Bis zum Ende bleibt vieles offen, so dass ein gutes Maß an Spannung erzeugt wird.

Man fragt sich die ganze Zeit, ob man es bei dem Mord wirklich mit einer klassischen Beziehungstat zu tun hat oder ob nicht doch mehr dahinter steckt. Wie bei Thrillern üblich, gilt es im Verlauf der Handlung, einige Zusammenhänge aufzudecken, das treibt die Handlung zwar gut voran. Allerdings muss man sich schon sehr in Geduld üben, bis klar wird, wie die verschiedenen Handlungsstränge zusammenhängen. Hier hätte ich mir schon gewünscht, als Leser nicht ganz so lange auf die Folter gespannt zu werden.

Was mir nur aufgefallen ist: Der Thriller ist längst nicht so künstlerisch durchkomponiert wie z.B. die Thriller „Kaltherz“ von Henri Faber oder „Das Loft“ von Linus Geschke (vgl. frühere Rezensionen). Das muss jetzt aber nicht schlecht sein, das will ich damit nicht sagen. Es ist einfach nur auffällig. Auf mich wirkte dieses Werk einfach weniger durchkonstruiert, und dadurch irgendwie „natürlicher“ und „bodenständiger“. Die Perspektivwechsel ereigneten sich nach meinem Gefühl eher beliebig und zufällig, sie waren nicht auf den Punkt exakt „getimt“, nicht so systematisch. Auch die sprachliche Gestaltung kommt unauffälliger und weniger ausgefeilt daher, dadurch wirkt sie „gewöhnlicher“ und „authentischer“. Aber wie gesagt, das ist nichts, wodurch das Buch an Qualität einbüßt, denn die Spannung stimmt trotzdem. Der Schreibstil ist dynamisch und flott. Das Tempo ist hoch. Während des Lesens habe ich keine Längen verspürt.

Was mir auch gut gefallen hat: Die Täterperspektive kommt nicht zu blutrünstig daher. So etwas mag ich persönlich nicht. Deshalb war ich bei der Lektüre froh, dass ausführliche Details der Morde nicht zu sehr in den Fokus rückten.

Dennoch kann ich nicht die vollen fünf Sterne für diesen Thriller vergeben, denn die Auflösung am Ende war für mich nicht überzeugend. Nach meinem Empfinden sind nicht alle Zusammenhänge plausibel aufgelöst worden. Ich fand das Ende auch nicht so überraschend wie erhofft und es war mir auch zu konstruiert. Plötzlich greift eine Figur in die Handlung ein, die vorher keine große Rolle gespielt hat. Das hat mir nicht gut gefallen. Das Motiv des Mörders fand ich nicht plausibel dargelegt. Auch fehlten mir die überraschenden Wendungen im Stil eines Henri Faber.

Und noch ein Wunsch fürs nächste Mal: Aus anderen Thrillern kenne ich es, dass Kapitel oft den Namen der Protagonisten als Überschrift nutzen, um die Orientierung für den Leser/die Leserin zu erleichtern. Das hätte ich auch hier hilfreich gefunden. Denn zu Beginn eines neuen Kapitels musste ich mich oft kurz orientieren, welcher Perspektive ich nun folge.

 

Fazit

Ein Thriller, der ohne größere erzählerische „Tricks“ daherkommt, ein bodenständiger Thriller, handwerklich gut gemacht, mit einem guten Spannungsbogen, hohem Tempo, guter Dynamik und einer ansprechenden Figurenzeichnung. Wäre die Auflösung am Ende überzeugender gewesen, hätte ich volle fünf Sterne vergeben. So bleibt es bei vier Sternen. Empfehlenswert ist der Thriller auf jeden Fall, man wird gut unterhalten, es kommt keine Langeweile auf. 

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