Raffiniert und packend
Fünf Monate nach seinem letzten Fall wird Eddie Flynn vom CIA ein
neuer Job aufgedrängt. Er soll einen Mandanten dazu bringen, einen Deal
abzuschließen. Als Entlohnung dafür, bietet man Eddie aber nicht nur eine hohe
Geldsumme an, man erpresst ihn gleichzeitig mit seiner Frau. Man fragt sich zu
Beginn direkt, um was für einen Fall und um was für einen Mandanten es sich
handelt und warum Eddies Frau das Gefängnis droht. Und schon ist man mittendrin
in der Handlung des Justiz-Thrillers „Gegen alle Regeln“ von Steve Cavanagh. Es
handelt sich hierbei um den zweiten Teil einer Reihe, die man allerdings
unabhängig voneinander lesen kann. Jeder Band ist in sich abgeschlossen (vgl.
meine früheren Rezensionen). Zentrale Frage dieser Rezension: Wie schneidet
Teil 2 im Vergleich zu den anderen Bänden ab?
Was mir gut gefallen hat, man ist von Anfang an direkt im Geschehen drin
und wird als Leser von der Handlung mitgerissen. Und Eddie Flynn erweist sich
abermals als eine Figur mit großer „Zugkraft“. Er agiert wieder einmal sehr
gerissen und trickreich. Die Charakterzeichnung ist gelungen. Eddie weiß
hervorragend, wie man Menschen beeinflussen kann und wie man sie dorthin
bewegt, wo er sie haben möchte. Er ist in der Lage, Situationen schnell zu
erfassen, die Lage zu sondieren und direkt auf die Umstände zu reagieren. Er
durchschaut seine Mitmenschen. Seine Menschenkenntnis bringt ihn dazu, den
Mandanten zu übernehmen. Er glaubt nicht an dessen Schuld und vertritt ihn, um
seine Unschuld zu beweisen. Spannend! Als Leser fragt man sich, ob Eddie mit
seiner Vermutung Recht behalten wird. Oder täuscht er sich dieses Mal?
Das Juristische spielt als Thema nun wieder mehr eine Rolle als noch
in Band 1, was mir gut gefallen hat. Band 1 war mir zu „actionlastig“ und zu
unrealistisch. Er reichte in meinen Augen nicht an Band 4 und 5 heran. Band 2
hingegen kann mit „Fifty-Fifty“ und „Thirteen“ inhaltlich mithalten. Allerdings
ist dieses Mal auffällig, dass es einige (wenige) konstruierte Zufälle gibt,
die die Handlung vorantreiben, was mich aber nicht gestört hat (daran merkt
man, dass sich Cavanagh in späteren Werken weiterentwickelt hat).
Das Setting ist verschachtelt. Und der Fall ist komplex. Viele verschiedene
Parteien verfolgen unterschiedliche Interessen. Das ist gut gemacht und lässt
die Spannungskurve nicht zu sehr abflachen. Man fragt sich ständig, welche
Partei sich wohl am Ende auf welche Weise durchsetzen wird. Der Einbezug von
Eddies Frau und die Bedrohung ihrer Person verleiht der Handlung zusätzliche „Würze“.
Und es gibt wieder ein spannendes Psychoduell: Dieses Mal zwischen Eddie und
dem rachsüchtigen, ausgefuchsten Staatsanwalt. Ein harter, listiger und
boshafter Gegner.
Eddie Flynns Position scheint dieses Mal ausweglos zu sein. Wird er
das Ruder trotzdem herumreißen können? Ab der Hälfte des Buchs zieht die
Spannung noch einmal spürbar an. Der Prozess beginnt. Und es macht einfach Spaß
zu lesen, wie raffiniert Flynn vorgeht. Meiner Meinung nach sind die Szenen vor
Gericht das, was dieses Buch ausmacht. Und diese Szenen so spannend zu
beschreiben, das ist das Talent von Cavanagh. Das Finale des Buchs war
ebenfalls klasse und sehr packend.
Fazit: Meiner Meinung nach ist Band 2 deutlich besser als Band 1, aber
gleichzeitig ein Tick weniger gut als Band 4 und 5. Dennoch bleibt es ein sehr
guter Thriller, der vor allem solchen Lesern zusagen dürfte, die juristische
Sachverhalte mögen, die einen interessanten Charakter mit Ecken und Kanten
bevorzugen und die gerne ein Psychoduell zwischen Verteidigung und Anklage
lesen möchten. Von mir gibt es knappe 5 Sterne. Würde ich „Fifty-Fifty“ und „Thirteen“
nicht kennen, hätte ich volle 5 Sterne gegeben.
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