Satirisch, kurios und skurril
Jan
verhält sich nicht situationskonform. Er genießt seinen Aufenthalt in der
Zelle, verfolgt gebannt den medialen Rummel um seine Person. Hilfsangebote
lehnt er ab. Alle Erklärungsversuche, die die Schwere seiner Tat zu relativieren
versuchen, lässt er nicht zu. Grotesk! Was geht nur in ihm vor? Ist sein
psychischer Zustand evtl. Ursache für sein Verhalten? Es bleibt rätselhaft. Und
bei aller Satire, die den Roman auszeichnet, blitzt passagenweise durchaus auch
immer wieder Ernsthaftigkeit durch.
Beiläufig
gibt es immer auch einmal wieder Seitenhiebe auf den journalistischen Betrieb
und auf das Verlagswesen. Amüsant sind z.B. die eingeflochtenen Rückblicke auf seine
Tätigkeit als Lektor (vgl. z.B. S. 113-114: „Aber ein Roman, der nie gelebt und
empfunden worden war, konnte niemals ein guter sein“). Viel Raum nehmen die
Gespräche mit der Untersuchungsrichterin ein. Es zeigt sich: Jan hat kein Interesse
daran, freizukommen. Sogar Staranwälten, die ihn verteidigen wollen, erteilt er
eine Absage.
In der zweiten Hälfte des Buchs wird die Gerichtsverhandlung dargestellt. Wir erhalten Einblick in die Befragungen des Täters vor Gericht. Auch hier findet sich sehr viel Satirisches. Und Jan bleibt seiner Selbstdestruktion treu, das Motiv für den Mord behält er weiterhin für sich. Er will verurteilt und bestraft werden. Es geht ihm auf keinem Fall darum, freizukommen. Und was wieder kurios ist, ist der Umstand, dass das Fehlen eines Motivs dazu führt, dass man dem Täter trotz der Schwere seiner Tat maximales Verständnis entgegenzubringen versucht.
Aber ich muss gestehen, dass dieses Werk von Glattauer bisher dasjenige war, dem ich am wenigsten abgewinnen konnte. Es ist mir stellenweise einfach zu skurril. Die Abgrenzung zwischen dem, was ernst oder satirisch gemeint ist, fiel mir nicht immer leicht. Und ich habe mich gefragt, was der Autor für eine Botschaft mit diesem Buch verknüpfen wollte. Was möchte er zum Ausdruck bringen? Geht es ihm darum, dass einem Täter zu viel Milde und Verständnis entgegengebracht wird, wenn das Motiv für die Tat fehlt? Sagt vor allem das Motiv etwas über die Schwere der Schuld aus? Für mich bleibt die Intention zu unklar. Aber vielleicht ist das auch absichtlich so arrangiert worden. Es führt bei mir aber dazu, dass der Funke beim Lesen nicht so recht überspringen wollte.
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