Zeit außer Kontrolle
In
seinem Zeitreise-Thriller „Möbius“ schickt Brandon Q Morris die Leser dieses
Mal nicht auf eine Reise in den Weltraum, sondern bleibt die meiste Zeit auf
der Erde. Im Zentrum steht die Entdeckung eines mysteriösen Artefakts, mit
dessen Hilfe man Nachrichten durch die Zeit schicken kann. Die Handlung spielt
auf zwei Zeitebenen. Auf der einen Zeitebene erforscht der ambitionierte, aber
chaotische Nachwuchsforscher Max, der Albert Einsteins Relativitätstheorie
verbessern möchte, das Artefakt, auf der anderen Zeitebene will die mutige und
intelligente Forscherin Elisabeth das Artefakt aus einem Schacht in Island
bergen und näher untersuchen. Dabei spielt auch ein mysteriöser Brief aus der
Zukunft eine wichtige Rolle, der schon seit 19 Jahren auf sie gewartet hat (Der
Film „Zurück in die Zukunft“ lässt grüßen).
Unklar
bleibt leider bis zum Schluss, wie die beiden Zeitebenen genauer zusammenhängen
und wer das Artefakt auf der Erde platziert hat. Die Auflösung dieses Rätsels
verschiebt der Autor vermutlich in den nachfolgenden Band. Das fand ich etwas
schade. Gleichzeitig würde ich gerne wissen, wie es weitergeht, so dass ich
wohl auch „Möbius II“ und „Möbius III“ noch lesen werde.
Insgesamt
fand ich die Zeit-Phänomene, die beschrieben werden, sehr interessant, aber
zugleich auch sehr verwirrend. Aber die Idee, die dem Roman zugrunde liegt, ist
auf jeden Fall mal etwas Neues, das ich so noch nicht gelesen habe. Auch die
Einbindung der Topographie als Teilbereich der Mathematik fand ich interessant.
Ich muss aber zugeben, dass ich nicht immer mitgekommen bin und längst nicht
alle Passagen des Textes verstanden habe. Teilweise habe ich auch während des
Lesens innegehalten, Textabschnitte nochmals genauer gelesen und mir versucht
die beschriebenen Phänomene vorzustellen. Es hat leider nicht immer geklappt.
Aber irgendwie fand ich genau das auch reizvoll, man wird beim Lesen ganz schön
gefordert und muss viel über das Gelesene nachdenken. Andere Leser:innen mag
das aber durchaus abschrecken.
Wie
es für Hard-Science-Fiction-Romane üblich ist, steht die Figurenzeichnung nicht
unbedingt im Zentrum. So auch hier. Dementsprechend sollte man die Erwartungen
nicht zu hoch ansetzen, man muss einfach wissen, worauf man sich einlässt. Für
mich werden die Schwächen bei der Gestaltung der Charaktere aber durch die
ansprechende Vermittlung von naturwissenschaftlichen Phänomenen aufgewogen.
Auch
das Nachwort „Die neue Biografie der Zeit“ fand ich wieder sehr lesenswert und
informativ. Hier wird das Gelesene noch einmal theoretisch untermauert und es
wird deutlich, dass der Autor aktuelle Erkenntnisse der Physik einbezieht, um
die Handlung zu entwerfen. Absolut lobenswert! U.a. wird eine Theorie erwähnt,
in der das Gedankenspiel angestellt wird, dass Zeit auch rückwärts laufen kann.
Sehr faszinierend!
Fazit:
Ein typischer Hard-Science-Fiction-Roman, bei dem die Figurenzeichnung zwar zu
wünschen übrig lässt, bei dem die zugrundeliegende Idee eines außer Kontrolle
geratenen physikalischen Zeitphänomens aber überzeugt. Ich konnte mich auf
alles einlassen und habe mit viel Faszination die Handlung verfolgt. Da mir
aber zu viel offen gelassen wurde, vergebe ich nur 4 Sterne.
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