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Montag, 1. August 2022

Ware, Ruth - Der Tod der Mrs. Westaway


4 von 5 Sternen


Erbstreitigkeiten und Familiengeheimnisse

In ihrem Thriller „Der Tod der Mrs. Westaway“ entwirft Ruth Ware eine interessante Protagonistin: Eine Tarot-Kartenlegerin, Kurzform Hal, die unverhofft ein Erbe ihrer vermeintlichen Großmutter antreten soll. Sie zeichnet sich durch eine gute Beobachtungsgabe und Gutmütigkeit aus. Sie nimmt ihre Kunden nicht einfach aus, sondern sie hat das Herz am rechten Fleck. Das wird gut deutlich! Doch leider hat sie Geldschwierigkeiten, da kommt eine mögliche Erbschaft gerade recht. Und schon auf den ersten Seiten fragt man sich, was es mit der Erbschaft auf sich hat und wie die Protagonistin damit umgehen wird. Wird sie die anderen Familienmitglieder täuschen, um an das Geld zu kommen? Wie wird sie sich entscheiden? Wird sie das Erbe antreten, das ihr eigentlich nicht zusteht? Oder kommt ihr vielleicht vorher jemand auf die Schliche?

Der Thriller wird weitestgehend geradlinig erzählt, wir folgen Hal und ihren Gedanken, sind nah an ihr dran. Nur ab und zu gibt es ein paar eingeschobene Kapitel, die aus der Sicht einer anderen Figur erzählt werden. Hier entsteht der Reiz dadurch, dass man nicht weiß, aus welchem Blickwinkel die Ereignisse geschildert werden. Es dauert eine gewisse Zeit, bis aufgelöst wird, wer dort berichtet. Das erzeugt Neugier beim Lesen.

Spätestens mit Hals Eintreffen beim Herrenhaus wird auch eine schauerliche Atmosphäre erzeugt. Das liegt einerseits an dem gut beschriebenen Handlungsort, andererseits an der mysteriösen Mr. Warren, der Haushälterin, die sich eigenartig verhält. Sie erscheint zornig, wütend und misstrauisch. Bei ihr fragt man sich die ganze Zeit, was sie im Schilde führt.

Auch einige Wendungen werden von der Autorin geschickt platziert. Das verleiht der Handlung noch einmal Triebkraft und sorgt für Überraschungseffekte. Die Autorin versteht ihr schriftstellerisches Handwerk! Nur die Auflösung am Ende hat mich dann doch nicht so recht überzeugt. Ich fand sie weder sonderlich überraschend noch besonders einfallsreich. Auch Tempo, Dynamik und Spannung hätten insgesamt ausgeprägter sein können.

 

Fazit

Typisch Ruth Ware! Ein abgelegener und von der Außenwelt weitestgehend abgeschnittener Handlungsort, eine interessante Hauptfigur und ein überschaubares, gut aufeinander abgestimmtes und durchdacht angelegtes Figurenensemble machen den Reiz dieses Thrillers aus. Lediglich das Ende hätte überraschender ausfallen können. Und auch die Spannung hätte nach meinem Empfinden stärker ausgeprägt sein können. Auch Tempo und Dynamik fehlten mir. Deshalb „nur“ 4 Sterne!

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